Fesseln des Herzens
Gemächern der Baronin führte, traf sie auf Celeste. Die Kammerfrau wirkte ein wenig aufgelöst.
Sorge überkam Aimee. Innerhalb der kurzen Zeit, die sie nicht da gewesen war, war doch wohl hoffentlich nichts passiert!
»Ah, gottlob, da bist du ja«, rief die Kammerfrau. »Mylady ist schon ganz ungeduldig.«
»Gibt es dafür einen Grund?«, fragte Aimee. »Geht es ihr etwa schlecht?«
»Nein, das nicht, aber schon seit gestern ist sie von einer seltsamen Unruhe beseelt. Sie brennt regelrecht darauf, mit dir zu sprechen.«
»Dann will ich sie nicht länger warten lassen.«
Aimee schritt voran und machte schließlich vor Nicoles Kemenate halt. Aus dem Inneren vernahm sie Schritte. Offenbar ging die Herrin unruhig auf und ab.
Als sich die Tür öffnete, blieb Nicole abrupt stehen und blickte die Hereinkommende an.
»Da bist du ja!« Ihre Miene hellte sich ein wenig auf.
»Wie geht es Euch, Mylady?«, fragte Aimee, als sie sich vor ihrer Herrin verneigte.
Mit Sorge stellte sie fest, wie blass die Baronin wirkte. Der fahle Fliederton ihres Gewandes unterstrich die ungesunde Farbe ihrer Wangen noch.
Als Aimee sich von ihr verabschiedet hatte, war sie bei bester Gesundheit gewesen. Ihre Wangen waren rosig gewesen, und ihre Augen hatten geglänzt. Nun dagegen wirkte sie vollkommen verändert.
»Aimee, welche Chancen habe ich, eine weitere Geburt zu überleben?«, fragte Nicole unvermittelt, ohne auf ihre Frage zu antworten.
Die Schäferin blickte ihre Herrin überrascht an. »Mylady, habt Ihr etwa Anzeichen entdeckt?«
»Nein, ich will es nur wissen.« Während sie sprach, knetete sie unruhig ihre Hände.
Aimee betrachtete ihr Gegenüber prüfend. So wie sie aussah, konnte man auf den ersten Blick durchaus meinen, dass sich eine erneute Schwangerschaft ankündigte.
Doch die Hebamme vermisste bei der Baronin das Leuchten, das trotz aller Beschwerden von einer Schwangeren ausging. Die Aura, die Nicole umgab, war eher eine Aura der Furcht.
»Also? Sag es mir. Wie sieht es für mich aus?«
»Wie bei jeder anderen Frau auch«, antwortete die Schäferin vorsichtig. Sie ahnte, dass dies der Beginn eines schwierigen Gespräches sein würde.
»Aimee, du bist doch sicher darin bewandert, Kräuter zu mischen«, fuhr Nicole fort und stieß die Tür ihres Gemachs zu, nachdem sie sich kurz im Gang umgesehen hatte. »Kräuter, die eine erneute Schwangerschaft verhindern können.«
Die Befragte zögerte. Selbstverständlich gab es da verschiedene Möglichkeiten. Allerdings lief jede Hebamme, die den Frauen solche Kräuter gab, auch irgendwie Gefahr, auf dem Scheiterhaufen zu enden. Immerhin hatte die Geistlichkeit sämtliche Mittel, die eine Schwangerschaft verhindern konnten, als Teufelszeug verbannt.
Der Blick der Baronin wirkte, als sei sie dem Wahnsinn nahe.
»Mylady, Ihr solltet wissen, dass die Kirche diese Mittel nicht billigt«, antwortete Aimee ausweichend.
»Die Kirche?« Nicole lachte auf. »Was kümmert mich die Kirche! Es ist mein Leben, das auf dem Spiel steht! Schon bald wird mein Gemahl sein eheliches Recht erneut einfordern. Ich bin allerdings nicht gewillt, ein zweites Mal diese Qualen durchzustehen, hörst du?«
Aus ihren Worten sprach die Verzweiflung. Aber Aimee zögerte noch immer.
Natürlich war es möglich, Nicole ein Mittel zuzubereiten, durch das sie verhindern konnte, erneut zu empfangen. Doch wenn Ravencroft dahinterkam, würde er sie gewiss hinrichten lassen.
»Ich wüsste da schon ein Mittel, Mylady«, antwortete sie, aber noch während sie fortfuhr, erlosch der hoffnungsvolle Funke in den Augen der Baronin. »Doch es ist verboten, es anzuwenden. Wenn Euer Gemahl davon erfährt, wird er Euch verstoßen und mich töten.«
Nicole lächelte eisig. »Er wird dich nicht töten, du hast mein Wort.«
Wie viel konnte sie darauf geben?
»Wenn es denn keine Möglichkeit gibt, mich unfruchtbar zu machen, dann möchte ich etwas anderes von dir«, fuhr die Baronin fort.
Damit wandte sie sich um und ging zum Fenster. Unten auf dem Hof erblickte sie ihren Gemahl, der mit Henry Fellows gerade zu den Pferdeställen schritt.
Der Moment des Schweigens lastete schwer auf Aimee. Was würde die Baronin von ihr verlangen?
»Ich will, dass du meinen Platz in seinem Bett einnimmst, wenn ihn die Lust überkommt«, sagte Nicole schließlich.
Die Schäferin blickte ihre Herrin an, als hätte sie ihr eine Ohrfeige versetzt.
»Ihr verlangt, dass …« Sie konnte den Satz nicht vollenden, er blieb ihr in
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