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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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war.
    Er spürte sie zunächst nur in den kleinen Nichtigkeiten, die sie zurückgelassen hatte, einer winzigen, mit Türkisen verzierten blauen Nadel, einer Puderdose auf der Kante des Waschtisches, einer zerknüllten leeren Zigarettenschachtel ihrer Lieblingssorte — sie liebte seine amerikanischen Zigaretten nicht-und einer inneren Sohle ihres Pantoffels, die sich gelöst hatte und herausgefallen war.
    Sie hatte ihm gleich zu Anfang gesagt, daß sie unordentlich sei. Jerry, der durch den Dienst an peinliche Ordnung gewöhnt war, hatte so etwas wie einen »Stubendienst« eingerichtet, in den sie sich teilen sollten. Aber immer endete es damit, daß Pat mit gekreuzten Beinen und eine Zigarette rauchend wie ein Kobold auf dem Bett saß und auf die Dinge deutete, die er übersah.
    »O Jerry, sieh dort drüben in der Ecke«, sagte sie. »Warum werfe ich auch nur immer alles so gern in die Ecken?«
    Jerry las die Sachen zusammen und drohte ihr murmelnd schwere Strafen an.
    Erging im Zimmer umher, als ob Pat tatsächlich auf dem Bett säße, hob die Sachen auf, und als alle auf einem Haufen lagen, blickte er mit einem leichten Stirnrunzeln darauf, weil diese paar Sachen hier bei ihm waren, nicht aber Pat. Immer hatte sie Mühe gehabt, ihre Nadel zu schließen, und es war ihm, als ob er sie murmeln höre:
    »Zum Henker auch!« Und dann ging er stets zu ihr hinüber, um sie ihr zu schließen.
    Sie hatte auch ihre besondere Art, die Nase zu pudern und sie ihm zur Begutachtung zu zeigen, und er küßte sie dann auf die Nasenspitze, zum Zeichen, daß er alles gut befand.
    Die innere Sohle des Pantoffels war auch schon lange los gewesen und immer wieder herausgefallen und von neuem hineingeschoben worden. Denn Schuhe waren in England zur Zeit schwer aufzutreiben, und man mußte sich wohl oder übel dazu bequemen, sie mit Leim und Kleister zu flicken. Und immer war es so, daß sie auf ihrer Reise die Nacht überraschte, und die Sohle fiel schon wieder heraus und Pat stöhnte:
    »Ach, Lieber, warum haben wir keinen Leim gekauft? Dabei waren wir doch im Laden!«
    Jetzt nahm er das kleine weiche Lederstück in die Hand und betrachtete es einen Augenblick. »O Gott«, sagte er und dann ihren Namen: »Pat...«
    Das Gefühl, sie zu vermissen, die Sehnsucht nach ihrer Gegenwart überwältigte ihn so plötzlich, daß er sich auf die Bettkante setzte und das Gesicht in die Hände vergrub, erschreckt durch die Gewalt seines Gefühls, erschreckt auch durch die erdrückende Leere des Raums, die ihm entgegenstarrte, wenn er aufsah, und ihm immer von neuem bestätigte, daß Pat tatsächlich fort war.
    Gewiß war sie physisch nicht mehr da, aber unzählige Erinnerungen stiegen in ihm auf, die Erinnerung an ihre Stimme, ihren Gesichtsausdruck, an das Gefühl, wenn ihre Wange sich an die seine schmiegte, an ihr Lachen, an die Form ihrer Fingernägel, an die komische Beweglichkeit ihrer kleinen Zehe und vieles andere.
    »O Gott«, sagte er nochmals und sprang ruckartig vom Bett auf, ging zum Fenster hinüber und schaute auf den Verkehr hinunter. Er erblickte ein Mädchen auf einem Fahrrad, das ihn an die aufrechte und etwas aufgeregte Art, in der Pat radelte, erinnerte, an ihren kleinen Kopf und die wißbegierigen Augen, die bald nach links, bald nach rechts guckten, um nur ja nichts zu verpassen.
    Zum Kuckuck, es war ja nur, weil er sich so sehr an sie gewöhnt hatte und weil sie so ein süßer, lieber Kerl war. Hinuntergehen, endlich aufhören, sich wie ein Säugling zu benehmen, ein paar Gläschen hinter die Binde gießen und die ganze Geschichte vergessen, das war es, was er tun mußte! Wenn jeder Bursche nach einem kleinen Abenteuer mit einem Mädchen so den Kopf hängen lassen wollte, nachdem es einmal vorüber war...
    Sein Blick fiel auf den Sack, auf dem sein Name und Rang standen, und wie einen plötzlichen Schmerz fühlte er das Nichtvorhandensein des kleinen prallen Koffers, der Pat gehörte. Er wurde sich bewußt, daß er eben nicht »jeder Bursche« war. Er war Jerry Wright, und was sich für alle andern zu schicken schien, war bei ihm nicht möglich. Er war nun einmal nicht wie Major Harrison und auch nicht wie Sam Bognano. Wieder setzte er sich f auf das Bett und fühlte sich ausgehöhlt, verloren und leer. Irgend- wie schien es ihm, als ob er in mancher Hinsicht nicht einmal mehr Jerry Wright war. Er war ein Teil von irgendeinem Wesen, das nun weggegangen war, und dieses andere Wesen nannte sich Pat.
    Und als er einmal

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