Fesseln der Nacht - Feehan, C: Fesseln der Nacht - Predatory Game
nicht schaffen, sie rechtzeitig in ein Krankenhaus zu bringen.«
»Was zum Teufel sagst du da?« Jesse verlor erstmals wirklich die Fassung. »Sie kann keinen Herzinfarkt haben, dafür ist sie noch zu jung.«
Der Rollstuhl raste durch den Keller herbei. Jesse beugte sich herunter und streckte im Dunkeln die Finger aus, um seiner Schwester den Puls zu fühlen. »Bist du sicher, Saber? Ich kann nichts erkennen.«
»Ja, ich bin sicher.«
»Dann tu etwas.«
Saber strich sich das Haar aus dem Gesicht zurück, ging in die Hocke und presste sich eine Hand auf die Stirn. Patsy brauchte schleunigst Hilfe. Der Feind suchte das Haus und das Grundstück ab und würde sie früher oder später finden. Jesse konnte nicht rennen. Patsy auch nicht. Sie saßen tierisch in der Patsche, es sei denn, das Schattengängerteam traf innerhalb von wenigen Minuten ein.
Saber holte Atem, stieß ihn aus und legte ihre Handfläche auf Patsys Brustkorb. Augenblicklich konnte sie fühlen, wie das Herz sich zusammenzog, sich verkrampfte und sich schwertat, statt gleichmäßig zu schlagen.
»Was tust du da?«, fragte Jesse. Seine Stimme klang barsch und krächzend.
»Das Einzige, was mir auf die Schnelle einfällt. Ich werde versuchen, ihrem Herzen wieder einen gleichmäßigen Rhythmus zu geben.«
»Durch einen Stromstoß?«
»Hast du eine bessere Idee?« Ihre Furcht machte sie schnippisch, und sie schämte sich sofort dafür. Sie konnte ihm nicht vorwerfen, dass er sie infrage stellte. Sie tötete Menschen, sie rettete sie nicht. »Entschuldige. Tu du doch, wovon du glaubst, dass es ihr helfen wird.«
Jesse verkniff sich eine bissige Erwiderung und unterdrückte den Drang, Saber zu befehlen, sofort von Patsy abzurücken. »Musst du dazu deinen Rhythmus mit ihrem synchronisieren? So funktioniert es doch, oder?«
»Ja. Und wir haben keine Zeit, darüber zu diskutieren.«
»Das Risiko ist zu groß für dich.« Er durfte sie unter gar keinen Umständen beide verlieren. »Gib sie mir, und wir machen uns aus dem Staub.«
»So viel Zeit bleibt ihr nicht mehr.« Saber ignorierte ihn, sog Luft in ihre Lunge und vertrieb mit tiefen Atemzügen ihre Furcht, Patsy versehentlich zu töten. Ihre Furcht, Jesse zu verlieren. Das Einzige, was im Moment zählte, war, Patsy das Leben zu retten. Und sie war Patsys einzige Chance. Sie würde ausnahmsweise versuchen, die Gaben, die sie besaß, dafür einzusetzen, jemandem zu helfen.
Sie fühlte den Ruck, als ihr eigenes Herz sich fest zusammenzog und von seinem Rhythmus abwich. Ihre Brust schmerzte schlimmer als erwartet, aber sie kämpfte dagegen an und konzentrierte sich auf ihren eigenen Rhythmus, der gleichmäßig und richtig eingestellt war.
Patsy bewegte sich schwach und hob ihre Hand, um sie auf Sabers Hand zu legen. Ihre Finger glitten flatternd über Sabers Handrücken, und Patsys Geist rieb sich an ihrem. Tränen brannten in Sabers Augen, als sie fühlte, dass Patsy die Notwendigkeit dieses Verschmelzens miteinander akzeptierte. Statt sich dagegen zu wehren, versuchte Patsy, sich über den Schmerz und die Angst zu erheben, um beim Zustandekommen der Verbindung zu helfen.
Einen Moment lang funktionierte es. Patsys Herz befolgte die Anweisungen und schlug wieder gleichmäßig, doch kurz darauf war der durchdringende Schmerz wieder da und hatte sie beide fest im Griff. Saber feuchtete sich die Lippen an, da ihr Mund plötzlich trocken war. Sie hatte keine andere Wahl. Wenn sie Patsy am Leben erhalten wollte, würde sie ihr Herz nur durch einen Schock dazu bringen können, wieder einen normalen Rhythmus anzunehmen.
Sie legte ihre andere Hand auf Patsys Hand, die einzige Warnung, und dann sandte sie den Stromstoß durch ihren Körper. Das Herz stotterte, rumpelte, griff den Takt auf und verfiel wieder in einen gleichmäßigen Rhythmus. Saber wartete, zählte stumm die Sekunden und nahm extrem deutlich Patsys Herz und die Ebbe und Flut des Blutes wahr, das durch ihre Adern strömte. Sie hatte keine Ahnung, dass sie vor sich hin redete, bis Jesse ihre Schulter berührte und sie zusammenzuckte und schockiert feststellte, dass sie selbst laut vor sich hin flüsterte: »Bitte, bitte, bitte!«
»Patsy?«, sagte Jesse leise. »Kannst du dich hinsetzen?«
»Noch nicht«, sagte Saber. »Lass ihr ein paar Minuten Zeit.«
So viel Zeit haben wir nicht, Kleines. Ich kann sie kommen hören. Ich kann die Tür ein paar Minuten gegen sie geschlossen halten, aber sie werden wissen, dass wir hier drinnen sind. Sie
Weitere Kostenlose Bücher