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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ich fort«, entgegnete er fest. Er drehte sich um und trat zum Eingang der Höhle.
    »Herr!« rief sie ihm nach.
    Er blieb stehen, drehte sich aber nicht um. »Der Titel gebührt mir nicht«, wandte er ein.
    »Sie sind der Herr von Lallybroch«, erwiderte sie, »solange Sie leben. Und wenn Sie der Herr sind, rufe ich Sie auch so.«
    »Es gehört nicht mir. Lallybroch gehört dem jungen Jamie.«
    »Aber der junge Jamie sorgt nicht für mich, wie Sie für mich sorgen«, entgegnete sie bestimmt. »Und glauben Sie bloß nicht, daß Ihre Schwester mich dazu angestiftet hat. Drehen Sie sich um.«
    Widerstrebend sah er sie an. Barfuß und im Hemd stand sie da. Das lange Haar fiel ihr auf die Schultern. Sie war mager - wie alle in diesen Tagen -, doch ihre Brüste waren voller, als er erwartet hatte. Das Hemd war ebenso abgetragen wie ihre anderen Kleider, an Saum und Schultern ausgefranst und an manchen Stellen fast durchsichtig. Er schloß die Augen.
    Als er ihre Hand sanft auf seinem Arm spürte, zwang er sich zum Stehenbleiben.
    »Ich weiß genau, was Sie denken«, raunte sie. »Ich habe Ihre Gattin gesehen und weiß, wie es zwischen Ihnen war. Selbst habe ich so etwas nie erlebt.« Sie sprach leise. »Mit keinem meiner beiden Männer. Aber ich erkenne wahre Liebe, wenn ich sie sehe, und ich will Ihnen nicht das Gefühl geben, Ihre Liebe verraten zu haben.«
    Federleicht glitten ihre Finger über seine Wange, und ihr abgearbeiteter Daumen zeichnete die Furche nach, die von seiner Nase zum Mund verlief.
    »Ich möchte Ihnen etwas anderes schenken«, fuhr sie ruhig fort. »Es ist vielleicht nicht viel wert, aber ich denke, Sie können es trotzdem brauchen - damit Sie nicht zerbrechen in der Zeit, die vor
Ihnen liegt. Und das kann nur ich Ihnen geben. Ihre Schwester und die Kinder können das nicht.« Er hörte, wie sie Luft holte. Dann zog sie ihre Hand von seinem Gesicht fort.
    »Sie haben mir ein Zuhause gegeben, für mich und meinen Sohn gesorgt. Und jetzt möchte ich es Ihnen mit meinen bescheidenen Mitteln vergelten.«
    Er merkte, daß ihm die Tränen in die Augen traten. Ebenso federleicht wie vorhin wischte sie die Spuren fort, strich ihm über den zerzausten Schopf. Langsam hob er die Arme und streckte sie ihr entgegen. Sie schmiegte sich an ihn.
    »Ich habe… das schon lange nicht mehr getan«, sagte er, plötzlich schüchtern.
    »Ich auch nicht«, erwiderte sie mit einem leisen Lächeln. »Aber wir werden es schon nicht verlernt haben.«

DRITTER TEIL
    Der Gefangene

7
    Dokumente lügen nicht
    Inverness, 25. Mai 1968
    Endlich kam Linklaters Antwort mit der Post.
    »Sieh mal! Der Umschlag ist aber dick!« rief Brianna. Ihre Nasenspitze glühte vor Aufregung.
    Roger wahrte nach außen hin die Ruhe, aber der Puls an seinem Hals ging ziemlich rasch. Er nahm den dicken Umschlag und wog ihn abschätzend in der Hand. Dann riß er ihn auf und zog einen Stapel Fotokopien hervor.
    Der Begleitbrief auf dem schweren Briefpapier der Universität flatterte dabei zu Boden. Rasch hob ich ihn auf und las ihn vor.
    »›Lieber Dr. Wakefield‹«, begann ich mit zittriger Stimme. »›Sie erkundigen sich nach der Hinrichtung jakobitischer Offiziere nach der Schlacht von Culloden durch die Truppen des Herzogs von Cumberland. Die wichtigste Quelle für mein Buch war das Tagebuch eines gewissen Lord Melton, der zu jener Zeit ein Infanterieregiment befehligte. Fotokopien der betreffenden Seiten des Tagebuchs habe ich meinem Schreiben beigefügt. Sie können die seltsame und anrührende Geschichte des Überlebenden, eines gewissen James Fraser, also selbst nachlesen. Obwohl er keine bedeutende historische Persönlichkeit war und meine Arbeit nur am Rande berührt, habe ich schon häufiger erwogen, sein Schicksal zu erforschen. Wenn sich im Laufe Ihrer Arbeit herausstellen sollte, daß er die Reise zu seinem Heimatort überlebt hat, würde ich mich freuen, wenn Sie es mir mitteilten. Ich habe es ihm oft gewünscht, obwohl es bei seinem Zustand unwahrscheinlich gewesen sein dürfte. Hochachtungsvoll, Eric Linklater.‹«
    Langsam und vorsichtig ließ ich den Bogen auf den Schreibtisch sinken.

    »Unwahrscheinlich? Daß ich nicht lache!« Brianna hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt und lugte Roger über die Schulter. »Wir wissen, daß er es geschafft hat!«
    »Wir glauben es«, verbesserte sie Roger. Aber nur aus wissenschaftlicher Zurückhaltung, denn sein Lächeln war ebenso breit wie Briannas.
    »Möchten Sie lieber Tee oder

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