Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln der Unvergaenglichkeit

Fesseln der Unvergaenglichkeit

Titel: Fesseln der Unvergaenglichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Kolb
Vom Netzwerk:
Jahren gut befreundet. Er ist zehn Jahre älter als ich und lebt seinen eigenen Stil.«
    Sie prüfte verstohlen ihre Frisur im Fensterglas. Die offenen Haare passten zu ihrem schwarzen Kleid, das eine Schulter freiließ und mit seiner asymmetrischen Form nicht zu klassisch war. Sie hasste es, brav zu wirken.
    Die Bronx empfing sie mit ihrer düsteren Atmosphäre. Aiyana blickte aus dem Fenster, konnte sich nicht vorstellen, warum Karl seine Galerie hier oben hatte. Die Häuserreihen sahen ungepflegt aus und Abfall lag überall verstreut. Leonardo parkte seinen Wagen in einer kleinen Nebenstraße. Er legte den Arm um Aiyana und führte sie zurück zum Broadway. Zielsicher steuerte er auf ein hohes, weißes Gebäude zu, das aussah, als wäre es eine Lagerhalle. Neben der Eingangstür aus Holz, die blau gestrichen nicht zu übersehen war, hing ein Plakat mit dem Namen Karl Meyer, das ein Graffiti Künstler kunstvoll gestaltet hatte. Sie betraten die Galerie, in der es nach teuren Parfüms roch. Der große Raum, der nur einer von vielen zu sein schien, war zur Hälfte gefüllt. Die Besucher standen und diskutierten vor den Kunstwerken, die Aiyana mit ihren Mischformen aus Bildern, Videos und Skulpturen sofort in ihren Bann zogen. Ein Mann mit knallroten Haaren und engen silbernen Hosen kam auf sie zu. Aiyana verstand, was Leonardo mit Karls eigenem Stil gemeint hatte. Die Gäste, die zum Teil so verrückt angezogen waren, dass sie verkleidet wirkten, wichen ihm aus.
    »Was für eine Überraschung. Der Vertreter der arrivierten Kunst gibt uns die Ehre in beneidenswerter Begleitung.«
    Leonardo umarmte Karl. »Darf ich dir Aiyana vorstellen?« Er legte seinen Arm besitzergreifend um ihre Schulter.
    »Willkommen schönes Kind.« Karl ergriff ihre Hand.
    Aiyana erstarrte. Sie erkannte das neblige Gefühl sofort wieder. Ein kalter Schauder kroch ihr über den Rücken. Karl war ein Wesen, es bestand kein Zweifel. Sie hatte bis vor Kurzem nichts über die Wesen gewusst. Seit ihrer Rettung durch Leonardo begegneten sie ihnen überall. Leonardo schien ein Teil von ihnen zu sein, auch wenn er sich für sie nicht wie ein Wesen anfühlte.
    Karl hängte sich bei Leonardo ein. »Du musst mir unbedingt sagen, was du von meiner neusten Entdeckung hältst. Der Künstler heißt Raven Jenkins und ich habe drei seiner besten Gemälde im letzten Raum aufgehängt.«
    »Raven Jenkins habe ich vor einer Woche getroffen. Ic h habe ihm eine Einzelausstellung angeboten, er hat sie abgelehnt.«
    »Wie abgelehnt?« Karl sah Leonardo an. Sein großer Mund stand offen.
    »Er hat mir gesagt, er wolle selbst entscheiden, wo er ausstelle.«
    »Was hat er damit gemeint? Seine Werke sind großartig.«
    Karl trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Ich werde mit ihm sprechen, obwohl ich nicht weiß, ob ich zu ihm durchdringe. Er ist sehr verschlossen. Niemand weiß, woher er kommt und wie er wirklich heißt. Was im Prinzip nicht so wichtig ist. Aber eine Einzelausstellung bei den Viscontis abzulehnen, das ist das Verrückteste, das ich je gehört habe.« Karl schüttelte den Kopf. »Das muss ich erst verdauen. Aber ihr zwei amüsiert euch bitte. Die Werke habe ich in minutiöser Arbeit zusammengesucht.« Karl sah Leonardo vielsagend an und ging dann zu einem platinblonden Hünen, der ihm energisch zuwinkte.
    »Wie viele Räume gibt es hier?« Aiyana hielt Ausschau nach dem Durchgang zu den nächsten Räumlichkeiten.
    »Lass dich überraschen. Komm, ich zeige dir alles.« Leonardo führte sie als Erstes zu einer Videoinstallation. Aiyana konzentrierte sich auf das Kunstwerk, doch ihre Gedanken schwirrten umher. Ihre Konzentration wurde durch das Flimmern in der Luft gestört, das von den Besuchern ausging. Der Ort erschien ihr auf einmal beängstigend. Verstohlen beobachtete sie die Menschen und gab auf ihre Empfindungen acht. Sie fröstelte. Die Haare auf ihren Armen stellten sich auf. Sie wagte nicht, Leonardo anzusehen, wusste, dass sie mit ihrer furchtbaren Entdeckung recht hatte. Mindestens die Hälfte der Besucher bestand aus der nebulösen Substanz, die sie mehr fühlen als sehen konnte. Ihr Magen rebellierte. »Ich muss auf die Toilette.«
    »Geht es dir gut?«
    »Ja, mach dir keine Sorgen, mein Magen scheint ein Problem zu haben.«
    »Ich warte hier auf dich.« Leonardo blickte auf das farbige Pendel, das sich in einem eigenen Rhythmus vor der Installation bewegte.
    Aiyana drängte sich durch die Menge, fand den grünen Pfeil, der den

Weitere Kostenlose Bücher