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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wandte er sich ab und trat nach vorn, um das ankommende Boot zu begrüßen.
    »Innes und Fergus werden sie nicht nehmen«, sagte Jamie. »Sie werden dir bei der Suche nach Ian helfen. Wenn sie uns schanghaien…« - das Wort »uns« versetzte mir einen schmerzlichen Stich -, »begibst du dich zu Jareds Haus in Sugar Bay und suchst von da aus. Dort treffe ich dich.« Er drückte meinen Ellbogen, um mich zu ermutigen. »Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, aber ich komme zu dir.«
    »Du könntst doch als Franzose durchgehen!« protestierte ich. »Das weißt du genau!«
    Er sah mich an und schüttelte den Kopf.
    »Nein«, entgegnete er leise. »Ich kann ihnen doch nicht meine Männer überlassen und selbst als Franzose getarnt zurückbleiben.«
    »Aber -« Ich wollte einwenden, daß die schottischen Schmuggler keineswegs seine Leute waren, keinen Anspruch auf seine Loyalität hatten, aber dann hielt ich inne, weil ich merkte, daß es zwecklos war. Auch wenn die Schotten weder seine Pächter noch seine Verwandten waren - und einer von ihnen vielleicht auch noch ein Verräter -, so hatte er sie doch hierhergebracht und würde sie nicht im Stich lassen.
    »Mach dir keine Sorgen, Sassenach«, sagte er leise. »Ich schlage mich schon durch, so oder so. Aber ich halte es für das beste, wenn wir jetzt unter dem Namen Malcolm auftreten.«
    Er tätschelte meine Hand, ließ sie dann los und ging nach vorn, die Schultern gestrafft, um sich dem Kommenden zu stellen. Als
das Beiboot längsseits kam, zog Kapitän Raines erstaunt die Brauen hoch.
    »Gott steh uns bei, was ist das?« murmelte er, als ein Offizier den Kopf über die Reling streckte.
    Es war ein junger Mann, höchstens Ende Zwanzig, mit verhärmtem Gesicht und vor Erschöpfung hängenden Schultern. Über seinem schmutzigen Hemd trug er eine Uniformjacke, die ihm zu groß war, und als sich das Deck der Artemis hob, geriet er ins Taumeln.
    »Sind Sie der Kapitän dieses Schiffes?« Die Augen des Engländers waren vor Müdigkeit rotgerändert, aber er erkannte Kapitän Raines sofort inmitten der grimmig dreinblickenden Seeleute. »Ich bin Kapitän Leonard vom Schiff Seiner Majestät Porpoise . Um der Liebe Christi willen«, fragte er heiser, »haben Sie einen Arzt an Bord?«
     
    Bei einem Glas Portwein, das man dem jungen Kapitän unwillig angeboten hatte, erklärte Thomas Leonard, daß auf der Porpoise vor etwa vier Wochen eine ansteckende Krankheit ausgebrochen war.
    »Die Hälfte der Besatzung liegt darnieder«, sagte er und wischte sich einen Tropfen Wein vom unrasierten Kinn. »Bisher haben wir dreißig Mann verloren, und es sieht so aus, als würden wir noch viele mehr einbüßen.«
    »Sie haben Ihren Kapitän verloren?« fragte Raines.
    Leonards schmales Gesicht rötete sich. »Der Kapitän und seine beiden Stellvertreter sind letzte Woche gestorben, auch der Schiffsarzt und sein Maat sind nicht mehr am Leben. Ich war Unterleutnant.« Das erklärte sowohl seine erstaunliche Jugend als auch seine Nervosität. Plötzlich das Kommando über ein großes Schiff mit sechshundert Mann Besatzung zu übernehmen, auf dem eine Seuche ausgebrochen war, hätte jeden aus der Fassung gebracht.
    »Wenn Sie jemanden an Bord haben, der medizinische Erfahrung besitzt…« Voller Hoffnung sah er erst Kapitän Raines, dann Jamie an, der mit skeptischer Miene am Schreibtisch stand.
    »Ich bin die Schiffsärztin der Artemis , Kapitän Leonard«, sagte ich von meinem Platz an der Tür aus. »Welche Symptome haben Ihre Männer?«

    »Sie?« Der junge Kapitän starrte mich an. Sein Mund stand vor Erstaunen offen.
    »Meine Frau ist in der Heilkunst außergewöhnlich bewandert, Kapitän«, erklärte Jamie freundlich. »Wenn Sie Hilfe suchen, so rate ich Ihnen, ihre Fragen zu beantworten und zu tun, was sie Ihnen sagt.«
    Leonard blinzelte verwirrt, doch dann holte er tief Luft und nickte. »Nun gut. Also, es beginnt mit stechenden Bauchschmerzen, schrecklichem Durchfall und Erbrechen. Die Kranken klagen über Kopfweh, und sie haben hohes Fieber. Sie -«
    »Haben manche auch einen Ausschlag?« fiel ich ihm ins Wort.
    Er nickte eifrig.
    »Ich glaube, ich weiß, was das sein könnte«, meinte ich. Wachsende Erregung ergriff mich - das Gefühl, mit meiner Diagnose auf dem richtigen Weg zu sein und zu wissen, was zu tun war. Das Schlachtroß hört den Ruf der Trompeten, dachte ich halb gequält, halb amüsiert. »Ich müßte sie mir natürlich ansehen, aber -«
    »Meine Frau wird Sie mit

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