Fesseln der Leidenschaft
und setzte sich mit ihr in die Mitte des Bettes, um durch das Fangen von Flöhen die Zeit totzuschlagen. Die Katze, die sich bei der Prozedur als Weibchen herausstellte, schien die Pflege zu genießen. Reina war so in ihre Arbeit vertieft, daß sie ihren Gatten nicht kommen hörte, aber das Tier hörte ihn. In der einen Sekunde schnurrte es noch genüßlich, in der nächsten zischte es bösartig, und Reina erntete einen scharfen Kratzer zum Dank für ihre Annahme, das Tier sei zutraulich.
Sie machte ein ungläubiges Gesicht, als die Katze von ihr fort und in Ranulfs Arme sprang. Da er sich nicht wunderte, war das wohl eine ganz normale Begebenheit. Doch Reina war ein wenig verärgert, während sie den Kratzer auf der zarten Innenseite ihres Schenkels rieb. Das war das letzte Mal, daß sie dem launischen Biest ihre Hilfe angeboten hatte, zumal seine Flöhe in ihrem Bett herumspaziert waren.
Da Ranulf sie keines Blickes würdigte und damit beschäftigt war, seinen Liebling zu begrüßen, schüttelte Reina die Leintücher aus. Dann kam Kenric unangemeldet herein, und die junge Frau schlüpfte schnell unter die Decke.
Wahrscheinlich würde sie sich daran gewöhnen müssen. Der Edelknabe hatte seine Pflichten zu erledigen, und eine davon war, ihrem Ehemann die Waffen abzunehmen und ihn zu entkleiden. Doch in Clydon hatte das Zimmer des Lords einen Vorraum. Vielleicht konnte sie Ranulf dazu überreden, sich dort entkleiden zu lassen; andererseits, dachte sie, als sie den Vorgang schweigend beobachtete, würde sie das möglicherweise gar nicht wollen.
Gütiger Himmel, waren diese Buckel unter dem Waffenrock echt? Sie wurden sichtbar, und Reina atmete tief ein. Sie waren tatsächlich echt, dicke Muskelstränge, die sich bei jeder Bewegung bauschten. Theo hatte versucht, Reina davon zu erzählen, aber sie hatte nicht hinhören wollen. Rundum goldene Haut und Schönheit, hatte er gesagt, und das war mehr als wahr. Reina verspürte eine winzige Eifersucht, daß Theo alles an diesem Mann gesehen hatte, während sie mit angehaltenem Atem auf das Fallen der letzten Hüllen wartete. Doch sie mußte sich in Geduld üben. Ranulf schickte Kenric weg und ging zu der Wasserschüssel, um sich zu waschen. Erst als er das Handtuch benützte, das von Reinas Gebrauch feucht war, schien er ihre Anwesenheit zu bemerken. Abrupt drehte er sich um und musterte sie mit seinen veilchenfarbenen Augen.
»Sie … schlafen noch nicht?«
Reina spürte, wie sich das kleine Samenkorn der Erwartung in ihrer Brust regte und dann erstarb. Sie hatte selbst gesehen, welchen Frauentyp er bevorzugte, und sie glich diesem Typ nicht im entferntesten. Natürlich hatte Ranulf gehofft, sie würde schlafen. Er hatte etwas versprochen, das er nun bereute. Warum sonst hätte er so lange gebraucht, zu ihr zu kommen?
Nun, sie würde nicht bleiben, so man sie nicht haben wollte. Die körperliche Vereinigung würde irgendwann stattfinden, aber erst dann, wenn sie beide sich an den Gedanken gewöhnt hatten.
Reina richtete sich in der Mitte des Bettes auf und empfand absurderweise etwas wie Enttäuschung, wo sie nur Erleichterung hätte spüren dürfen. »Nein, ich schlafe noch nicht«, sagte sie ruhig, doch mit erhobenem Kinn. »Ich habe gewartet, um von Ihnen zu hören, wo ich mich heute nacht zur Ruhe legen soll.« Mochte er es wagen, sie eine Lügnerin zu nennen!
Er nannte sie gar nichts, blickte sie nur entnervend lange an, und das Handtuch entglitt ihm unbemerkt.
Zu ihrer Überraschung – wie vielleicht auch zu seiner eigenen – erklärte er heiser: »Sie schlafen hier … bei mir.« Doch er starrte sie weiter an, als könne er seinen Augen nicht trauen. Dann zerrte er an dem Spitzenbesatz seiner Unterhosen, so daß er zerriß. Reinas Augen weiteten sich. Die junge Frau gewann den Eindruck, Ranulf wolle sich auf sie stürzen, und dieser Eindruck entsprach so ungefähr den Tatsachen. Der Riese sprang förmlich auf das Lager und drückte Reina mit einem Arm nieder. Ihr stockte der Atem, und im nächsten Moment büßte sie ihr dünnes Hemdchen ein.
»Warten Sie … «
»Sind Sie eine Jungfrau?«
Er wartete nicht auf ihre Antwort. Sie wußte, daß es ihm egal war, und das tat weh. Offenbar wollte er den Akt, wenn er ihn schon nicht vermeiden konnte, möglichst schnell hinter sich bringen. Warum sonst hätte er seinen Mund für eine schäbige Sekunde auf ihren gepreßt und sich in der nächsten über ihren Körper hergemacht? Nun, auch Reina konnte sich diese
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