Ferien mit Biss
Karpa. »Sondern Giuseppe. Er ist uns beim letzten Italienurlaub zugelaufen. Beziehungsweise zugeschwommen. Seht doch nur, wie süß er ist! Wie putzig er mit dem Schwänzchen wackelt! Ich könnte ihn den ganzen Tag schmoddeln.«
Daka, Silvania und Helene starrten Tante Karpa an.
»Dort in Italien war er ganz allein in der großen, dunklen Grotte«, fuhr Tante Karpa fort. »Da haben wir ihn einfach mitgenommen. Unser Klo ist sein neues Zuhause. Wir benutzen es ja kaum.« Wie die meisten Vampire zogen es Vlad, Karpa und Woiwo Tepes vor, ihr Geschäft in der freien Natur zu verrichten. Das hatte entscheidende Vorteile: Die Luft war besser, man sparte Wasser, brauchte keine Klobürste und es war niemals besetzt.
»Das heißt, wir müssen uns die Toilette mit Giuseppe teilen?«, fragte Silvania.
»Teilen? Nein. Wo denkt ihr hin!« Tante Karpa zog die Hand aus der Toilettenschüssel und sah die Mädchen entsetzt an. Dann spielte sie an den dicken Goldringen, die ihre Finger schmückten. »Die Toilette gehört Giuseppe. Wenn ihr sie benutzen wollt, müsst ihr ihm gut zureden oder ihn mit einer Wasserassel bestechen.«
Die Mädchen sahen Tante Karpa fassungslos an.
Tante Karpa lächelte. »Ihr schafft das schon. Giuseppe lässt sich gerne bestechen. Wir sehen uns dann gleich unten beim Abendbrot.« Mit diesen Worten hob Tante Karpa ab und flog zurück in die Küche.
»Ich wusste ja, dass eure Verwandtschaft blutrünstig ist«, sagte Helene. »Aber dass sie auch einen am Tüffel hat, das wusste ich nicht.«
Daka und Silvania warfen sich einen besorgten Blick zu. Das war ihnen auch neu.
Allerdings hatte Tante Karpa recht. Den Mädchen gelang es ohne weiteres, Giuseppe mit einer Wasserassel aus der Toilettenschüssel zu locken. Nachdem jede ihre Morgen- beziehungsweise Abendtoilette erledigt hatte, flogen sie nach unten zum Abendessen. Daka nahm Helene huckepack.
Der Abendbrottisch war reichlich gedeckt. Helene faszinierten besonders das Fass Blut, die Sahneblutpuddings, das Trockenfleischmüsli mit echten Warzenstücken, die rohen Fleischspieße und die Käferkonfitüre. Es gab aber auch Schwarzbrot, Butter, Hackfleisch, Honig und Joghurt.
Helene beugte sich über den Tisch und griff nach dem Honig. Auf einmal – ZAPPELDIWUSCH! -zischte etwas an ihr vorbei. Nur wenige Millimeter von ihrer Nase entfernt! Helene spürte den Luftzug. Außerdem roch sie etwas. Sie roch Tier. Dann sah sie es. Es saß auf dem Tisch. Mitten auf der Käferkonfitüre. Die Krallen bohrten sich in den Brotaufstrich. Der linke Flügel tunkte in Tante Karpas Sahneblutpudding. Der rechte in Mihai Tepes frisches Vollblut. Das Tier war eine Fledermaus. Sie hatte eine Zeitung und einen Brief im Maul.
»Pünktlich zum Abendessen!«, rief Tante Karpa und schlug entzückt die Hände zusammen.
»Die Post!«, rief Vlad Tepes. Er nahm der Fledermaus die Zeitung und den Brief aus dem Maul. Dann stellte er ihr einen Napf mit eingelegten Mücken hin. Er warf einen Blick auf den Brief, schüttelte den Kopf und warf ihn schwungvoll über die Schulter. »Rechnung.« Dann nahm Vlad Tepes die Zeitung. Bistrien Gazetoi stand in großen, dicken Buchstaben auf der Titelseite.
»Helene«, begann Elvira Tepes, »bist du sicher, dass du nicht lieber meine Halskrause anlegen willst?«
Helene lächelte Frau Tepes höflich zu. »Danke, sehr nett von Ihnen, aber lieber nicht. Ich ... äh ... schwitze so leicht.«
Elvira Tepes hatte schon mindestens fünfzehnmal versucht, Helene von den Vorteilen der Halskrause zu überzeugen. Die Halskrause würde Helene nicht nur vor bissigen Vampiren, sondern auch vor einer Mandelentzündung schützen. Und vor Knutschflecken. Wobei das in Helenes Augen vielleicht eher ein Nachteil war.
»Mach dir keine Sorgen, Mama«, sagte Silvania. »Wir passen schon auf Helene auf.«
Daka und Silvania wollten ihrer besten Freundin die Stadt zeigen. Und ihre Schule. In Bistrien waren im Gegensatz zu Deutschland noch keine Ferien. Daka, Silvania und Helene konnten an einem ganz normalen Schultag teilnehmen. Das war bestimmt spannend für Helene. Schließlich hatte sie noch nie in ihrem Menschenleben eine Tierkundestunde gehabt und musste noch nie am Fahnenmast nachhängen.
»Unsere Freundin rührt keiner an!« Daka nickte bestimmt und steckte sich einen Löffel voll Sahneblutpudding in den Mund.
»Ihr meint also wirklich, ihr könnt Helene gegen Hunderte von blutgierigen Vampiren schützen? Zwei zwölfjährige Mädchen?« Elvira Tepes sah
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