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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Pfarrhaus lachten und alberten sie herum. Dann stießen sie auf die Vergangenheit und die Zukunft an, bevor sie aufgeregt ihre Pläne für den nächsten Tag besprachen.
    »Das Geld haben Sie jetzt«, sagte Roger zum zehntenmal.
    »Und den Umhang«, ergänzte Brianna.
    »Ja, ja, ist ja gut«, erwiderte Claire ungeduldig. »Alles, was ich brauche - das heißt alles, was ich mitnehmen kann.« Sie hielt inne. Dann streckte sie in einem plötzlichen Impuls die Arme aus und nahm Briannas und Rogers Hand.
    »Ich danke euch beiden.« Ihre Augen schimmerten feucht, und ihre Stimme klang plötzlich heiser. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich euch danke! Ach - ihr werdet mir so fehlen!«
    Im nächsten Augenblick lagen sich Claire und Brianna in den Armen. Claire schmiegte den Kopf an die Schulter ihrer Tochter, und sie klammerten sich so fest aneinander, als könnten sie dadurch ihren überwältigenden Gefühlen Ausdruck verleihen.
    Dann ließen sie sich los, und Claire legte dem Mädchen die Hand auf die Wange. »Ich gehe jetzt wohl besser nach oben«, flüsterte sie. »Es gibt noch viel zu tun. Wir sehen uns morgen früh, meine Kleine.« Sie gab Brianna einen Kuß auf die Nasenspitze und lief aus dem Zimmer.

    Brianna setzte sich hin und seufzte tief. Lange Zeit blieb sie schweigend sitzen und starrte ins Feuer.
    Roger löschte die Lampen, schloß die Fenster, räumte den Tisch ab und stapelte Bücher aufeinander. Vor der Kürbislaterne blieb er stehen. Sie sah so lustig aus, daß er es nicht über sich brachte, die Kerze zu löschen, die die Schlitzaugen und den grinsenden Mund erhellte.
    »Der wird wohl kaum irgendwas in Brand setzen«, meinte er. »Sollen wir ihn so lassen?«
    Keine Antwort. Brianna rührte sich nicht. Statt dessen starrte sie in den Kamin. Sie schien ihn nicht gehört zu haben. Roger setzte sich neben sie und nahm ihre Hand.
    »Vielleicht kann sie ja wieder zurückkommen«, sagte er leise. »Möglich ist alles.«
    Brianna schüttelte langsam den Kopf, ohne den Blick von den züngelnden Flammen zu wenden.
    »Ich glaube nicht«, sagte sie leise. »Sie hat uns doch selbst erzählt, wie furchtbar der Übergang ist. Vielleicht übersteht sie ja nicht mal den ersten.« Unruhig trommelte sie mit den Fingern auf den Oberschenkel.
    Roger vergewisserte sich mit einem Blick auf die Tür, daß sie allein waren.
    »Sie gehört zu ihm, Brianna«, sagte er. »Verstehst du das nicht? Allein schon die Art, wie sie von ihm spricht!«
    »Doch, das verstehe ich. Ich weiß, daß sie ihn braucht.« Ihre Unterlippe bebte leise. »Aber… aber ich brauche sie auch!«
    Roger strich ihr über das erstaunlich weiche, schimmernde Haar. Um sie zu spüren und gleichzeitig auch zu trösten, hätte er sie am liebsten in die Arme genommen, doch sie war starr und teilnahmslos.
    »Du bist erwachsen, Brianna«, sagte er leise. »Du hast jetzt dein eigenes Leben. Sicher, du liebst deine Mutter, aber du brauchst sie nicht mehr - jedenfalls nicht so, wie ein Kind seine Mutter braucht. Hat sie nicht auch das Recht, Erfüllung zu finden?«
    »Doch. Aber… ach, Roger, das verstehst du nicht!« brach es aus ihr hervor. Sie preßte die Lippen zusammen und schluckte, dann wandte sie sich zu ihm um. Ihre Augen waren dunkel vor Kummer.
    »Sie ist alles, was ich noch habe. Nur sie weiß, wie ich wirklich
bin. Sie und Daddy - Frank«, verbesserte sie sich. »Die beiden waren dabei, als ich laufen lernte. Sie waren stolz auf meine Leistungen in der Schule, und sie -« Brianna brach ab, weil ihr glitzernde Tränen über die Wangen liefen.
    »Das alles klingt so dumm!« rief sie heftig. »Furchtbar dumm! Aber -« Hilflos suchte sie nach Worten. Dann sprang sie auf und lief ruhelos im Zimmer auf und ab. »Ach, Roger… wenn sie fort ist, gibt es keinen Menschen mehr auf der Welt, dem etwas an mir liegt, der mich für etwas Besonderes hält, weil ich so bin, wie ich bin. Sie ist die einzige, der etwas an mir liegt, und wenn sie fort ist…« Brianna blieb stehen. Ihre Mundwinkel zuckten in dem Bemühen, sich zu beherrschen, und Tränen glitzerten auf ihren Wangen. Plötzlich ließ sie die Schultern sinken, und alle Spannung wich aus ihrem Körper.
    »Das alles ist dumm und selbstsüchtig«, stellte sie fest. »Und du kannst das sicher nicht verstehen und hältst mich für kindisch.«
    »Nein«, entgegnete Roger ruhig. »Das tue ich nicht.« Er stellte sich hinter sie, legte ihr die Arme um die Taille und schmiegte sich an sie. Sie versteifte sich

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