Fesseln der Leidenschaft
Gesinnung zu eigen machen. Am besten, es war rasch vorüber, dann wußte die junge Frau, wie sehr sie das nächste Mal zu fürchten hatte – falls es ein nächstes Mal gab.
Reina bereitete sich darauf vor, zerquetscht zu werden, aber nichts dergleichen geschah. Sie spürte, wie er in sie eindrang, und es riß sie nicht entzwei, sondern es ging glatt und leicht. Hatte der Anblick seiner Schönheit auch ohne Berührung ihre Säfte fließen lassen? Sie war verblüfft und empfand ein bebendes Vergnügen, das keinem je erlebten Gefühl glich. Dann wurde sie in Stücke gerissen.
Seine zerstörerischen Lippen erstickten ihren Schrei. Wie er es schaffte, ihren Mund zu erreichen und gleichzeitig in ihren Leib einzudringen, wußte sie nicht. Vielleicht lag es daran, daß er hauptsächlich wegen seiner langen Beine so groß wirkte, oder daran, daß sich sein Rücken wie ein Bogen über ihr wölbte. Jedenfalls wurde sie noch immer nicht zerquetscht – ausgenommen ihre Lippen. Auf diesem Gebiet konnte der Mann ein paar Unterrichtsstunden gebrauchen. Aber sonst … Gütiger Himmel, was war es nur, was sie jetzt verspürte? Sie vermochte sich nur darüber zu wundern. Ihr Ehemann stöhnte laut. Für ihn war der Akt beendet.
16
Reina bewegte sich vorsichtig, um ihren Zustand zu überprüfen, doch sie war nicht wirklich verletzt. Ihre Lippen schmerzten, und zwischen ihren Beinen hatte sie ein wundes Gefühl, doch nichts war gebrochen, als Ranulf nach seinem Höhepunkt kurz über ihr zusammengeklappt war.
Sie war jedoch irregeführt worden. Wenda behauptete, ›es‹ sei wundervoll. Eadwina mußte dasselbe denken, weil sie es so oft und gerne tat. Reina würde das, was sie erlebt hatte, nicht als wundervoll bezeichnen, doch es war auch nicht so fürchterlich, wie sie es sich mit einem Riesen vorgestellt hatte. Nachdem sie nun ihre Jungfräulichkeit verloren hatte, vermutete sie, keine Angst mehr vor dem Beischlaf haben zu müssen, aber wünschenswert war er auch nicht gerade.
Sie kleidete sich schnell an, während ihr Mann weiterschlief. Ihn in seinem wehrlosen Zustand zu betrachten, regte ihre geistigen Fähigkeiten nicht an, dabei hatte sie eine Menge zu bedenken, vor allem, was sie Lord Simon erzählen sollte, der inzwischen bestimmt in Clydon eingetroffen war.
Die Unruhe im Lager hatte sie geweckt. Sie war vor das Zelt getreten und hatte bemerkt, daß fast hundert Männer sich auf den Tagesmarsch vorbereiteten. Hinter ein paar Büschen versteckt hatte sie ihre Notdurft verrichtet, und als sie zurückkehrte, brachte Lanzo ihr einen Becher Bier und ein Stück Brot, das einen Tag alt war. Sie dankte dem Jungen, schenkte ihm aber kein Lächeln, und er verschwand rasch wieder. Unter Ranulfs Anweisung mochte er die geschickte Handhabung von Waffen lernen, aber um seine ritterlichen Umgangsformen war es schlecht bestellt. Es würde nichts schaden, wenn die Knappen dachten, sie sei ihnen wegen ihrer Beteiligung an der Entführung noch böse. Beide mußten kapieren, daß die Kunst der Kriegführung allein noch keinen Ritter machte. Die soziale Tauglichkeit, Anstand und Höflichkeit einer Dame gegenüber, mußten geübt werden, besonders die Behandlung einer Dame zu allen Zeiten. Selbst während einer Entführung durften gewisse Regeln nicht verletzt werden, die Reina bitter vermißt hatte.
Erneut näherte sich ihr jemand, und diesmal war es die scheinheilige Katze, die der jungen Frau wieder um die Beine strich. Reina sah sie mit gefurchter Stirn an. »Aha, jetzt ist es so wieder recht, nicht wahr? Denkst du, ich würde dich nicht durchschauen?«
Als Antwort erklang ein Miau, dann sprang das Tier Lanzo entgegen, der ihm eine Schale mit Speiseresten hinstellte. Reina schüttelte den Kopf. Sie war sich nicht sicher, ob sie mit einer Katze dumme Spiele treiben wollte. Vielleicht würde sie es müssen, wenn ihr Ehemann beabsichtigte, das Tier nach Hause mitzunehmen.
Dann hörte sie ein Rumpeln im Zelt und ging hinein. Ranulf musterte sie argwöhnisch, als sie die Eingangsklappe öffnete und das helle Sonnenlicht eines schönen Frühlingsmorgens hereinließ.
»Wo ist Lady Ella?« fragte er in mürrischem Ton.
Reina erstarrte. »Ich wußte nicht, daß sich noch eine andere Dame im Lager aufhält.«
»Meine Katze«, erklärte er.
»Oh!« Reina war einen Moment sprachlos, dann fragte sie: »Sie haben Ihre Katze Lady Ella genannt?«
»Ja.«
Zum erstenmal entdeckte sie bei ihrem Mann einen vergnügten Gesichtsausdruck, der beinahe
Weitere Kostenlose Bücher