Fesseln der Erinnerung
Max noch einen Schritt näher trat und ihre Brüste bei jedem Atemzug gegen seinen Körper stießen, legte sie ihre Hand unwillkürlich auf seine warme, feste Brust.
„Ich möchte deine Haut spüren“, wagte sie zu äußern, obwohl sie nicht sicher war, ob sie diese Empfindung überleben würde.
„Ach ja?“ Max beugte den Kopf vor, sie spürte seinen heißen Atem und die warmen Lippen auf ihrer Wange, seine Hand legte sich so besitzergreifend um ihre Hüfte, dass sie das Gefühl hatte, er würde ihr sein Zeichen aufdrücken.
„Max!“ Ihre Beine zitterten vor Anstrengung, sie konnte sich kaum noch auf ihnen halten, kaum diese verführerische Sinnlichkeit ertragen.
„Das reicht.“ Max trat einen Schritt zurück. „Das nächste Mal ist dein Mund dran.“
Ihre Hand suchte Halt an der Stuhllehne, und sie schluckte, suchte nach Worten, während ihr das Blut im Kopf rauschte. Sie suchte Max’ Blick, seine Augen glitzerten, und die Haut spannte sich über seinen Wangenknochen. „Für dich muss es doch weniger heftig sein“, brachte sie schließlich heiser heraus. „Du bist so etwas doch gewohnt.“
„Dann hätte ein anderer Mann wohl dieselbe Wirkung bei dir?“
„Nein, nur du“, platzte sie heraus. Das war gefährlich, aber sie hatte keine Zeit für irgendwelche Spielchen. Bitterkeit wollte giftig in ihr aufsteigen, aber sie drängte sie beiseite, wollte sich nicht mit nutzloser Wut abgeben. „Immer nur du.“
Max holte tief Luft und fluchte leise. „Gut so – denn ich teile nicht gern.“
Nachdem er damit seinen Besitzanspruch deutlich gemacht hatte – etwas anderes konnte es nicht sein, das hatte sie sofort begriffen – , wandte er sich zur Tür. „Ich bin gleich wieder da.“
Draußen hatte sich Max an eine Wand gelehnt, sein Atem ging stoßweise. Auch die kühle Luft konnte Sophias Duft nicht aus seiner Lunge vertreiben. Sie war vollkommen anders, als seine Erwartungen ihn glauben gemacht hatten, und alles, was er wollte.
Und außerdem war sie eine Mediale.
Als sie einander berührt hatten, waren Sophias Augen völlig schwarz geworden. Nicht nur Iris und Pupille, sondern auch die weißen Augäpfel. Das hatte ihn erschüttert, nicht etwa, weil es ihn in Angst versetzt hätte, sondern weil es ihn daran erinnert hatte, welch tiefer Graben zwischen ihnen lag. In ihren Augen hatte er das Medialnet gesehen, die unendliche Leere, in die er niemals hineingelangen würde und die sie niemals verlassen konnte.
Aber Sascha Duncan ist es doch auch gelungen, flüsterte es in ihm.
Kaum hatte er das gedacht, öffneten sich die Fahrstuhltüren, und Quentin Gareth trat auf den Flur, einer der beiden Männer, die sie nicht auf Anhieb hatten identifizieren können.
„Detective Shannon.“ Das vorzeitig ergraute Haar des Mannes leuchtete im Schein der Deckenstrahler. „Man sagte mir, Sie hätten ein paar Fragen an mich.“
„Danke, dass Sie gekommen sind.“ Max drückte sich von der Wand ab und öffnete die Tür. Sophia hatte auf der anderen Seite des Tisches Platz genommen.
Trotz des Abstands zwischen ihnen war die erotisch aufgeladene Spannung so fühlbar, dass Max sich fragte, wie sie Gareth entgehen konnte.
„Detective“, wandte sich dieser an ihn, sobald sie sich gesetzt hatten, „ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn wir das so schnell wie möglich hinter uns bringen könnten. In Kürze startet die Maschine nach Dubai.“
Max wusste von Gareths Reiseplänen, aber anders als bei kriminellen Menschen stellten Reisen von hochrangigen Medialen bei Ermittlungen kein Risiko dar. Wenn es sein musste, konnte Nikita Gareth jederzeit über das Medialnet finden. „Wie wär’s, wenn Sie uns einfach Ihre Begegnung mit dem Opfer schildern?“, sagte er und versuchte, einen leichten Plauderton anzuschlagen. Mediale mochten nichts fühlen, aber sie waren geschickt darin, die Gefühle anderer zu erspüren und sie zu manipulieren.
„Der Termin war schon lange ausgemacht, aber Edward hat ihn noch einmal bestätigt, als er aus Kairo zurückkam. Es ging um generelle Überlegungen zur Expansion des Unternehmens – wir wollten uns absprechen, bevor ich wieder in Dubai zu tun hatte und er sich mit seinen eigenen Projekten beschäftigte.“
Auf Max’ weitere Fragen erklärte Gareth, er kenne keinen Grund, warum Edward Ziel eines Anschlags geworden sei. Max beendete die Befragung. „Wir brauchen mehr Hintergrundinformationen über alle vier“, sagte er zu Sophia, nachdem Gareth gegangen war. „Mein
Weitere Kostenlose Bücher