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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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verstreuten Bögen ein, die in den Ardsmuir-Hefter gehörten. Ardsmuir! Mehr brauchte er nicht. Selbst wenn die vorhandenen Papiere keinen Aufschluß über Jamies Schicksal gaben, mußte in den vollständigen Unterlagen
dieser Strafanstalt irgendwo etwas über Fraser zu finden sein. Vielleicht würde er dafür noch einmal die Archive des Hochlands durchkämmen oder sogar nach London fahren müssen, aber eins war zumindest klar: wie die nächsten Schritte aussehen mußten.
     
    Als Roger die Tür zum Studierzimmer zuzog, kam Brianna leise die Treppe herunter. Fragend sah sie ihn an.
    »Treffer«, flüsterte er.
    Anstatt zu antworten, lächelte sie - so strahlend wie die Morgensonne.

VIERTER TEIL
    Der Lake District

14
    Geneva
    Helwater, September 1756
    »Ich glaube«, sagte Grey vorsichtig, »Sie sollten Ihren Namen ändern.«
    Er erwartete keine Antwort; nicht ein einziges Mal während ihrer viertägigen Reise hatte Fraser einen Ton gesagt, nicht einmal dann, wenn sie ein Zimmer in einem Gasthof teilen mußten. Nachdem Fraser sich in seinen abgewetzten Umhang gewickelt und vor die Feuerstelle gelegt hatte, nahm Grey schulterzuckend das Bett ein. Als er sich gegen eine Horde von Flöhen und Bettwanzen kratzend zur Wehr setzen mußte, wurde er den Verdacht nicht los, Fraser hätte womöglich die bessere Wahl getroffen.
    »Ihr zukünftiger Gastgeber ist nicht gut auf Charles Stuart und seine Anhänger zu sprechen, nachdem er seinen einzigen Sohn bei der Schlacht von Prestonpans verloren hat«, erklärte er dem Mann mit dem versteinerten Gesicht neben ihm. Gordon Dunsany war nur wenige Jahre älter als er selbst gewesen und hatte im Rang eines Hauptmanns in Boltons Regiment gedient. Sie hätten auf dem Schlachtfeld Seite an Seite sterben können - wenn nicht die Begegnung im Wald bei Carryarrick gewesen wäre.
    »Sie werden kaum verheimlichen können, daß Sie aus dem Hochland stammen. Vielleicht könnten Sie sich dazu herablassen, einen wohlgemeinten Rat anzunehmen. Gewiß wäre es klug, einen weniger bekannten Namen als Ihren eigenen zu nennen.«
    Fraser verzog keine Miene. Er drückte seinem Pferd die Fersen in die Flanken und dirigierte es vor Greys Braunen.
    Am Spätnachmittag überquerten sie die Ashness Bridge und ritten den Abhang hinab in Richtung Watendlath Tarn. Der Lake District von England war in keinster Weise vergleichbar mit
Schottland, dachte Grey, aber auch hier gab es Berge. Abgerundete, behäbige, malerische Hügel, die jedoch weniger angsteinflößend waren als die Felsgipfel der Highlands.
    Umsäumt von Segge und Sumpfgras, lag der dunkle Watendlath Tarn vor ihnen. Die Regenfälle im Sommer waren weitaus heftiger gewesen als üblich, und die Spitzen ertrunkener Sträucher ragten schlaff aus dem Wasser, das über die Ufer getreten war.
    Auf der Anhöhe des nächsten Hügels gabelte sich der Weg. Fraser, der vorausgeritten war, hielt sein Pferd an und wartete. Der Wind fuhr ihm durch das offene Haar und wirbelte die flammendroten Strähnen auf.
    John William Grey, der sich den Hang hinaufmühte, blickte zu dem Mann hoch, der dort oben wie eine Statue auf seinem Pferd saß - bis auf das wilde Haar völlig unbeweglich. Der Anblick nahm ihm den Atem, und er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Wie bist du vom Himmel gefallen, du schöner Morgenstern!« murmelte er, hütete sich jedoch, den Rest zu zitieren.
     
    Der viertägige Ritt war für Jamie eine einzige Tortur gewesen. Die jähe Illusion von Freiheit, die er jedoch sogleich wieder einbüßen sollte, beschwor in ihm angsterregende Vorstellungen über das Schicksal herauf, das ihn erwartete.
    Dies, wie auch der Zorn und die Trauer über den Abschied von seinen Männern, der noch frisch in seiner Erinnerung haftete, der Kummer darüber, die Highlands womöglich für immer verlassen zu müssen, die schmerzenden Muskeln, die den Sattel nicht gewohnt waren und ihn ständig quälten, vergällten ihm die Reise. Allein der Umstand, daß er sein Ehrenwort gegeben hatte, hielt ihn davon ab, Major John William Grey vom Pferd zu zerren und zu erdrosseln.
    Greys Worte hallten ihm in den Ohren, die vor ärgerlich wallendem Blut dröhnten.
    »Da nun die Maurerarbeiten im großen und ganzen abgeschlossen sind - dank der hilfreichen Unterstützung durch Sie und Ihre Männer -, müssen die Gefangenen verlegt werden. Ardsmuir wird von den Truppen des zwölften Dragonerregiments Seiner Majestät bezogen.«

    »Die schottischen Kriegsgefangenen werden in die

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