Fesseln der Unvergaenglichkeit
Leonardo Raven verblüfft ansah. Sie ahnte, dass Leonardos Angebot für Raven eine große Chance bedeutete. Warum nutzte er sie nicht?
Moira erhob sich. »Raven, das ist Leonardo Visconti persönlich, der dir dieses Angebot macht. Ich glaube dir nicht, wenn du jetzt behauptest, dass du die Visconti Galerien nicht kennst. Wenn Leonardo dir eine Einzelausstellung anbietet, gehörst du nachher zu den angesehensten Künstlern von Amerika.«
Raven sah Moira an. Ein harter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Ich ändere meine Meinung nicht. Ich komme gern in deine Sendung, wie wir es vereinbart haben, aber überlass bitte mir die Entscheidung, wo ich meine Bilder ausstelle.«
Moira sah Raven kopfschüttelnd an. »Ich habe mich getäuscht. Ich dachte, jeder Künstler träumt davon, eines Tages in den Visconti Galerien auszustellen. Darum habe ich Aiyana ermuntert, Leonardo mitzubringen.«
Leonardo drehte sich zu Raven. »Ich gebe dir meine Karte. Vielleicht änderst du deine Meinung.«
Aiyana starrte auf die Hände, die sich berührten. Ihr Blut stockte. Für einen Moment gab es eine Verbindung zwischen ihnen, sie begegneten sich auf einer Ebene, die den Menschen nicht zustand. Sie zogen ihre Hände gleichzeitig mit einer fließenden Bewegung zurück, was ihnen etwas Animalisches, Raubtierhaftes gab. Aiyana stand auf und blieb wie versteinert stehen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Warum fühlte sie Leonardos Gefühle und Ravens nicht? Sie schüttelte ihren Kopf. Leonardo konnte kein Wesen sein.
Moira schüttelte Raven die Hand und küsste ihn auf die Wange. »Wir treffen uns nochmals im Studio vor der Sendung, um die Einzelheiten durchzugehen.«
Raven nickte Moira zu, dann sah er Aiyana an. »Ich freue mich darauf, dich wiederzusehen.«
Aiyana unterdrückte den Impuls, zusammenzuzucken, als er ihr seine Hand reichte und das durchlässige Gefühl sie durchdrang. »Ich bin froh, dass wir uns vor der Sendung getroffen haben.« Sie sagte die Wahrheit. Sie stellte sich ihre Reaktion vor, wenn sie ihn vor den Kameras das erste Mal getroffen hätte. Froh, von Raven wegzukommen, folgte sie Leonardo nach draußen. Lächelnd drehte er sich um, legte seinen Arm um sie und zog sie an sich. Sie überließ sich dem Zauber, der von ihm ausging und dem berauschenden Gefühl seiner Nähe.
Kapitel 7
Offenbarung
» I ch freue mich, dass du mich auf Karls Vernissage begleitest.« Leonardos Blick glitt über ihren Körper. »Hübsches Kleid.«
Aiyana lehnte sich in ihrem Ledersitz zurück und genoss die Fahrt. Die Straßenlichter rasten vorbei. Leonardo fuhr viel zu schnell, aber in seinem Spielzeug, wie er es nannte, fühlte es sich berauschend an. Der Motor folgte Leonardos Wünschen, ohne aufzuheulen. Die Henry-Hudson-Autobahn, die auf der Westseite der Hudson River Küste folgte, war wie meistens um neun Uhr abends überfüllt. Leonardo fuhr links. Die anderen Fahrer wichen dem Aston Martin aus.
Aiyana fühlte sich wie in einer Staatskarosse.
»Was du heute Abend auf der Vernissage sehen wirst, ist die Spitze der Kunstpyramide. Die Werke werden so verrückt sein, dass sie praktisch unverkäuflich sind. Aber die Künstler wissen das. Ihr Interesse gilt nicht dem Handel, sie wollen die Kunst weiterentwicklen und neue Formen finden. Ich bewundere diesen Mut, sich niemand anderen unterzuordnen als seiner eigenen Kreativität.«
Aiyana nickte. »Solche avantgardistischen Formen gibt es auch im Tanz, aber die arrivierten erfolgreichen Balletttruppen bevorzugen die bekannteren Werke.«
Leonardo lächelte. »Ich mag das, w as ihr aufführt. Du hast deine Giselle mit einer Leidenschaft getanzt, die mich vergessen ließ, dass dieses Ballett aus der Romantik kommt.«
»Ich wollte Giselles glühende Gefühle zeigen, damit die Zuschauer verstehen, dass sie aus unerwiderter Liebe am Ende des ersten Akts verrückt wird. Als ich die Rolle tanzte, ahnte ich nicht, dass ich so eine Liebe bald selbst erleben würde. Ich kann ihre Gefühle gut verstehen.«
Leonardo dreht sich zu ihr und küsste sie auf die Wange. »Das war eine wunderschöne Liebeserklärung.«
Aiyana errötete. Sie hatte nur das ausgesprochen, was sie fühlte. Sie betrachtete Leonardos Körper, den er nach dem Duschen viel zu schnell unter dem dunklen Anzug versteckt hatte. Seine Haare hatte er mit den Händen zurechtgelegt, bevor er sie in seine Arme nahm und sie bat, ihn zu der Vernissage zu begleiten.
»Kennst du Karl gut?«
»Wir sind seit vier
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