Fesseln der Nacht - Feehan, C: Fesseln der Nacht - Predatory Game
nehmen, denn das, was hier passiert war, war in seinen Augen untragbar.
»Kommt schon.« Er flüsterte die Worte leise vor sich hin. Kommt schon. Jetzt flüsterte er die Worte in seinem Geist und sandte sie hinaus, um seine Feinde zu drängen, ihn zu finden. Als sei seine Bitte erhört worden, wurde die Tür zum Keller aufgerissen.
Kommt schon, ihr Dreckschweine. Kommt rein. Lasst es uns hinter uns bringen.
Er verhielt sich vollkommen still und beobachtete, wie der Mann mit der Waffe in der Hand die Treppe hinunterschlich und dabei seinen Kopf von rechts nach links bewegte, da er den Keller mit den Augen absuchte. Während er die Stufen hinunterstieg, wurde das Licht von oben schwächer, und der Mann griff nach der Taschenlampe
an seinem Gürtel. Jesse warf das Messer, das er sich an sein Bein geschnallt hatte, so präzise wie immer, und der Mann stürzte zu Boden, seine Waffe schlitterte scheppernd die Treppe hinunter, und er schlug sich an jeder weiteren Stufe den Kopf an.
Jesse rollte seinen Stuhl so nah an ihn heran, dass er ihm den Puls fühlen konnte. Als er feststellte, dass er tot war, packte er den Mann am Arm und zerrte seine Leiche vom unteren Ende der Treppe fort. Es war nicht einfach, seinen Rollstuhl durch die Gegend zu manövrieren und dabei die Leiche festzuhalten, aber er musste sie schnell außer Sicht schaffen, denn andere würden nachkommen. Die offene Tür, die Stille und der Geruch nach Blut würden die anderen anlocken. Solange sie Jesse lebend wollten, hatte er eine Chance – mehr als nur eine Chance. Er würde sie alle töten, denn ganz gleich, was sonst noch geschah, würde er nicht zulassen, dass ihnen die Frauen in die Hände fielen.
Nachdem er die Waffe des Toten an sich gebracht hatte, legte er sie gegenüber der Treppe auf ein Regal und stellte den Rollstuhl in der Nische mit dem Heizkessel ab. Er glitt von seinem Stuhl und hob den Toten darauf. Zum ersten Mal seit langer Zeit war er dankbar dafür, dass seine Körperkraft durch die Genmanipulation gesteigert war. Auch wenn er noch so oft Gewichte hob, bezweifelte er doch, dass er stark genug gewesen wäre, um vom Fußboden aus einen ausgewachsenen Mann in seinen Rollstuhl zu setzen, aber die Kraft, die Whitney ihm verliehen hatte, erlaubte es ihm, den Toten mit Leichtigkeit hochzuheben. Für sich selbst hatte er gleich hier bereits den sichersten Ort im ganzen Keller gefunden, die dunkelste Stelle, die ihm gleichzeitig die beste Deckung bot.
Er hatte die Falle mit einem Köder versehen und brauchte jetzt nur noch zu warten, bis sie anbissen. Der Teufel brachte einen gern zum Schwitzen und sandte ihm Bilder von Saber und Patsy in den Händen von Irren. Sie waren bereits tot, schon allein für das, was sie Patsy angetan hatten. Wenn es sein musste, würde er sie einen nach dem anderen jagen und sie zur Strecke bringen. Und Saber … Sie hatte seinetwegen gelitten. Er würde diesen Ausdruck in ihren Augen nicht vergessen, als ihr klargeworden war, dass sie wieder töten musste.
Der Regen prasselte mit stetigen Geräuschen auf das Dach, und die Sekunden vergingen. Er hörte die ersten leisen Schritte und dann die Schritte eines zweiten Mannes.
»Henry? Bist du dort unten?«
Jesse blieb stumm, denn er wusste, dass den Männern der Geruch nach Blut nicht entgehen würde. Die offene Tür war eine Einladung. Er verhielt sich still und wartete geduldig. Schließlich hörte er, wie sie sich im Flüsterton miteinander berieten. Er lag einfach nur da und wartete. Sie würden kommen, weil sie kommen mussten. Sie hatten sich die Mühe gemacht, Patsy zu foltern, um an Informationen zu gelangen. Ihn würden sie mit Sicherheit wollen.
Eine Gestalt tauchte in der Tür auf, trat hastig zur Seite, kauerte sich hin und ließ den Strahl einer Taschenlampe durch den Keller gleiten. Jesse konzentrierte sich auf die Waffe, die er auf dem Regal abgelegt hatte. Sie hob sich in die Luft und schwebte ziemlich genau auf Höhe der Brust eines Mannes, bevor sie den Schuss abgab. Das Mündungsfeuer leuchtete hell, und die Taschenlampe fiel klappernd auf den Boden. Der Mann, der sie
gehalten hatte, umklammerte seine brennende Hand und fluchte, als der Kellerraum wieder in Dunkelheit getaucht wurde.
»Calhoun. Wir wissen, dass Sie dort unten sind. Kommen Sie aus Ihrem Versteck heraus, und lassen Sie Ihre Waffe fallen.« Die Stimme kam von außerhalb des Raumes.
Jesse warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Saber und Patsy sollten heil aus dem Haus
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