Fesseln der Sünde
vorging. Er kannte die Trevithicks schon sein ganzes Leben und war sich ihres Einflusses vor Ort bewusst. Die Farrells konnten mächtige Männer im Land sein, aber sie lebten nicht vor seiner Haustür.
»Mylords, es gibt keinen Grund, unhöflich zu sein.« Sir John sah Gideon geradezu flehend an. »Wenn Sir Gideon uns sein Wort gibt, dass das Mädchen, von dem Sie glauben, es sei Lady Charis, in Portsmouth weggelaufen ist, müssen wir uns damit zufrieden geben.«
»Das ist nicht zu fassen«, wandte Burkett ein und machte einen bedrohlichen Schritt in Richtung Gideon. Seine herunterhängenden Hände gingen auf und zu, so als ob er sich zurückhalten müsste, ihn nicht zu packen und die Wahrheit aus ihm herauszuprügeln. Arme Charis, abhängig von der Gnade dieses brutalen Kerls. Gideon konnte die Vorstellung kaum ertragen. »Sie ist die reichste Erbin Englands. Er rückt sie nicht heraus, um seinen eigenen Vorteil daraus zu ziehen.«
Die reichste Erbin Englands? Verflixt noch mal, in was war er hier hineingeraten?
Das verfluchte Mädchen hatte so einiges vor ihm geheim gehalten. Doch nichts davon konnte ihn von seinem Entschluss abbringen, ihr zu helfen. Er würde den Farrells nicht einmal eine herumstreunende Katze aushändigen, geschweige denn eine Frau, die er verehrte … und um die er sich sorgte.
»Zweifeln Sie etwa an meinem Wort, Sir?« Gideon erhob sich zu seiner vollen Größe.
Burkett war groß und kräftig, doch Gideon überragte ihn noch um mehrere Zentimeter. Außerdem hatte ihn das jahrelange Leben in endloser Gefahr gestählt. Burkett flößte ihm in keiner Weise Angst ein. Er wäre mit diesem riesigen Raufbold im Handumdrehen fertig.
Wie Gideon erwartet hatte, gab Burkett klein bei. »Sie haben uns nicht Ihr Wort gegeben.« Er klang beleidigt.
Gideons Stimme war fest. »Ich gebe Ihnen mein Wort. Das Mädchen, das ich als Sarah Watson kennengelernt habe, lief in Portsmouth weg. Es ist übrigens nicht einmal sicher, ob das junge Ding tatsächlich Ihre Schwester ist.«
»Wie sah sie aus?«, fragte Lord Felix.
»Klein, dünn, viele Prellungen. Helles, braunes Haar. Sprach mit einem derben Akzent.« Möglicherweise hatte jemand Charis von nahem gesehen. Er konnte sich nicht zu weit von der Wahrheit entfernen, ohne ihr Misstrauen zu erwecken. »Ich kann mir sie beim besten Willen nicht als reiche Erbin vorstellen. Ihr Kleidung war schäbig, und ihr Benehmen bedauernswert.«
»Sie hat Ihnen etwas vorgespielt«, fügte Felix beharrlich an.
»Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass sie sich nach dem Handgemenge davongemacht hat und ich sie seitdem nicht mehr gesehen habe. Wenn Sie glauben, dieses Mädchen ist wirklich Ihre Schwester - woran ich meine Zweifel hege -, sollten Sie Ihre Suche auf Portsmouth konzentrieren.«
»Können wir uns im Haus umsehen?«, fragte Burkett hartnäckig.
»Um Gottes willen, nein«, fuhr Gideon ihn an. »Der Teufel soll mich holen, wenn ich für die sinnlose Suche nach einem Spatzenhirn in einem Musselinkleid zwei Fremde durch meine Privaträume marschieren lasse.«
Burkett blähte seine beeindruckte Brust auf. »Sie beleidigen meine Schwester, Sir.«
»Das tue ich nicht. Verdammt noch mal, ich kenne Ihre Schwester nicht. Was ist aus dieser Welt nur geworden, wenn ein Mann auf seinem eigenen Grund und Boden belästigt wird, weil er einem Dienstmädchen Hilfe angeboten hat.«
»Sir Gideon hat uns sein Wort gegeben«, sagte Sir John begütigend. »Das wird sicherlich genügen.«
Felix breitete die Hände aus, um seine gutwilligen Absichten erkennen zu lassen. »Sir John, wir handeln nur aus brüderlicher Besorgnis. Wenn wir uns davon überzeugen können, dass sie nie in diesem Haus gewesen ist, werden wir Sir Gideon für ewig dankbar sein, uns bei ihm entschuldigen und ihn in Frieden lassen.«
O Gott, was war der junge Farrell doch für ein Schleimer. Er hörte sich so vernünftig an. Wenn Gideon die Blutergüsse in Charis’ Gesicht nicht gesehen hätte, würde er den Einwänden dieser heimtückischen Person fast Glauben schenken.
»Sicherlich werden Sie unter diesen Umständen …« Sir John schaute hoffnungsvoll zu ihm hinüber.
Zeit, die Trumpfkarte seines Heldenstatus auszuspielen. Gideon richtete sich auf, aus seiner Antwort klang Empörung. »Als ich dieses Land verließ, um in seinem Dienst mein Leben zu riskieren, war ein Engländer in seinem Heim noch der König. Schon aus Prinzip muss ich mich dieser ungeheuerlichen Verletzung meiner Rechte
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