Fesseln der Freiheit: Erotischer Roman (German Edition)
sofort wieder von ihm Besitz ergriffen hatte, als sie diese feine Hotelbar betreten hatte, oder ob er es aus Höflichkeit ihr gegenüber tat. Den ganzen Abend über hatte sie Mühe gehabt, sich nicht wie ein kleines Mädchen zu verhalten und bei jedem Wort von ihm unmotiviert zu kichern. Jon hatte sich zum Glück noch vor dem Abendessen entschuldigt, also würden ihr wenigstens seine vorwurfsvollen, alles ertragenden Blicke erspart bleiben.
»Sie können es sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie es ist, kein Geld zu haben, oder?«
Sein Duft war stärker als alles andere in dieser Bar. Er roch nach einer dezenten Holznote, ganz unterschwellig nach dem Schweiß eines langen Arbeitstages, und nach Männlichkeit. Er roch nach Lust.
»Ich habe fünf Jahre lang mein eigenes Geld verdient«, verteidigte sie sich sofort. »Und im Studium hat Daddy mich ziemlich kurz gehalten. Ich glaube, er wollte nicht, dass ich ein verwöhntes Upper Class Girl werde.«
»Operation gelungen«, komplimentierte er und schüttelte den Kopf. »Jetzt sollte ich wirklich nach oben gehen, Miss MacMillan. Ich würde ja gerne den Gentleman geben und Sie nach Hause begleiten …«
»… aber da wir zufällig gerade an der Bar Ihres Hotels abstürzen, können Sie sich das ja ersparen. Keine Sorge, ich nehme ein Taxi.« Sie nahm den Strohhalm zwischen die Lippen und trank den letzten Rest des Cocktails aus. In Gedanken versunken spielte ihre Zunge mit dem Strohhalm, und sofort war da wieder diese dumme Vorstellung von ihm und seinem Schwanz.
»Vergessen Sie es«, murmelte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Miss MacMillan, wir sollten beide zu vernünftig sein, um solche Spielchen zu beginnen.«
»Keine Spielchen.« Sie atmete tief durch und stieß den Strohhalm mit der Zungenspitze an, sodass er es sehen musste. »Einfach nur Sex.«
Er setzte das Bierglas an und stürzte den letzten Rest hinunter.
»Keine Verpflichtungen, Mikael. Und machen Sie sich keine Gedanken um Jon. Er wird es Ihnen nicht übel nehmen.« Sie benetzte ihre trocken gewordenen Lippen. Es konnte ihr niemand einen Vorwurf daraus machen, dass sie auf seinen eindeutig männlichen Duft und diese fein definierten Muskeln ansprach, die sich unter seinem schlecht sitzenden Anzug verbargen. Jon war schlicht und ergreifend ein schlechter Liebhaber. Außerdem waren sie noch nicht verheiratet.
»Ich denke nicht, dass Sie mein Verständnis von Lust teilen, Miss MacMillan«, bemerkte er mit belegter Stimme. »Glauben Sie mir, es ist besser so.«
»Jetzt haben Sie mich erst recht neugierig gemacht.« Tony lächelte ihn herausfordernd an. »Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht so leicht zu verängstigen bin. Und hören Sie endlich mit diesem Unsinn auf. Wenn wir alleine sind, bin ich Tony, okay?«
»Mikael«, antwortete er automatisch. Er knallte das Bierglas etwas zu laut auf den Tresen. »Tony, das Beste ist wirklich, wenn Sie jetzt gehen. Ich gebe offen zu, dass ich mehr als nur ein klein wenig Lust auf eine Affäre mit Ihnen hätte. Sie sind attraktiv, Sie sind reich und Sie sind offenherzig. Jeder halbwegs normale Mann würde sich sofort auf Sie einlassen.«
»Aber?«, soufflierte sie und strich sich durch ihre offenen Haare.
»Aber ich habe ein Talent dafür, Frauen unglücklich zu machen. Ich schätze Sie zu sehr, um Sie unglücklich zu machen.« Damit stand er auf und deutete eine knappe, kaum sichtbare Verbeugung an. »Gute Nacht, Tony. Halten Sie sich besser fern von mir, so wie ich mich von Ihnen fernhalten werde.«
Er drehte sich sehr abrupt um und verließ mit schnellen, zielstrebigen Schritten die Hotelbar.
Tony starrte ihm verwundert hinterher. Automatisch suchte sie nach ihrer Tasche und kramte die Geldbörse heraus.
»Was auch immer der junge Mann Ihnen gesagt hat, die Rechnung geht auf mich«, sagte sie mühsam beherrscht zu dem Barkeeper. Der Mann hinter dem Tresen beäugte sie mit dem halb wissenden, halb mitfühlenden Blick derer, die beinahe jeden Abend Zeuge irgendwelcher Beziehungskrisen werden. Sie gab ihm ein großzügiges Trinkgeld und verließ das Hotel, ehe er auf die Idee kommen konnte, ihr Fragen zu stellen.
Die kalte Nachtluft empfing sie und beruhigte sie ein wenig. So eine dumme Ausrede für eine Abfuhr hatte sie schon lange nicht mehr gehört. Die Abfuhr kratzte an ihrer Ehre. Und sie machte sie unsicher. Normalerweise war sie es, die bestimmte, wo es langging. Normalerweise hatte sie die Kontrolle. Nur Wertinger drehte dieses
Weitere Kostenlose Bücher