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Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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durchdrang.
    Sir Gideon hob einen schweren Weidenkorb voller Lebensmittel hinten aus der Kutsche. Ihr Magen knurrte, wie sie beschämt feststellte. Ihre Stiefbrüder hatten sie in der Hoffnung, Hunger würde ihren Widerstand untergraben, nur mit dem Notwendigsten versorgt.
    Sie aßen schweigend. Während sie alle vier um das fröhlich vor sich hinknisternde, kleine Feuer saßen, machte Charis sich auf weitere Fragen gefasst. Welche auch immer. Doch ihre Begleiter schienen ihre Lügen erstaunlicherweise für bare Münze zu nehmen. Die Schuld aber lag wie ein Stein in ihrem gefüllten Magen, und sie schob die Schweinefleischpastete weg, von der sie kaum gegessen hatte.
    »Geht es Ihnen besser?«, fragte Sir Gideon sie, dem ihre plötzliche Stille aufgefallen war. Natürlich war es ihm aufgefallen. Er hatte sie ja auch während des Essens die ganze Zeit durch die Flammen hinweg beobachtet. Er saß ihr genau gegenüber, rechts und links von ihm Tulliver und Akash.
    »Ja, danke.«
    Überrascht stellte sie fest, dass es stimmte. Ihr Gesicht brannte nicht mehr so schlimm, und der Schmerz in ihrem Arm hatte sich von einem durchdringenden, quälenden Stechen in ein entferntes Pochen verwandelt. Sie nippte an dem Rotwein aus dem Becher, den Sir Gideon ihr gegeben hatte. Die Männer mussten sich mit der Flasche begnügen. Es fühlte sich eigenartig intim an, ihre Lippen an etwas zu führen, an dem die von Gideon schon einmal gewesen waren. Fast wie ein Kuss. Der Gedanke ließ sie erröten, auch kribbelten ihre Lippen, als ob sie tatsächlich die seinen streiften.
    Tulliver ging nach dem Abendessen zurück zu den Pferden, während Akash und Sir Gideon aufräumten. Charis runzelte die Stirn. Konnte Gideon wirklich ein Mann ihres eigenen Standes sein, wenn er solch profane Aufgaben verrichtete? Er schien sich eigenartigerweise in diesem primitiven Umfeld wohlzufühlen. Ihre Stiefbrüder würden nicht im Traum daran denken, sich durch das Abwaschen eines Tellers oder das Anzünden eines Feuers die Hände schmutzig zu machen. Die Dienerschaft war da, um zu dienen. Die feine Gesellschaft war dazu da, bedient zu werden.
    Die Beziehung zwischen den beiden Männern war genauso rätselhaft. Tulliver schien ein freundschaftliches Verhältnis mit seinen beiden Herren zu pflegen. Akash stand bestimmt ebenfalls in Gideons Diensten, auch wenn er und Sir Gideon sich gegenseitig wie ihresgleichen behandelten.
    Gideon hielt ihr die Tür zur Kutsche auf, half ihr aber wieder nicht hinein, wie es sich für einen Gentleman gehört hätte. Aber nicht für ihn. Stattdessen trat Akash vor und half ihr in die Kutsche. Mit dem Mantel, der locker um ihre Schultern hing, und der Schlinge um ihren Arm wäre sie ansonsten nicht hineingekommen.
    »Miss Watson.«
    »Danke, Akash«, murmelte sie und bekam fast nicht mit, als er sich wieder entfernte.
    Denn ihr Blick lag gebannt auf Sir Gideon, der draußen wartete. Eine Wolke hatte sich vor den Mond geschoben und tauchte sein bemerkenswertes Gesicht abwechselnd in Licht und Schatten. Immer noch schön, aber finster.
    Sie zitterte. »Wer sind Sie?«, fragte sie flüsternd und sank auf ihren Sitz.
    »Wer sind Sie?« Sein dunkler Blick blieb auf sie gerichtet, während er den Platz ihr gegenüber einnahm, mit dem Rücken zu den Pferden, so wie es sich für einen Gentleman gehörte.
    Um sich gegen die beißende Kälte des frühen Morgens zu schützen, schlug Charis den Mantel um sich und brachte ihren verletzten Arm in eine bequemere Position. »Ich habe zuerst gefragt.«
    Das war eine kindische Antwort, und als seine Mundwinkel zuckten, wusste sie, dass er sie als solche aufgefasst hatte. Wie der Rest seines Gesichtes war auch sein Mund perfekt. Eine gerade, gut geschnittene Oberlippe, die Charakter und Integrität verriet. Eine vollere Unterlippe, die …
    In ihr rumorte und schwelte etwas, während sie ihn in der aufgeladenen Stille anstarrte. Was für ein Zeitpunkt, jetzt zu realisieren, noch nie zuvor mit einem Mann alleine gewesen zu sein, außer mit einem Verwandten. Der Moment barg eine Gefahr, die mit ihrem Bestreben, Felix und Hubert zu entkommen, nichts zu tun hatte.
    »Ich heiße Gideon Trevithick.« Er hielt kurz inne, als ob er eine Antwort erwartete, doch der Name sagte ihr nichts. »Von Penrhyn in Cornwall.«
    »Ist der Familiensitz berühmt?« Vielleicht erklärte das seine Reaktion.
    Wieder lächelte er ironisch. »Nein. Das sind zwei Fragen. Ich bin an der Reihe.«
    Sie erstarrte, doch damit

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