Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
aus, als habe er die Absicht wütend dazwischen zu fahren. Doch dann atmete er vernehmlich aus und trommelte nur mit den Fingern arrhythmisch auf der Tischplatte.
»Die Streife hat all die Familien besucht, bei denen wir von einer Rezeptierung des Präparats über Ärzte und Apotheken wussten. Aber überall trafen Jan und Knut die Familien vollzählig an.« Ole warf schwungvoll einen verrutschten Zipfel des malerischen Schals über seine Schulter. »Wir haben auch schon angefangen in den Arztpraxen und Polikliniken nachzufragen, ob vielleicht Ärztemuster oder einzelne Blister weitergegeben wurden – aber bisher konnten wir daraus noch keinen wirklich konkreter Hinweis ableiten«, schloss er.
»Die italienische Familie hat sich bei den Kollegen in Uppsala gemeldet. Bloß gut, dass wir die Aufforderung, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen, auch auf Englisch übers Radio verbreitet haben! Die Ausweise wurdenüberprüft – alle Angaben waren korrekt. Damit sind die wohl auch aus dem Rennen …«, seufzte Britta Liliehöök und Dr. Kramp warf ihr einen zornigen Blick zu.
Knyst zog einen breiten, quietschenden Filzstiftstrich durch die Namen Martinelli und Kirsten.
»Wir ermitteln hier in einem brisanten und leider äußerst öffentlichkeitswirksamen Mordfall und veranstalten keinen sportlichen Wettkampf. Achtet in Zukunft alle besser auf eure Wortwahl!«, wies Dr. Kramp Britta donnernd zurecht, die gerade zu einer passenden Antwort ausholen wollte, als Ole sich einmischte: »Also bleibt nur noch die Familie in Jokkmokk – oder eben der große Unbekannte hier aus der Gegend.«
»Bis morgen bekommen wir den Bericht von Dr. Mohl, der uns zeigen wird, wie lange es konkret dauert, bis ein Körper einen solchen Zustand der Vernachlässigung erreichen kann. Dann wissen wir wenigstens über welchen Zeitraum wir nachdenken müssen. Klar ist, dass eine Vernachlässigung bei einer akut aufgetretenen Erkrankung nicht in Frage kommt«, stellte Lundquist fest und begann dann die Aufgaben für den nächsten Tag zu verteilen. »Bernt, wir brauchen entweder ein Foto von der Frau aus Jokkmokk oder – falls das nicht gelingt – wenigstens Auskunft von ihren Nachbarn oder Freunden darüber, ob sie gefärbte Haare hat und wie groß sie ist. Dann hätten wir doch schon mal einen Anhaltspunkt.«
»Ole und Britta, ihr fragt noch mal intensiver bei den Ärzten und Apothekern nach, ob sie nicht vielleicht doch aus Kulanz auf irgendeine Geschichte hin dieses Medikament ausgehändigt haben. Entweder als Packung oder eben als Teil einer Packung. Es wird manchem vielleicht schwer fallen, das zuzugeben, weil nicht klar ist, ob sie damit nicht in den Fall verwickelt werden. Da muss es eucheben gelingen, ihr Vertrauen zu gewinnen, damit sie sich aussprechen können.« Die beiden nickten.
»Hier ist die Adresse der Familie in Jokkmokk.« Britta reichte Bernt den Zettel rüber.
Schweigen breitete sich im Raum aus, so als warte die Gruppe auf etwas.
Unstet ließ Dr. Kramp seinen Blick von einem zum anderen schweifen, dann stieß er seinen Stuhl hart zurück, stand ruckartig auf und verließ grußlos den Raum.
»Mann, ist der mies drauf«, machte Britta sich nun Luft.
»Wenn wir all seine Worte so auf die Goldwaage legen würden!«
»Urteile nicht zu hart«, mischte sich nun Staatsanwalt Bengtson zum ersten Mal an diesem Abend ein, stützte die Ellbogen auf und verschränkte die Finger leicht ineinander. »Die Situation ist wirklich nicht gerade angenehm und schließlich steht Dr. Kramp seit Tagen permanent im Licht der Öffentlichkeit. Ständig lauern ihm Journalisten auf, blockieren sein Telefon und nerven seine Familie. Ich glaube, wir sollten alle etwas mehr Verständnis aufbringen – auch wenn mir, wie uns allen, klar ist, dass er die Lage selbst mit verschuldet hat.« Er machte eine Pause und sah in die Runde. Britta hatte betreten den Kopf gesenkt und starrte auf die Tischplatte. Dann griff sie in ihre Taschentuchbox und nieste gedämpft.
Henning Bengtson warf Lundquist einen aufmunternden Blick zu und meinte dann: »Na, was ist das mit dem großen Unbekannten hier aus der Gegend? Gibt es da konkretere Hinweise oder ist alles nur Vermutung? Und was sollte das vorhin mit der Streife?«
Bereitwillig erklärte Lundquist, was ihn dazu veranlasst hatte, an einen Täter aus der Gegend zu glauben, warumDr. Kramp diese Idee von Anfang an verworfen hatte und warum sie die Streife zur unauffälligen Ermittlung und Überprüfung
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