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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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er unter den Lärchen durch. Was für ein Segen, daß der Mond nicht hell schien. Er huschte über den Rasen, und schon befand er sich knietief inmitten von Akelei und Gamander.
    Er blickte an der Hauswand hoch, die dunkel und bedrohlich über ihm emporragte. Die Kerze stand wie versprochen im Fenster. Trotzdem zählte er zur Sicherheit noch einmal nach. Gnade ihm Gott, wenn er das falsche Zimmer wählte. Aber bitte auch dann, wenn er das richtige fand, dachte er grimmig. Fest umklammerte er den Stamm der ausladenden grauen Kletterpflanze, die sich die Hauswand emporrankte.
    Die Blätter raschelten gewaltig, und die starken Äste bogen sich unheilvoll knarrend. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als so geschwind wie möglich hinaufzuklettern und sich, sollte sich eins der Fenster plötzlich aufschieben, eiligst zurück ins Dunkel fallen zu lassen.
    Keuchend und mit pochendem Herzen erreichte er den kleinen Balkon. Im blassen Schein der Frühjahrssterne hielt er kurz inne und schöpfte Atem. Dabei wünschte er Geneva Dunsany erneut zum Teufel. Dann stieß er die Türe auf.
    Sie hatte ihn erwartet und offensichtlich gehört, wie er hochgeklettert war. Sie stand auf und kam mit erhobenem Kinn auf ihn zu. Das kastanienbraune Haar fiel ihr über die Schultern.

    Sie trug ein hauchdünnes weißes Nachthemd, das am Hals von einer silbernen Schleife zusammengehalten wurde. Es sah nicht aus wie das Nachthemd einer sittsamen jungen Dame, und entsetzt erkannte er, daß es ihr Gewand für die Brautnacht war.
    »Sie sind also gekommen.« Außer Triumph war aus ihrer Stimme auch leiser Zweifel herauszuhören. War sie sich denn nicht sicher gewesen?
    »Es blieb mir keine Wahl«, entgegnete er kurz und wandte sich um, um die Balkontüren zu schließen.
    »Möchten Sie etwas Wein?« Um Unbefangenheit bemüht, ging sie zum Tisch, auf dem eine Karaffe mit zwei Gläsern stand. Wie hatte sie das geschafft? Es tat nichts zur Sache. Etwas zu trinken kam unter den gegebenen Umständen gerade recht. Er nickte und nahm ihr das volle Glas aus der Hand.
    Verstohlen sah er sie an, während er an dem Wein nippte. Das Nachthemd diente kaum dazu, ihren Körper zu verbergen. Während sein Herzschlag sich nach der Kletterpartie allmählich wieder beruhigte, zerstreute sich seine anfängliche Angst, er würde seinen Teil der Vereinbarung nicht erfüllen können, wie von selbst. Sie war schlank und schmalhüftig, mit kleinen Brüsten, aber zweifellos eine Frau.
    Nachdem er das Glas geleert hatte, setzte er es ab. Zögern ist sinnlos, dachte er.
    »Der Brief?« fragte er unvermittelt.
    »Danach«, antwortete sie und preßte die Lippen zusammen.
    »Sofort, oder ich gehe.« Er drehte sich zum Fenster, als wollte er seine Drohung wahr machen.
    »Warten Sie.« Er wandte sich zu ihr um und blickte sie mit unverhohlener Ungeduld an.
    »Haben Sie kein Vertrauen zu mir?« fragte sie und versuchte gewinnend und charmant zu wirken.
    »Nein«, entgegnete er unverblümt.
    Ihr Gesicht verfinsterte sich, und sie verzog schmollend den Mund. Doch er stand immer noch am Fenster.
    »Also gut«, gab sie schließlich nach. Nachdem sie in der Nähschachtel unter etlichen Lagen von Stickereiarbeiten gewühlt hatte, förderte sie den Brief zutage und warf ihn auf den Waschtisch neben Jamie.

    Er riß ihn an sich und faltete die Blätter auseinander, um sich zu vergewissern. Sowohl Wut als auch Erleichterung packten ihn angesichts des gebrochenen Siegels und Jennys Handschrift.
    »Nun?« Genevas ungeduldige Stimme störte ihn beim Lesen. »Legen Sie ihn weg und kommen Sie her, Jamie. Ich bin bereit.« Sie saß auf dem Bett und hatte die Arme um die Knie geschlungen.
    Er erstarrte und warf ihr über die Briefbögen hinweg einen eiskalten Blick zu.
    »Mit diesem Namen werden Sie mich nicht anreden«, sagte er.
    Sie reckte ihr spitzes Kinn noch ein wenig mehr und runzelte die gezupften Brauen.
    »Weshalb nicht? Es ist Ihr Name. Ihre Schwester nennt Sie so.«
    Er zögerte kurz, legte den Brief bedächtig beiseite und beugte sich zu den Bändern seiner Kniehose hinunter.
    »Ich werde Sie anständig bedienen«, sagte er. »Aber da Sie mich in Ihr Bett gezwungen haben, indem Sie meine Familie bedroht haben, erlaube ich Ihnen nicht, daß Sie mich mit demselben Namen anreden wie meine Familie.« Regungslos hielt er die Augen auf sie geheftet, bis sie schwach nickte und den Blick auf die Bettdecke senkte.
    Mit dem Finger fuhr sie das Muster nach.
    »Wie soll ich Sie dann nennen?«

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