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Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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hatte.
    Wäre er ein normaler Mann.
    Obwohl er sich, verdammt noch mal, in diesem Moment wie ein ganz normaler Mann fühlte. Wie ein von Lust überwältigter Mann. Einer, der die Frau küsste, die er mehr als sein eigenes Leben wollte.
    Fragen über Fragen schwirrten in seinem Kopf. War ein Wunder geschehen? Hatte glühendes Verlangen die Geister von Rangapindhi schließlich doch noch bezwungen?
    Seine ausgehungerten Sinne nahmen Sarah in ihrer ganzen Pracht wahr. Ihre Hände, die sich um seinen Nacken schmiegten. Ihre weichen Brüste, die sich gegen seinen Brustkorb pressten. Der Nelkenduft. Der Geschmack ihres Mundes, so frisch wie das Meer und so heiß wie Feuer.
    Ihre Wärme war herrlich. Erstaunlich.
    Er bewegte seine Lippen fordernder. Ein Schauer der Erregung durchfuhr sie, und sie drängte sich noch enger an ihn. Er gab sich dem überwältigenden Genuss hin.
    Es war zu spät .
    Grausame, ihn zerfleischende Geister drängten sich an die Oberfläche. Ihr festes, junges Fleisch verwandelte sich in seinen Handflächen zu einer kalten, schleimigen Masse. Ihr saftiger, gegen seine Lippen gepresster Mund verzerrte sich zu einem weit aufgerissenen Grinsen. Die süßen Düfte der Blumen und des Meeres versanken im Gestank der Verwesung.
    Verzweifelt kämpfte er gegen die aufkommende, ihn erstickende Schwärze an. Nein, das durfte jetzt nicht passieren. Lieber Gott, nicht jetzt. Nicht, wenn er sie endlich in Armen hielt.
    Seine Muskeln verkrampften sich schmerzhaft. Die albtraumhaften Bilder raubten ihm das Bewusstsein. Er zerrte seinen Mund von ihrem. Er zitterte wie ein tollwütiger Hund. »Lass mich los«, brachte er würgend hervor.
    Sie schien nicht zu hören. Stattdessen kam sie näher.
    Er konnte das nicht mehr ertragen. Er musste damit aufhören.
    »Verdammt noch mal, ich habe gesagt, du sollst mich loslassen«, schnauzte er sie an. Mit zittrigen Händen riss er ihre Arme umbarmherzig von seinem Nacken.
    Sie wehrte sich, obwohl es ihr wehtun musste. »Nein. Bitte, Gideon, nein.«
    Seine Stimme überschlug sich vor Verzweiflung. »Verflucht noch mal, Sarah, lass mich.«
    Über die in seinem Kopf schreienden Teufel hinweg spürte er ihre plötzliche Stille.
    Sie wich so weit zurück, dass er den blanken Schmerz in ihren Augen sehen konnte. Und auch die ihr allmählich dämmernde Erkenntnis, dass er es ernst meinte.
    Dennoch gab sie ihn nicht frei.
    Er schob sie unerwartet grob aus dem Weg und ging zur Treppe. Er musste wieder durchatmen. Er musste allein sein. Beißende Übelkeit stieg in ihm hoch. Seine Hände zitterten so fürchterlich, dass er sich nicht traute, die Kerzen hochzuheben.
    »Warte.«
    Er versuchte, ihre herausgestoßene Bitte nicht zu beachten. Alles in ihm drängte nach Flucht.
    »Bitte, geh jetzt nicht einfach so.« Über das Rauschen in seinen Ohren hinweg hörte er, wie sie ihm hinterhereilte. Gegen seinen Willen blieb er stehen und zog die Schultern gegen sie hoch.
    »Tu das nie wieder.« Seine Stimme klang heiser. Er öffnete und schloss die geballten Fäuste in einem irrwitzigen Rhythmus.
    »Ich verstehe das nicht.«
    Sein Herz litt Höllenqualen, als er die Bestürzung und Verzweiflung in ihren Worten hörte. Er hatte sie verletzt und bedauerte es aus tiefster Seele.
    O Sarah, Sarah, was hat dein Leichtsinn bloß angerichtet?
    »Das weiß ich.« Er konnte es immer noch nicht ertragen, sie anzusehen. Er konnte es kaum ertragen, die gleiche Luft wie sie zu atmen. »Aber ich tu es auch nicht, nicht wirklich.«
    Ihm tat alles weh, als hätte er Fieber. Nur der letzte hartnäckige Rest des Trevithickstolzes ließ ihn aufrecht stehen. Er bekam zumindest jetzt, da sie ihn nicht mehr berührte, die Übelkeit wieder etwas in Griff. Müsste er sich auch noch vor ihren Augen übergeben, wäre das für ihn die endgültige Niederlage.
    »Liegt es an mir?« Ihre Stimme zitterte vor Kummer. »Du sagst die ganze Zeit, es wäre nicht so.«
    Er wünschte sich nichts mehr, als dass sie eine andere Frau wäre. Eine, die erröten und davonstürzen würde, um ihre Erniedrigung zu verbergen. Doch eine andere Frau würde nicht mit einer solchen Energie ihr Ziel verfolgen.
    Wie töricht dieses auch immer war.
    »Nein«, presste er heraus. Das Pochen seines Herzens war so heftig wie die Brandung nach einem gewaltigen Sturm und ließ nichts zu ihm durchdringen.
    Außer Sarah.
    Er war sich schmerzhaft bewusst, dass sie hinter ihm stand. Dass sie nach Atem rang. Dass sie den Tränen nahe war.
    »Ich glaube dir nicht.

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