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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Jugendträumen lassen konnte, jetzt da sie in greifbare Nähe gerückt waren? Wenn er zu der Einsicht gelangte, dass er nirgendwo glücklich sein konnte als im Süden? Lucy hatte den sichtbaren Beweis, welche Wirkung seine frühere Heimat auf ihn hatte. Bleich und abgezehrt war er aus Boston abgereist und als vitaler, lebenssprühender Mann aus Virginia zurückgekehrt.
    Vielleicht stimmte es, dass er dorthin gehörte, zu seinen Landsleuten. Vielleicht wollte er in der Welt leben, in die er hineingeboren war.
    »Was hat sie gesagt?«, wiederholte Heath drängend.
    Lucy konnte seine Fragen und ihre Zweifel nicht länger ertragen. Sie brauchte Zeit, um nachzudenken und sich zu sammeln. »Frag sie selbst. Ich bin müde. Ich brauche Ruhe.« Sie stand auf und wollte zur Tür, da sie es nicht länger ertrug, mit ihm in einem Zimmer zu sein.
    Heath bewegte sich so schnell, dass sie ihn nicht einmal hörte; er packte sie bei den Schultern und wirbelte sie herum. »Hör auf damit.« Er rüttelte sie. »Rede mit mir.«
    »Nein. Fass mich nicht an! Ich gehe zu Bett.«
    »Geh zu Bett, Mrs. Rayne. Aber du legst dich in dieses Bett.«
    »Nein!« Wütend versuchte sie, sich seinem eisernen Griff zu entwinden.
    Er rüttelte sie erneut, seine Finger gruben sich in ihr Fleisch. »Beruhige dich, du kleine Hornisse, sonst zwingst du mich, dich übers Knie zu legen.«
    »Aha! Du drohst mir also auch noch«, schrie sie mit schriller Stimme. »Lass mich los!« In blindem Zorn hämmerte sie mit geballten Fäusten auf ihn ein. Doch gegen seine Kraft war sie hilflos wie ein Kind. Wut und Demütigung schnürten ihr die Brust ein, sie hatte Mühe zu atmen. »Du bringst sie hierher und erwartest von mir, dass ich sie dulde … Das lasse ich mir nicht bieten! Es ist mein Heim, ich bin deine Frau und ich will sie nicht hier haben! Hörst du?« Ihre Stimme überschlug sich. »Schick sie weg. Ich will sie nicht länger unter meinem Dach haben!«
    Durch den Schleier ihrer Wut nahm sie verschwommen wahr, wie Heath sie erschrocken ansah.
    Was denkt er?, fragte sie sich und starrte ihn dumpf an, fühlte sich plötzlich unsagbar erschöpft. Er denkt, ich habe den Verstand verloren. Er fühlt sich von mir abgestoßen – ich weiß nicht mehr, wer ich bin. Was soll ich tun?
    Seine Augen waren dunkel vor Besorgnis. Er las Angst in ihrem Gesicht, Angst, die er nicht begriff und die er ihr nehmen wollte. Er zog sie an sich und schlang die Arme um sie, als wolle er sie vor einem Gewittersturm beschützen. Sie versuchte sich zu wehren, doch er zog sie enger an sich, drückte sie an seine warme, harte Brust.
    Ein Schauer durchflog Lucy, dann entspannte sie sich, atmete den Duft seiner warmen Haut ein. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie sehr sie seine Nähe brauchte, den Schutz seines Körpers. Niemand sonst auf der Welt konnte ihr diese Geborgenheit geben.
    »Heath …«
    »Still. Beruhige dich«, murmelte er. Lucy spürte das angenehme Kratzen seiner unrasierten Wange an ihrer Schläfe und allmählich flaute ihre Panik ab. Stumm lehnte sie sich an ihn und begriff, dass er sie nicht eher loslassen würde, bis sie ihm ihr Herz ausgeschüttet hatte. Es war ihr eine Erleichterung, sich ihm wenigstens für eine Weile zu überlassen.
    Als er spürte, dass sie sich entspannte, lockerte Heath seine Umarmung. »Du warst stark für mich, als ich dich brauchte«, sagte er ruhig. »Nun lass mich für dich stark sein. Sag mir, wovor du Angst hast, und ich sage dir, warum deine Angst unbegründet ist.«
    Sie wusste nicht, wo sie beginnen sollte. »Du bist mir so fremd, seit du zurückgekehrt bist. Du wirkst so gönnerhaft und Raine und Amy blicken zu dir auf und hängen an deinen Lippen … als wüsstest du alles.«
    »Tut mir Leid«, raunte er und lächelte wehmütig. Er hätte daran denken müssen, dass seine Art, mit Raine und Amy umzugehen, Lucy merkwürdig erscheinen musste … Lucy, die keine Erfahrung hatte mit weiblicher Koketterie und männlicher Überlegenheit, mit Ritualen, in denen Raine und Amy erzogen worden waren. In jenen unbeschwerten Tagen vor dem Krieg hatte er nicht einmal geahnt, dass es eine andere Form des Umgangs zwischen Männern und Frauen gab. Ein Mann hatte selbstverständlich vorzugeben, alles zu wissen, und eine Frau hatte selbstverständlich vorzugeben, ihm alles zu glauben. Einer Südstaatenfrau wäre niemals in den Sinn gekommen, die Eitelkeit eines Mannes zu verletzen, was immer sie von ihm denken mochte. Man behandelte einander

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