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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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ein weißes Kleid verzichten. Sie hatte immer noch ihren Stolz, egal, wen sie heiratete.
    Sie entschied sich schließlich dafür, das weiße Unterkleid zu tragen und es mit einem Überwurf aus rosafarbenem Crepe de Chine und rosa Moosröschen zu schmücken. Da ihr Vater darauf drängte, die Hochzeit habe so schnell wie möglich stattzufinden, fertigte die Schneiderin das Kleid binnen einer Woche und lieferte es rechtzeitig zum Hochzeitstermin ab.
    Es ging alles so schnell, dass Lucy keine Zeit blieb, sich in Ruhe hinzusetzen und nachzudenken. Ihre Sachen mussten gepackt, eine bescheidene Brautausstattung bestellt werden, Einkäufe waren zu tätigen. Lucy traf alle Vorbereitungen ohnefremde Hilfe, weigerte sich eigensinnig, zaghafte Angebote von Sally und anderen ehemaligen Freundinnen anzunehmen. Sie hatte das Gefühl, die Ereignisse nur durchstehen zu können, wenn sie alles selbst in die Hand nahm und sich gegen den Rest der Welt mit Trotz wappnete. Sie konnte Sally ihre Klatschsucht nicht verzeihen, genauso wenig wie sie den anderen Mädchen ihre hochnäsige, herablassende Behandlung verzeihen konnte. Nein, es gab ihr ein gewisses Maß an Genugtuung, ihren Groll zähneknirschend mit sich herumzutragen.
    Während des letzten Tages, den sie in ihrem Elternhaus verbrachte, wanderte Lucy ziellos von einem Raum in den anderen und verabschiedete sich von Gegenständen, die ihr ans Herz gewachsen waren. Das meiste, was sie mit in ihr neues Heim nehmen wollte, war bereits in Kisten und Truhen verpackt, die zu dieser Stunde von ihrem Vater zum Haus von Heath Rayne gefahren wurden. Die Räume wirkten kahl ohne ihre lieb gewonnenen Nippessachen, mit denen sie die Wohnung geschmückt hatte. Sie fragte sich, ob ihrem Vater die Leere auffallen würde. Sollte er allerdings bemerken, wie leer das Haus ohne sie war, würde er kein Wort darüber verlieren. Es war nicht seine Art, über derlei Dinge zu sprechen.
    Sie ließ den Blick über die aufgereihten Gegenstände auf dem Kaminsims schweifen und verweilte an einer kleinen Porzellanfigur, eine Dame im Empirekleid mit hochgezogener Taille, deren Schuhspitzen und Schärpe vergoldet waren. Die Farbe war vom Alter an einigen Stellen abgerieben. Das Figürchen hatte einst ihrer Mutter gehört. Lucy wurde sich plötzlich bewusst, dass sie kein Andenken an sie eingepackt hatte. Zögernd nahm sie die Figur vom Sims, wickelte sie in ihr Taschentuch und steckte sie in ihr Retikül, wobei sie ein schlechtes Gewissen hatte, etwas zu nehmen, was ihr nicht gehörte. Wie hätte Anne Caldwell die missliche Lage ihrer Tochter beurteilt? Wäre ihr das Herz gebrochen vor Gram, weil Lucy einen Südstaatler heiratete? Wohl kaum. Anne hatte selbst gegen den Willen ihrer Familie einen Mann geheiratet, den ihre Eltern missbilligten. Vielleicht hätte sie Verständnis für ihre Tochter gehabt.
    Lucy setzte sich an den Sekretär ihres Vaters und gestattete sich, zum ersten Mal seit Tagen an Heath zu denken.
    Sie hatte ihn seit jenem denkwürdigen Abend, an dem sie seinen Antrag angenommen hatte, nicht gesehen und nichts von ihm gehört. Sie fragte sich, wie er reagieren würde, wenn ihr Vater Kisten und Truhen mit ihrer Habe bei ihm ablud. Das kleine Haus würde durch die hübschen Dinge, die sie zum Hausrat beisteuerte, nur gewinnen.
    Das blau-weiß bemalte Tafelservice, die bunten Patchworkdecken, die spitzenbesetzte Bettwäsche, die bestickten Tischtücher, die sie für ihre Aussteuer in jahrelanger Arbeit angefertigt hatte in der Erwartung, ihr gemeinsames Heim mit Daniel zu schmücken. Die Initialen L. C., die sie in jedes Wäschestück gestickt hatte, standen nun nicht mehr für Lucy Collier, sondern für Lucy Caldwell.
    Einem plötzlichen Impuls folgend, legte sie sich einen Briefbogen zurecht, tauchte die Feder ins Tintenfass und schrieb mit gestochener Handschrift Lucy Caldwell.
    Und darunter Lucy Rayne. Vielleicht wäre Lucy Caldwell-Rayne passender? Nein, die kürzere Version klang eindrucksvoller. Eigentlich kein hässlicher Name, dachte sie und blickte sinnend auf ihre Unterschrift. Nein, er klang nicht schlecht. Plötzlich zerknüllte sie das Blatt, ließ den Kopf auf den Arm sinken und weinte hemmungslos.
    Am frühen Nachmittag ihres Hochzeitstags drehte Lucy sich in ihrem rosa-weißen Brautkleid prüfend vor dem Spiegel. Sie hatte zwei Stunden für ihre Toilette und die kunstvolle Frisur gebraucht. Doch so oft sie sich auch in die Wangen kniff, sie wollten sich nicht rosig färben. Das

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