Ferien mit Biss
Junge. Das ist ein Vampir. Helene Steinbrück wird Ihnen alles bestätigen.« Dirk van Kombast blickte auffordernd zu Helene.
Die Polizisten sahen Helene fragend an.
»Ein Vampir?«, rief Helene. Sie sah Dirk van Kombast mit großen blauen Augen an, dann lachte sie los. »Ein Vampir! Haben Sie das gehört?«, fragte Helene die Polizisten. »Ein erwachsener Mann glaubt an Vampire. Dabei weiß jedes Kind, dass es keine Vampire gibt.« Helene lachte noch lauter. Sie konnte gut schauspielern, wenn es darauf ankam. Das ahnte ihr Vater auch schon.
Radu grinste als Erster. Helenes Lachen war ansteckend. »Ein Vampir. Das ist wirklich gut.«
Der Knollennasenpolizist schnaufte. »Was einem heutzutage alles für Geschichten aufgetischt werden. Und dafür müssen wir mitten in der Nacht die Amtsstube verlassen.« Er spuckte auf den Waldboden und zog seine Hose hoch.
Der vierte Kollege, der vollkommen unscheinbar war, schüttelte unaufhörlich den Kopf und ließ Dirk van Kombast dabei nicht aus den Augen. »Unmöglich. Unmöglich«, murmelte er.
Timok Kuragos starrte mit ausdruckslosem Gesicht in die Dunkelheit.
»Aber ... aber Sie müssen mir glauben!«, rief Dirk van Kombast den Polizisten zu. Dann wandte er sich an Helene. »Und du hast doch vorhin selbst zugegeben, dass dein Freund hier ein Vampir ist. Oder war. Du wolltest sogar, dass er dich beißt. Was nur zeigt, dass er dir bereits den Verstand geraubt hat.«
Helene warf dem Vampirjäger einen mitleidigen Blick zu. »Vielleicht sollten Sie besser mal gucken, ob ihr eigener Verstand hier irgendwo an einem Ast hängen geblieben ist. Ich habe nie im Leben gesagt, dass Murdo ein Vampir ist. Und beißen lassen wollte ich mich auch nicht. Ich bin doch nicht bescheuert.«
Radu nickte. Er glaubte dem Mädchen sofort. Sie erinnerte ihn an seine Nichte. Ein aufgewecktes, hübsches, liebenswertes Mädchen.
»Sie lügt!«, rief Dirk van Kombast. Seine Wangen schimmerten rot durch die Erdkrümel auf seinem Gesicht hindurch. »Oder sie ist nicht bei Sinnen. Der Vampir hat sie in seinen Bann gezogen.«
»Mir kommt sie total bei Sinnen vor«, sagte Radu.
»Also ich habe noch nie einen Vampir gesehen«, sagte der Beamte mit der Knollennase. Er grinste verächtlich.
»Aber ICH!« Dirk van Kombast nickte so heftig, dass seine OP-Haube verrutschte. »Und zwar nicht nur einen, sondern an die Tausende. Hier im Wald. Erst vergangene Nacht. Sie haben sich gegenseitig angeniest und dann auch auf eine Vampirpuppe gerotzt und ...«
»Jetzt hören Sie endlich mit diesem Vampirblödsinn auf!«, forderte der Knollennasenpolizist.
»Vielleicht ist das für Sie ja eine große Überraschung, aber: Vampire gibt es nicht«, sagte Radu. »Das sind nur Sagengestalten. Verstehen Sie? Märchen. Sie machen sich mit der Geschichte doch nur lächerlich. Stimmt's, Chef?«
Polizeimeister Kuragos musterte Dirk van Kombast einen Moment. Dann nickte er seinem Kollegen zu. »Stimmt, Radu.«
»Wenn Sie meinen, in Transsilvanien würden Sie mit so einer Geschichte durchkommen, haben Sie sich geirrt«, fügte der Polizist mit dem großen Bauch und der großen Knollennase hinzu.
»Was heißt hier Geschichte?« Dirk van Kombast sah die Polizisten entsetzt an. »Das ist die Wahrheit! Vampire sind keine Sagengestalten. Diese Lüge haben die Vampire selbst verbreitet, damit man die Suche nach ihnen aufgibt. Dabei gibt es Tausende, ach, was sage ich, Millionen von ihnen.« Dirk van Kombast sah Timok Kuragos an und flüsterte: »Und sie sind mitten unter uns.«
Der Polizeimeister erwiderte Dirk van Kombasts Blick, ohne zu blinzeln. Er zog lediglich eine Augenbraue nach oben.
»Also mir reicht's, Chef«, sagte der Knollennasenbeamte. »Nehmen wir ihn fest, oder was?«
»Festnehmen? Mich? Wieso das denn?« Dirk van Kombast sah aufgebracht zwischen den Beamten hin und her.
Der Polizeimeister nickte den Beamten zu. Sofort ergriffen sie den Vampirjäger.
»Aufhören! Lassen Sie mich los! Ich bin der Retter, nicht der Täter!« Dirk van Kombast versuchte, sich aus dem Griff der Polizisten zu befreien.
»Unmöglich, unmöglich«, murmelte der unauffällige Polizeibeamte.
Helene warf Dirk van Kombast einen mitfühlenden Blick zu. Er hatte ihr die erste Liebesszene ihres Lebens verdorben. Er hatte ihre erste Liebe getötet. Und er hatte ihrer Meinung nach vollkommen den Verstand verloren. Dennoch sah er jetzt so erbärmlich und lächerlich aus, dass er ihr leidtat. Aber nur ganz kurz. Und nur ganz wenig.
Der
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