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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sagte Jamie trocken.
    »Dann will ich!« Seine Miene drückte Entschlossenheit aus. »Ich werde Oma und Tante Isobel nichts davon sagen. Niemandem werde ich davon erzählen. Bitte, Mac! Ich möchte so sein wie Sie.«
    Gerührt von der Ernsthaftigkeit des Knaben, zögerte Jamie. Plötzlich wollte er seinem Sohn noch etwas anderes dalassen als das Holzpferd, das er ihm als Abschiedsgeschenk geschnitzt hatte. Er versuchte sich daran zu erinnern, was Vater McMurtry ihn in der Schule über die Taufe gelehrt hatte. Auch ein Laie konnte es tun, vorausgesetzt, es handelte sich um einen Notfall und kein Priester war zur Hand.
    Vielleicht war es ein wenig weit hergeholt, die augenblicklichen Umstände als Notfall zu bezeichnen, aber… - unvermittelt griff er nach der Wasserkaraffe, die auf dem Fensterbrett stand. Dann tauchte er drei Finger ins Wasser und malte sorgfältig ein Kreuz auf die Stirn des Knaben.
    »Ich taufe dich auf den Namen William James«, sagte er leise. »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.«
    Willie blinzelte und schielte, als ihm ein Wassertropfen über die Nase rann. Als er die Zunge herausstreckte, um ihn aufzufangen, lachte Jamie unwillkürlich.
    »Warum haben Sie mich William James getauft?« fragte Willie neugierig. »Meine anderen Namen sind doch Clarence Henry George.« Er machte eine Grimasse. Clarence gefiel ihm gar nicht.
    Jamie verkniff sich ein Lächeln. »Man bekommt einen neuen Namen, wenn man getauft wird. James ist Ihr besonderer Papistenname. Außerdem heiße ich auch so.«
    »Wirklich?« Willie war entzückt. »Bin ich jetzt auch so ein stinkender Papist wie Sie?«
    »Aye, soweit ich etwas dazu beitragen kann.« Er lächelte Willie an und griff, einem Impuls folgend, in seinen Hemdkragen.
    »Hier. Das sollen Sie auch bekommen, damit Sie sich an mich erinnern.« Er streifte ihm den Rosenkranz aus Buchenholz über den Kopf. »Aber Sie dürfen das niemanden sehen lassen«, warnte er ihn. »Und, um Himmels willen, erzählen Sie niemandem, daß Sie ein Papist sind.«
    »Ich sag’ es nicht weiter«, versprach Willie. »Keiner Menschenseele.« Er schob den Rosenkranz unter sein Hemd und klopfte sorgfältig noch einmal darauf, um sicherzugehen, daß er nicht zu sehen war.
    »Gut.« Jamie zerzauste Willies Haar zum Abschied. »Es ist fast an der Zeit für Ihren Tee. Sie gehen jetzt besser zum Haus zurück.«
    Willie bewegte sich in Richtung Türe, blieb aber auf halbem Weg plötzlich tieftraurig stehen.
    »Sie haben gesagt, ich soll das behalten, um Sie nicht zu vergessen. Aber ich habe nichts für Sie, damit Sie sich an mich erinnern.«
    Jamie lächelte ein wenig. Das Herz war ihm so schwer, daß er dachte, er könnte nicht einmal Atem holen, um zu sprechen. Doch er zwang sich dazu.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, meinte er. »Ich vergesse Sie nicht.«

17
    Schlafende Ungeheuer
    Loch Ness, August 1968
    Brianna blinzelte und strich eine Strähne fort, die ihr der Wind ins Gesicht geblasen hatte. »Ich wußte fast nicht mehr, wie die Sonne aussieht«, sagte sie, während sie auf besagtes Objekt wies, das mit ungewohnter Kraft auf die dunkle Wasserfläche des Loch Ness herabstrahlte.
    Ihre Mutter räkelte sich wohlig in der milden Brise. »Von frischer Luft ganz zu schweigen. Ich komme mir vor wie ein Pilz im dunklen Keller - bleich und matschig.«
    »Ein paar tolle Forscher würdet ihr abgeben!« beschwerte sich Roger. Aber er grinste. Alle drei waren sie bester Laune. Nach der mühseligen Suche in den Gefängnislisten, die vom Fund von Ardsmuir gekrönt war, hatten sie eine Glückssträhne. Die Aufstellungen von Ardsmuir waren vollständig und ausgesprochen sorgfältig geführt. Aber die Gebäude hatten nur fünfzehn Jahre als Gefängnis gedient. Im Anschluß an die Renovierung durch die jakobitischen Insassen war es zu einem Garnisonsstützpunkt geworden, während die Gefangenen an andere Orte verlegt worden waren - die meisten in die amerikanischen Kolonien.
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum Fraser nicht mit den anderen nach Amerika geschickt wurde«, sagte Roger. Als er die Listen mit den Deportierten studierte und keinen Fraser fand, hatte ihn kurzfristig Panik ergriffen. Für ihn stand plötzlich fest, daß Jamie im Gefängnis gestorben war, und bei der Vorstellung, dies den beiden Frauen berichten zu müssen, trat ihm der kalte Schweiß auf die Stirn - bis er auf einer Seite las, daß Fraser an einen Ort namens Helwater gebracht worden war.
    »Ich auch

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