Ferien mit Patricia
flackernde Feuer strömte eine wohlige Wärme aus. Jerry machte sich mit einer Decke ein Lager zurecht und wickelte sich dann in eine andere. Der Bauer und seine Frau gingen in ihre Kammer, und Jerry nahm das Bündel Pat in seinen Arm und drückte es fest an sich.
»O Jerry, du bist lieb«, sagte sie schläfrig und bettete ihren Kopf an seine Brust und schlief sogleich ein. Strähnen ihres glatten, nassen Haares fielen über ihr Gesicht. Mit einer sanften Bewegung strich er sie weg und dachte, wie schön sie eigentlich sei. Er konnte sich nicht erinnern, wann und wie diese Verwandlung vor sich gegangen war und daß er sie überhaupt jemals nicht schön gefunden hatte. Es war, als ob mit einem Male jeder ihrer Züge eine besondere Bedeutung angenommen und einer nach dem andern seine Schönheit entfaltet hätte.
Ein Hauch Ewigkeit erfüllte die niedrige einfache Stube mit dem verglühenden Feuer und dem darüber hängenden Kessel, während der Regen auf das Dach prasselte und in die Dachrinne floß. Das eintönige Geräusch des Regens vermischte sich mit dem ruhigen Atem von Pat. Der Zauber dieser ungewohnten Umgebung und die schlafende Gefährtin, die er im Arm hielt, wie um sie zu schützen und ihr seine Wärme zu geben, hielten seine Gedanken völlig im Bann. Hier konnte eine neue Welt beginnen und eine alte Welt zu Ende gehen...
Als Pat am Morgen erwachte, hatten ihre Jugend und ihre kräftige Natur und auch die Pflege, die Jerry ihr hatte zuteil werden lassen, gesiegt. Sie fühlte sich wieder frisch, und eine üble Nachwirkung von der Kälte und der Nässe schien nicht zu erwarten.
Sie nahmen Abschied von dem alten Bauern, der, nachdem er seinen Argwohn einmal überwunden hatte, die Freundlichkeit und Gastfreundschaft selbst war. Dann kehrten sie in ihr Hotel zurück. Die Tage danach vergingen nur allzu schnell.
Von Trossachs fuhren sie nach Aberfoyle, wo sie in dem Bailie-Nicol-Jarvie-Gasthof übernachteten, der durch eine Sage berühmt geworden ist: hier soll nämlich ein dicker und harmloser englischer Landvogt von einem riesigen Hochländer mit einem Schwert angegriffen worden sein und sich dadurch tapfer verteidigt und im Kampf den Sieg davongetragen haben, daß er einen glühenden Feuerhaken ergriff und das Schottenröckchen des Hochländers damit in Flammen setzte.
Sie saßen Hand in Hand in einer verschwiegenen Ecke der alten Bailie’s-Bar, wo das Sonnenlicht durch die grünen Butzenscheiben sickerte und einen schwachen Schein auf die dunkle Eichentäfelung, die Zinnkannen und die alten Waffen warf.
Dann fuhren sie weiter nach Drymen, wo sie zusammen Golf spielten, und radelten über die sanften Wellen der Lennoxhügel, durch eine grüne und freundliche Landschaft, die einen vollkommenen Gegensatz zu der strengen und romantischen Wildheit des Hochlandes darstellte. Und die Räder brachten sie mit jeder Umdrehung Glasgow und damit dem Ende ihrer Ferien näher. Ihre Zeit war um, und Pat mußte nach Kenwoulton in ihren Dienst zurück.
Schon zu Beginn ihrer Fahrt hatten sie gemeinsam den Plan festgelegt, daß Pat allein zurückfahren sollte. Jerry, dem noch fünf Tage Urlaub verblieben, hatte die Absicht, im Norden zu bleiben und nach Prestwick zu fahren, um dort einen alten Schulkameraden namens Eagles Wilson zu besuchen, der als Pilot die Atlantikroute beflog. So war es beschlossen worden, und so sollte es auch durchgeführt werden. Und erst als sie durch die schmutzigen Vorstädte von Glasgow radelten, kam ihnen zum Bewußtsein, wie nahe bereits die Trennung lag und wie rasch sich nun ihre gemeinsame Reise ihrem Ende näherte.
Und so standen sie denn wieder am Bahnhof, im selben Rauch und Ruß, im selben Lärm der Züge und im selben Gedränge von Leuten, Gepäckträgern und Soldaten, im selben Geratter der Gepäckkarren und im selben Gekreisch der Lokomotiven.
Jerry hatte für Pat alles gekauft, was ihm nur eingefallen war: etwas zum Mittagessen, eine Flasche Wein, eine kostbare halbe Flasche Brandy, eine Schachtel Schokolade, drei Kriminalromane, Zeitschriften und vier Päckchen Zigaretten. Und auch jetzt noch lungerte er um den Kiosk herum auf der Suche nach etwas, das er ihr noch für die Reise mitgeben könnte.
Nun, da die Trennung unmittelbar vor ihnen lag, schien es Jerry sonderbar, von Pat Abschied nehmen zu müssen und sie zum Zug zu bringen, der sie entführen sollte. Aber es war kein endgültiger Abschied. Sie fuhr nur nach Kenwoulton, und dort würde er sie Wiedersehen, beim Tanz,
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