Ferien mit Oma
nun gehen wir in den nächsten Raum, das herrrrliche Wohnzimmer der Fürstin.“ Wütend sah er Oma an und ging entschlossen voran. „Dieses Zimmer ist acht Meter lang und fünf Meter breit, es hat vier Fenster, und wir blicken durch sie in den Garten, in dem fünfundzwanzig verschiedene Sorten von herrrrlichen Rosen wachsen.“
Jan fing herzhaft an zu gähnen, was ihm wieder einen strengen Blick des Führers eintrug. „Und nun gehen wir in den herrrrlichen Spiegelsaal, das größte Kleinod des Schlosses“, fuhr er fort.
Da rief Oma: „Kinder, guckt mal, was ich hier entdeckt habe. Das haben die Fürstenkinder ihrer Mutter gebastelt.“ Sie zeigte auf einen dreiteiligen Wandschirm, der dicht mit Bildchen beklebt war. Manchmal waren die Kinderhände beim Ausschneiden der Bilder etwas ungeschickt gewesen, aber alles war lustig und bunt. Da gab es kleine Soldaten, die auf feurigen Rappen dahersprengten, Hündchen und Kätzchen, die mit Bällen spielten, einen Clown mit einer roten Nase, eine zierliche Tänzerin im weißen Röckchen, Blumenkörbe und Früchte und sogar einen Zigeuner mit einem Tanzbären. Nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen der Gruppe drängten sich um den Schirm.
Oma sagte: „Stellt euch vor, wie die Kinder an regnerischen Nachmittagen die Bildchen ausschnitten und aufklebten. Schließlich brachten sie stolz und glücklich der Mama das fertige Kunstwerk. Sie hat es dann zwischen ihre teuren Kostbarkeiten gestellt, wie ihr seht.“
Ein gewaltiges Räuspern unterbrach sie. Der Führer hatte die Augen weit aufgerissen und sah so zornig und schrecklich aus, wie ein so kleiner Mann nur aussehen kann. „Wer macht hier die Führung, Sie oder ich?“ herrschte er Oma an. Er drehte sich wütend um und ging der Gruppe voran, die wie Schafe bei Gewitter ängstlich hinter ihm herdrängte. Seine Stimme zitterte ein wenig, als er fortfuhr. „Und dies ist also der Spiegelsaal, das größte Kleinod des Schlosses. Er ist zwanzig Meter lang und sieben Meter breit, dazu sechs Meter hoch. Er ist mit fünfundzwanzig Spiegeln ausgestattet, aber es sieht aus, als wären es zweihundertfünfzig und mehr.“
Wirklich war das ein seltsamer Anblick. Weil die Spiegel zum Teil einander gegenüber angebracht waren und sich gegenseitig endlos fortspiegelten, hatte man den Eindruck riesiger Zimmerfluchten. Brigitte betrachtete sich im Spiegel. Da stand sie in dem großen Raum, und dahinter stand eine zweite, etwas kleinere Brigitte und dahinter wieder eine kleinere und so fort und fort. Es schien unendlich viele Brigitten zu geben.
„Beachten Sie die herrrrlichen Leuchter in diesem Raum. Sie stammen aus dem Jahre 1570 und wurden benutzt, wenn ein großes Fest war. Es brannten in ihnen dann hundert Kerzen, aber durch die Spiegel sah es aus, als wären es tausend.“
Der Herr mit der Brille unterdrückte ein Gähnen, mehrere Damen bekamen glasige Augen. Der dicke Junge schien die Kunst zu verstehen, im Stehen zu schlafen.
Plötzlich aber wurde die Schläfrigkeit der Gruppe durch einen gellenden Schrei aufgestört. Eine der Damen starrte mit weit aufgerissenen Augen in eine Ecke des Raumes, dann rief sie: „Eine Maus!“ und sprang auf einen neben ihr stehenden Sessel.
„Gehen Sie dort herunter“, kreischte der Führer. „Was fällt Ihnen ein! Der Sessel ist aus dem Jahre 1566 und wurde 1715 renoviert!“
„Aber da ist doch eine Maus“, wimmerte die Dame. Im gleichen Augenblick rief Peter: „Susi!“
Oma versuchte die aufgeregte Dame zu beruhigen. „Haben Sie keine Angst, es ist eine zahme Maus. Sie gehört meinem Enkel, und sie beißt nicht.“
Die andern Reisenden hatten sich ängstlich zusammengedrängt. Da schrie eine zweite Dame: „Hu, da ist noch eine!“
„Adele“, rief Peter. „Wie sind die denn rausgekommen? Ich hatte sie doch ganz fest in der Hosentasche.“
Bei den Damen drohte eine Panik auszubrechen, denn eine dritte schrie: „Viele Mäuse, ganz viele!“ Sie zeigte auf den gegenüberliegenden Spiegel, in dem sich Susi und Adele zahllose Male spiegelten, so daß es aussah, als ob ein Heer von Mäusen umherhuschte.
Nun hatte sich der Führer zusammengerafft. „In diesem herrrrlichen Schloß dürfen keine Mäuse herumlaufen“, schrie er. „Ich werde sie totschlagen!“ Mit erhobenem Schlüsselbund lief er auf die Ecke zu, in der sich Susi befand.
„Nein!“ schrie Peter entsetzt.
Zum Glück schlüpfte Susi durch die Tür in den nächsten Raum.
Adele folgte ihr schnell.
„Fang
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