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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zu untersuchen. »Haben Sie noch Schmerzen?«
    »Nein, Madam, aber eine Zeitlang war es recht schlimm.« Da er aufgrund seiner Verletzungen außer Gefecht gesetzt war, hatte Tompkins an dem Hinterhalt bei Arbroath nicht teilnehmen können, aber er hatte gehört, was geschehen war.
    Sir Percival hatte Jamie vor einem Hinterhalt gewarnt, um den Anschein zu erwecken, er habe mit der Sache nichts zu tun, denn er wollte verhindern, daß Einzelheiten von ihren finanziellen Vereinbarungen in Kreisen bekannt wurden, in denen dergleichen Sir Percivals Interessen geschadet hätte.
    Zugleich hatte Sir Percival von jenem geheimnisvollen Engländer erfahren, welche Absprachen im Falle einer Verzögerung mit den französischen Lieferanten galten und hatte den Hinterhalt am Strand von Arbroath geplant.
    »Aber was ist mit dem Zollbeamten, der an der Straße ermordet wurde?« fragte ich barsch. Bei der Erinnerung an die schreckliche Fratze konnte ich ein Schaudern kaum unterdrücken. »Wer hat das getan? Von den Schmugglern kommen nur fünf für diese Tat in Frage, und keiner von ihnen ist Engländer!«
    Tompkins fuhr sich mit der Hand über den Mund. Er schien unschlüssig, ob es ratsam sei, mir das zu erzählen oder nicht. Ich nahm die Weinbrandflasche und stellte sie neben ihn auf den Tisch.
    »Danke bestens, Mrs. Fraser! Sie sind eine echte Christenseele, das werde ich jedem sagen, der fragt!«
    »Die Empfehlungen können Sie sich sparen«, entgegnete ich trocken. »Sagen Sie mir nur, was Sie über den Zollbeamten wissen.«
    Er füllte seinen Becher und leerte ihn schlückchenweise. Dann stellte er ihn mit einem zufriedenen Seufzer ab und leckte sich die Lippen.
    »Keiner der Schmuggler hat ihn um die Ecke gebracht, Missus. Es war sein eigener Kamerad.«
    »Was!« Verblüfft machte ich einen Satz nach hinten, aber er nickte und zwinkerte mir zum Zeichen seiner Aufrichtigkeit zu.
    »Ehrlich, Madam. Es waren doch zwei, oder? Und der eine hatte seine Befehle, ja, ja.«

    Der Befehl lautete abzuwarten, bis jene Schmuggler, die dem Hinterhalt entgangen waren, die Straße erreichten. Daraufhin sollte der Zollbeamte seinem Kollegen im Dunkeln eine Schlinge um den Hals werfen, ihn erdrosseln, aufknüpfen und als Beweis für die Mordlust der Schmuggler zurücklassen.
    »Aber warum?« fragte ich gleichermaßen erstaunt und entsetzt. »Was sollte damit bezweckt werden?«
    »Verstehen Sie das nicht?« Tompkins musterte mich überrascht, als wäre die Sache vollkommen logisch. »Es war uns nicht gelungen, Beweismaterial aus der Druckerei sicherzustellen, um Fraser der Aufwiegelung anklagen zu können, und nachdem der Laden niedergebrannt war, sah es nicht so aus, als würde noch was draus werden. Außerdem hatten wir Fraser nie auf frischer Tat mit der Schmuggelware dingfest machen können, sondern nur ein paar kleine Fische, die für ihn arbeiteten. Einer unserer Agenten meinte, er könnte rausfinden, wo das Zeug gelagert würde, aber ihm ist etwas zugestoßen - vielleicht hat Fraser ihn geschnappt oder gekauft. Auf jeden Fall ist er eines Tages im November verschwunden und nie wieder aufgetaucht, und auch das Versteck der Schmuggelware wurde nicht bekannt.«
    »Verstehe.« Ich schluckte bei dem Gedanken an den Mann, der mich im Treppenhaus des Bordells angesprochen hatte. Was war wohl aus jenem Faß mit crème de menthe geworden? »Aber -«
    »Gut, ich erklär’s Ihnen, Madam, warten Sie mal.« Tompkins hob mahnend die Hand. »Also - hier ist Sir Percival, der weiß, seine Sache steht gut, er hat einen Fisch an der Angel, der nicht nur der größte Schmuggler am Firth und der Verfasser der staatsfeindlichsten Schmähschriften ist, die mir je unter die Augen gekommen sind, sondern auch noch ein begnadigter Jakobit, dessen Name aus dem Prozeß eine Sensation machen würde - und zwar im ganzen Königreich. Das einzige Problem - wir haben keine Beweise.«
    Grauen stieg in mir auf, als Tompkins den Plan darlegte. Die Ermordung eines Zollbeamten im Dienst war ein Kapitalverbrechen, das einen Aufschrei der Öffentlichkeit zur Folge haben würde. Schmuggeln galt in der Bevölkerung als Kavaliersdelikt, aber ein Mörder durfte nicht mit Nachsicht rechnen.
    »Ihr Sir Percival hat das Zeug zu einem hochkarätigen Scheißkerl«,
bemerkte ich ungnädig. Tompkins nickte versonnen und tat einen tiefen Blick in seinen Becher.
    »Ja, da würde ich Ihnen recht geben. Da liegen Sie gar nicht so falsch.«
    »Und der ermordete Zollbeamte - ich vermute, den

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