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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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seinem Kissen entströmte, und wünschte, es wäre bereits Nacht.
    Der Vormittag verstrich ohne Hast oder besondere Vorkommnisse, dennoch hatte Lucy das seltsame Gefühl, etwas Ungewöhnliches hege in der Luft. Diese Ahnung verstärkte sich, wurde beinahe zur Bedrohung, obwohl kein ersichtlicher Grund vorlag. Wieso erschien ihr heute alles ein wenig anders? Lucys Unruhe bestätigte sich kurz nach Mittag, als Bess aufgeregt in den Salon kam und sagte, Mr. Rayne sei vorgefahren. Lucy legte die Handarbeit beiseite und eilte durch die Eingangshalle zur Tür. Um diese Zeit kam Heath nur nach Hause, wenn etwas Besonderes vorgefallen war.
    »Cinda, ich erhielt soeben ein Telegramm im Büro« verkündete er ohne weitere Vorrede. »Ich habe nicht viel Zeit, um dir alles zu erklären … ich muss in ein paar Minuten fort.«
    »Du musst fort? Wohin denn?«
    »Nach Virginia.« Er nahm sie beim Arm und führte sie zur Treppe. »Komm mit mir nach oben und hilf mir beim Packen.«
    »Warum? Was ist geschehen?«, fragte Lucy atemlos, die Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten.
    »Dort unten geht alles drunter und drüber. Mein Halbbruder Clay ist vorgestern gestorben.«
    »O Heath … das tut mir Leid. Wann findet die Beerdigung statt?«
    »Sie war bereits heute.«
    »So schnell? Da blieb ja kaum Zeit, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen.«
    »Ich glaube nicht, dass man ein feierliches Begräbnis arrangiert hat«, entgegnete Heath düster und ließ ihren Arm los, als sie das Schlafzimmer betraten. »Verdammt, wo ist meine braune Reisetasche?«
    Lucy eilte zur Tür und rief nach unten: »Bess, bringen Sie bitte Mr. Raynes braune Ledertasche, die mit seinen Initialen. Sie muss in der Kammer unter der Treppe sein.« Sie wandte sich an Heath. »Aber nein, so faltet man keine Hemden. Sie verknittern ja. Lass mich das machen. Und bitte fluche nicht. Gütiger Himmel, wie viele Hemden nimmst du denn mit? Willst du lange bleiben?«
    »Ich weiß nicht, wie lange.« Heath fächerte seine Krawatten durch. »Meine kleine Schwester Amy hat das Telegramm geschickt. Allem Anschein nach hat meine Stiefmutter Victoria sich entschlossen, umgehend nach England abzureisen und Amy zurückzulassen.«
    »So kurz nach dem Tod ihres Sohnes? Ohne ihre Tochter? Das klingt nicht sehr vernünftig.«
    »Genau. Typisch für Victoria. Sie hat nie besonnen gehandelt. Und sie hat sich nie um jemanden gekümmert, auch nicht um ihre eigene Tochter. Der einzige Mensch, der ihr je etwas bedeutete, war Clay. Nun, da er gestorben ist, hält sie nichts mehr hier. Ihre Familie lebt in England, dort findet sie vermutlich Aufnahme.« Er verzog die Mundwinkel. »Um Victoria muss man sich keine Sorgen machen. Die fällt immer auf die Füße. Aber Amy ist allein mit einer abgewirtschafteten Plantage und einem Wust an Entscheidungen, die getroffen werden müssen.«
    »Allein? Was ist mit Raine?«
    Heath erstarrte. Es wurde sehr still im Zimmer. Er sah sie durchdringend an, als wolle er bis in ihre Seele sehen.
    Bess brachte die große Ledertasche.
    »Stellen Sie sie aufs Bett«, sagte Lucy leise, wandte sich Heath wieder zu und blickte ihm direkt in die Augen.
    »Was weißt du von Raine?«, fragte Heath ohne Umschweife, als Bess die Tür hinter sich zugemacht hatte.
    »Du hast ein paar Mal im Schlaf von ihr gesprochen.« Wie kannst du mir verschweigen, was zwischen euch war?, wollte Lucy hinausschreien, in der Wut hochzusteigen begann. Warum bist du nicht ehrlich zu mir? Als sie aber sprach, wunderte sie sich, wie ruhig und gleichmütig ihre Stimme klang. »Ich nehme an, sie ist deine Schwägerin? Oder gibt es da ein dunkles Geheimnis, das du mir verschweigst?«
    »Sie ist meine Schwägerin«, antwortete Heath knapp und widmete sich wieder der Auswahl seiner Krawatten.
    »Was ist nun mit Raine? Ist sie denn nicht bei Amy?«
    »Wahrscheinlich. Kannst du die Hose zusammenlegen? Ja, Raine ist bei Amy. Vermutlich wird sie zu Verwandten in Virginia ziehen. Wir müssen uns also nur um Amy kümmern.«
    »Ich hatte nicht die Absicht, mich um irgendjemand außer um Amy zu kümmern«, entgegnete Lucy kühl. Während sie die Hose faltete, spürte sie erneut Heath’ forschenden Blick auf sich. »Was wirst du also tun?«
    »Amy ist noch ein Kind, Cinda. Sie hatte nie wirklich eine Mutter. Victoria hat als Mutter versagt. Ich könnte bei den Prices in Raleigh anfragen, ob sie Amy aufnehmen. Leider war mein Vater das schwarze Schaf der Familie und ich fürchte, seine Tochter wird bei

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