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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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seltsam prickelnde Empfindungen in ihr ausgelöst.
    »Tun Sie das nicht mit Ihrem Verlobten«, raunte Heath mit belegter Stimme. »Er wird fragen, wo Sie es gelernt haben.«
    Lucy wich ruckartig zurück, rutschte in die Ecke der Sitzbank und wandte das Gesicht ab. Ihre Lippen fühlten sich weich und geschwollen an; sie spürte immer noch das Kribbeln, das seine Zunge in ihrem Mund ausgelöst hatte.
    Wie konnte sie zulassen, dass er so etwas mit ihr machte? Schuldbewusst dachte sie an Daniel, der solch sündiges Tun niemals versucht und auch nicht gebilligt hätte. Sie und Daniel würden sich vermutlich nie mit offenem Mund küssen, auch nicht nach der Hochzeit. Daniel hatte ihr einmal gesagt, es gäbe zwei Arten von Frauen: Frauen, die Lust verkörperten, und andere, die die Liebe verkörperten. Und er hatte erklärt, sie gehöre zu der Art, die die Liebe verkörperten.
    »War das Ihrer Meinung nach ein echter Kuss?«, fragte Heath schmunzelnd. Lucy indes weigerte sich, ihn anzusehen, und blieb ihm die Antwort schuldig. »Nun gut, Süße … ich bringe Sie nach Hause.«
    Am Abend schaute Daniel vorbei. Sein Haus lag nur ein paar Gehminuten von der Gemischtwarenhandlung an der Hauptstraße entfernt. Seit Lucys Mutter vor einigen Jahren an Schwindsucht verstorben war, wohnten Lucy und ihr Vater im ersten Stock über dem Geschäft.
    »Ich hab noch etwas im Laden zu erledigen«, meinte Lucas Caldwell und zwirbelte die Spitzen seines schneeweißen Schnauzbarts hoch. Lucy schenkte ihm ein dankbares Lächeln im Wissen, dass er sie absichtlich ein paar Minuten mit Daniel allein lassen wollte. Ihre Augen folgten der leicht gebeugten Gestalt ihres Vaters, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann flog sie in Daniels Arme und schmiegte sich an ihn. Sie passten so gut zusammen. Er hatte genau die richtige Größe, um sich in seinen Armen geborgen und nicht bedroht zu fühlen. Sie passten zusammen, wie zwei ineinander verschränkte Hände. Selbst in ihrem Denken waren sie sich einig. Daniel war ihr bester Freund. Daran würde sich nichts ändern, auch nicht, nachdem sie Mann und Frau geworden waren.
    »Du hast mir so sehr gefehlt«, seufzte Lucy sehnsüchtig, spitzte die Lippen zum Kuss und spürte das vertraute Kitzeln seines Bärtchens. Einem unerklärlichen Impuls folgend öffnete Lucy den Mund, sehnte sich nach mehr als nur der Berührung seiner Lippen. Sie wollte ihn kosten, wollte leidenschaftlich von ihm geküsst werden, so wie sie am Nachmittag geküsst worden war. Vielleicht war Daniel bisher nur so zurückhaltend gewesen, um sie nicht zu erschrecken. Doch er reagierte nicht auf ihre sehnsüchtig geteilten Lippen, hob den Kopf und schob sie sanft von sich.
    »Du hast mir auch gefehlt«, sagte er und seine braunen Augen wanderten liebevoll über ihr Gesicht. »Ich habe mir Gedanken gemacht über unser Gespräch vor deiner Abreise …«
    »Ich habe auch nachgedacht. Es tut mir Leid, dass ich dich so bedrängt habe.«
    »Ich weiß, dass du den Wunsch hast, bald zu heiraten, und habe volles Verständnis dafür, meine Liebe ..
    Es ist auch mein Wunsch. Bald legen wir den Datum fest. Versprochen.«
    »Das sagst du seit drei Jahren.«
    »Wir können nicht heiraten, bevor ich dir ein sorgen freies und unbeschwertes Leben bieten kann …«
    »Mir genügt ein kleines Heim, ich will kein großes protziges Haus. Ich sehne mich so sehr danach, mit dir zusammen zu sein. Ich begreife nicht, wieso du nicht einmal in Erwägung ziehen willst, vorläufig hier bei meinem Vater oder bei deiner Familie zu wohnen – nur so lange, bis wir uns ein Haus leisten können.«
    »Es ist eine Frage des Stolzes und das ist mein letzte Wort.«
    »Kannst du deinen Stolz nicht eine Minute vergessen und mir zuhören? Viele junge Ehepaare wohnen anfangs bei Eltern oder Schwiegereltern oder begnügen sich mit einem kleinen Haus und bauen später ein größeres. Warum bist du nicht bereit, Zugeständnisse zu machen? Ich will so nicht weiter leben.« Mit bebender Stimme setzte sie hinzu: »Ich fühle mich einsam.«
    Ein erstaunter Zug huschte über sein streng geschnittenes Gesicht, doch er legte ihr beschwichtigend die Hände auf die Schultern. »Wie kannst du nur so reden? Du bist ständig mit Menschen zusammen. Und wir sehen uns täglich.
    Wir besuchen Tanzveranstaltungen und Vorträge.«
    »Man kann sich auch unter vielen Menschen einsam fühlen. Ich komme mir unnütz vor. Ich gehöre zu niemand.«
    »Du hast deinen Vater …«
    »Vater hat

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