Ferien mit Biss
Rücken auf dem Erdboden hinter dem Baumstamm auf. Seine Beine lehnten am Baumstamm und zeigten kerzengerade in den sternenübersäten Nachthimmel, aus dem es noch immer Knoblauchzehen regnete.
»Murdo!«, rief Helene. Sie beugte sich über den Vampir.
Dirk van Kombast feuerte weiter, bis er die gesamte Ladung verschossen hatte. Insgesamt waren zwanzig Knoblauchknollen in der Garlic Gun gewesen. Das hieß, konkret waren an die 300 Knoblauchzehen auf den Vampir niedergegangen. Sie hatten den Vampir in wenigen Sekunden umgepustet. Dirk van Kombast war zufrieden mit seiner Präzisionswaffe. Er gab ihr schnell einen kleinen Kuss und raunte: »Mein Baby.«
Dann ging er rasch um den Baumstamm herum. Er begutachtete seine Beute mit ausreichend Sicherheitsabstand. Der Vampir lag starr wie ein ›L‹ am Baumstamm. Er schielte. Seine Haare und sein Oberkörper waren voller Knoblauchzehen. Helene nahm dem Vampir die Knoblauchzehe aus dem Mund. Sie rüttelte an ihm und rief immer wieder: »Murdo! Murdo!« Dann holte sie aus und schlug dem Vampir auf die Wange. Einmal links. Einmal rechts.
Schläge! Dirk van Kombast unterdrückte ein Schnaufen. Was für eine veraltete Methode. Damit brachte man heutzutage keinen Vampir mehr zur Strecke. »Spar dir die Mühe. Der ist erledigt«, sagte er.
Helene fuhr herum. »SIE!« Mit einem Satz war sie auf den Beinen, stürmte auf Dirk van Kombast zu und schlug mit den Fäusten auf ihn ein.
»Aber ...!« Dirk van Kombast riss die Hände zum Schutz vors Gesicht. »Das ist doch ... was soll denn das ... also hör mal ...«
»Sie haben ihn umgebracht!«, schrie Helene.
»Natürlich habe ich ihn getötet.« Dirk van Kombast wich Helene geschickt aus.
Helene hielt inne. »Von wegen, Sie haben nur geflötet!«
»Nicht geflötet. Getötet! Du solltest mir dankbar sein!«
»Ich sollte Tankwart sein?« Helene sah den Vampirjäger mit gerunzelter Stirn an.
Dirk van Kombast sah Helene mit hochgezogenen Augenbrauen an. War er nicht schnell genug gewesen? Hatte es der Vampir doch geschafft, dieses Mädchen zu beißen, und schwanden bereits dessen Sinne? Angefangen mit dem Hörsinn? Er musterte Helenes Hals. Er konnte keine Bisswunden erkennen. Doch im Wald war es finster. Nur ein paar Mondstrahlen zwängten sich durch die Bäume.
Helene griff in die Hosentasche, holte einen kleinen Gegenstand heraus und steckte ihn sich ins Ohr.
Alles ging so schnell, dass Dirk van Kombast dachte, Helene kratzte sich nur am Ohr. »D-a-n-k-b-a-r. Du solltest d-a-n-k-b-a-r sein«, wiederholte er.
»Warum schreien Sie denn so?« Helene warf dem Vampirjäger einen verständnislosen Blick zu. »Und warum sollte ich Ihnen dankbar sein?«
»Ich habe dich vor diesem blutrünstigen Wesen der Finsternis gerettet.« Dirk van Kombast deutete mit dem Lauf der Garlic Gun auf den Vampir am Boden.
»GERETTET? Sie haben mich nicht gerettet!« Helene fuchtelte mit den Armen vor Dirk van Kombast herum. So aufgebracht war sie. »Sie haben mir die erste Liebesszene meines Lebens vermasselt! FUMPFS, FUMPFS, FUMPFS!«
»Fumpfs?« Dirk van Kombast runzelte die Stirn. »Jetzt hör mir mal gut zu. Dieser Vampir war kurz davor, dich zu beißen. Das wäre nicht nur deine erste, sondern auch deine letzte Liebesszene gewesen.«
»Und wenn schon!« Helene verschränkte die Arme. »Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn Murdo mich gebissen hätte.«
Dirk van Kombast sah Helene fassungslos an. Der Vampir hatte dem Mädchen den Verstand geraubt. Vermutlich war das der Zweck des Ohrenaneinanderreibens. Er musste Helene Steinbrück aufrütteln. Er musste ihr klarmachen, in welcher Gefahr sie sich befunden hatte. »Dann wärst du jetzt tot! Oder ein Vampir!«
»Vampirsein ist sicher cool«, gab Helene trotzig zurück. »Auf jeden Fall cooler, als so ein Typ zu werden wie Sie.«
Dirk van Kombast starrte Helene an. Er machte den Mund auf und zu, doch es kam nichts heraus.
Helene klopfte auf ihr Hörgerät.
Schließlich stotterte der Vampirjäger. »Also ... das ist doch ... Wie kannst du ... ? So etwas lasse ich mir nicht gefallen!« Schon gar nicht von einem Kind, fügte Dirk van Kombast in Gedanken hinzu. Da hatte er wieder den Beweis: Kinder waren frech, hatten dreckige Fingernägel und nur Humbug im Kopf. Dirk van Kombast musste dringend mit einem Erwachsenen reden. Einem, der den Ernst der Lage erkannte. Einem, der seine Heldentat zu schätzen wusste. »Ich rufe die Polizei. Ich habe einen Vampir erlegt. Und du«, sagte er und
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