Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
Polizist zu werden, nie einverstanden war, hatte heute vor seiner etwas überstürzten Abreise ebenfalls keinerlei Verständnis gezeigt.
»Das kann doch nicht dein Ernst sein!«, hatte sie ihn angefaucht. »Gestern erzählst du mir von deiner schweren Erkrankung und heute soll ich akzeptieren, dass du notfallmäßig im Ausland ermitteln willst! Vom drohenden Pflegefall zum Starermittler!«
Er versuchte ihr zu erklären, warum es wichtig war nach Deutschland zu reisen, doch sie hatte sich schon so in Rage geredet, dass seine Worte sie nicht mehr erreichen konnten. Lundquist war froh, dass Lisa nichts davon zu hören bekam – sie spielte bei einer Freundin und würde erst in einer halben Stunde wieder nach Hause kommen. »Als ob es nicht auch andere fähige Polizisten bei euch gäbe! Tu doch nicht immer so, als wäre man dort auf dich angewiesen! Du hast eine ausgewachsene Profilneurose, mein Lieber«, zischte Helene Lundquist aufgebracht. Die Diskussion endete wie alle ähnlichen, die sie im Laufe der Jahre geführt hatten: »Ja, wenn dein Vater noch lebte, der würde dir schon den rechten Weg weisen!« Die Stimme seiner Mutter zitterte vor Zorn.
Ein wenig schuldbewusst dachte der Hauptkommissar daran, wie er nach diesem abschließenden Satz einfach das Zimmer verlassen hatte, um seine Tasche zu packen. Aber was sollte er noch sagen? Dass die Reise zu einem denkbar ungünstigen Moment anstand, wusste er schließlich selbst und konnte es auch körperlich deutlich wahrnehmen.
Das Medikament bearbeitete seine Magenschleimhaut und tobte in seinem Inneren wie ein eingesperrtes Tier. Wellen von Übelkeit sorgten für Schweißausbrüche und in kürzer werdenden Abständen wischte er sich die kalten Perlen von Stirn und Oberlippe. Mochten die anderen Passagiere und die Crew es später ruhig für Flugangst halten.
Unauffällig vergewisserte er sich, dass in der Außentaschean seinem Reisegepäck eine Tüte für den ›Fall der Fälle‹ steckte.
Als er den gezackten Rand erspähte, seufzte er erleichtert. Als Mensch, der immer gerne alles im Griff hatte, litt er besonders unter der Unberechenbarkeit seines Körpers – aber wenigstens war er vorbereitet.
Sven Lundquist entspannte sich etwas.
»Hoffentlich kommt sie nicht auf die Idee, sich von einem ihrer vielen Freunde trösten zu lassen!«, drang Lars, Stimme schneidend in seinen grauen Gedankendunst ein. »Weißt du, was sie mir zum Abschied gesagt hat? In ihrem Leben gäbe es immer noch genug richtige Männer, denen ihr Geburtstag wirklich wichtig wäre. Und sie würde mit denen feiern! Sie könnte problemlos auf meine Anwesenheit verzichten und es wäre an der Zeit, sich endlich von mir und meiner pathologischen Arbeitsbegeisterung, die zudem auch noch ziemlich morbide sei und phasenweise schon fast an Nekrophilie grenze, zu emanzipieren. Stell dir das mal vor!«
Knyst pumpte vor Empörung wie ein Maikäfer.
Lundquist versuchte krampfhaft ein leichtes Grinsen zu unterdrücken. Das war natürlich hart für einen Mann wie Knyst, der so unverschämt gut aussah, dass die Frauen auf der Straße sich nach ihm umdrehten … und die eigene Freundin drohte, sich mit einem anderen zu trösten!
Zielsicher hatte Gitte ihn an seinem empfindlichen Punkt getroffen!
»Das hat sie doch ganz sicher nur im ersten Zorn dahin gesagt. Inzwischen ist ihre Wut bestimmt verraucht und es tut ihr Leid, dass sie dich so unfreundlich verabschiedet hat. Vielleicht macht sie sich sogar schon Sorgen darüber, ob sie in der Lage sein wird, sich wieder mit dir auszusöhnen. Stell dir nur mal vor, wir stürzen ab und sie kann dir niemals erzählen, wie sehr sie euren dummen Streit bedauert! Frauen denken manchmal so«, versuchte Lundquist seinen Freund aufzumuntern.
»Meinst du das ernst oder ist das nur so ein Spruch aus der Klamottenkiste der Ehelichen?« Knyst schichtete die Stirn in dicke Skeptikerfalten.
Weil das so unglücklich klang, legte Lundquist viel Überzeugung in seinen Ton: »Na, ernst natürlich.«
Während eine unangenehm schnarrende Stimme aus dem Lautsprecher ihren Flug aufrief, überlegte Lundquist. Das Ergebnis war ernüchternd. Die meisten seiner Kollegen waren inzwischen geschieden. Manche sogar mehrfach. Viele hatten aber auch einfach gar keine Partner gefunden oder sich zumindest nicht dauerhaft gebunden, die meisten aus Angst, dass die Ehe doch nicht auf Dauer halten würde. Andere wieder – und das hielt Lundquist für die schlechteste aller Lösungen – lebten
Weitere Kostenlose Bücher