Fesseln des Herzens
der Baron und klatschte Aimee Beifall. »Ich hätte wirklich nicht geglaubt, dass du so wehrhaft bist, Schäferin.«
»Wie Ihr bereits sagtet, ich lebte bislang da draußen allein, es gibt nicht mehr viel, was mich überraschen kann.«
Aimee spürte den bohrenden Blick des Barons und senkte den Blick. Erst jetzt merkte sie, dass sich die Bänder ihres Hemdes gelöst hatten und den Blick auf ihre Brüste freigaben.
Ravencroft ließ sich in der Gegenwart seiner Männer nicht anmerken, was er in diesem Augenblick dachte.
»Dennoch, gib auf dich acht, Aimee«, sagte er, während er seinem Leibwächter das Schwert reichte. »Nicht jeder ist so nachsichtig wie Henry, der fürchten muss, dass ich ihn strafe, wenn er dein Blut vergießt.«
Aus dem Augenwinkel heraus konnte Aimee beobachten, dass der Hauptmann ein missmutiges Gesicht zog. Offenbar sagte der Baron die Wahrheit.
»Nun denn, Henry, ich hoffe, dieser kleine Kampf hat dich nicht allzu sehr außer Atem gebracht«, sagte Ravencroft und klopfte seinem Leibwächter auf die Schulter. »Lass uns jetzt wieder richtige Kämpfe ausfechten.«
Mit diesen Worten gingen die Männer weiter Richtung Turnierplatz. Aimee klopfte sich den Staub vom Kleid. Im Nachhinein fand sie diese Begegnung überaus merkwürdig. Warum hatte der Baron sie zu diesem Kampf überredet?
Die Antwort kannte wohl nur er selbst.
Allerdings spürte sie, dass seine Sorge um sie aufrichtig war. Noch ein Grund mehr, um ihn zu mögen.
Doch diesen Gedanken versagte sie sich. Nein, es darf nicht sein. Ich muss meine Gefühle in meinem Herzen einschließen. Der Baron ist mein Herr, und lieber ertrage ich meine Sehnsucht still, als Gefahr zu laufen, eines Tages von ihm verstoßen zu werden.
Es kostete George of Ravencroft sehr viel Überwindung, sich nicht nach der Schäferin umzusehen. Er hätte den ganzen Tag damit verbringen können, sie zu beobachten. Bei allem, was sie tat, legte sie eine Grazie an den Tag, welche die meisten Edeldamen nicht aufzubringen wussten.
Aber in Anwesenheit seiner Männer durfte er keine Schwäche zeigen.
Auf dem Turnierplatz ließ er die Soldaten gegeneinander antreten, und dabei wanderten seine Gedanken immer wieder zu Aimee. Sie schien in allem das Gegenteil zu seiner Gemahlin zu sein.
Während die Schäferin in ihrer Lebenslust einfach nur anziehend und begehrenswert auf ihn wirkte, hatte sich Nicole in den vergangenen Monaten immer weiter vor ihm zurückgezogen.
Stets war es körperliches Unwohlsein, das sie davon abhielt, ihm das eheliche Recht zu gewähren. Ravencroft war kein Mann, der sein Weib mit Gewalt nehmen wollte, aber allmählich überkam ihn die Ungeduld. Irgendwann musste sich ihre Erschöpfung doch bessern! Oder gab es vielleicht einen anderen Grund, dass sie ihn nicht bei sich dulden wollte?
Das Klirren der Waffen riss ihn aus seinen Gedanken fort. Er blickte auf die Männer, die begannen, mit ihren Schwertern aufeinander einzuschlagen, und so gelang es ihm, Aimees Lächeln und die Frage, warum sein Weib ihn seit der Geburt ihrer Tochter mied, für einen Moment zu verdrängen.
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8 . Kapitel
N achdem der Hauptmann seine Waffen zurückgebracht und sich umgezogen hatte, kehrte er in sein Quartier zurück. Zahlreiche Gedanken trieben ihn um. Wieder und wieder war es Nicole, die sich in seinen Kopf drängte.
Es war dieser Tage nicht ganz einfach für Henry, in ihre Nähe zu gelangen. Sehr oft zog sie sich in ihre Gemächer zurück und ließ sich nur noch selten an der Seite ihres Gatten sehen. Der Leibwächter hatte nicht die Möglichkeit, nach einer passenden Gelegenheit zu suchen, denn seit dem Eklat auf der Tauffeier hielt der Baron seine Männer zur Bereitschaft an. Tag für Tag übten sie das Kämpfen, Tag für Tag wurde der Drill härter.
Eigentlich machte es Henry nichts aus, aber der Kampf mit der Schäferin war schlimmer gewesen, als er es sich selbst eingestehen wollte. Die Stellen, an denen ihn Aimees Stock getroffen hatte, pochten immer noch schmerzhaft. Noch nie hatte er eine Frau so kämpfen gesehen. Ja, mittlerweile war er sich sicher, dass es nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Vielleicht hatte sie ihn ja verhext …
Als er den Bogengang entlangschritt, hörte er plötzlich eine Stimme. Er wandte sich um und entdeckte neben einer der Säulen Nicole. Sie war allein und hatte sich einen dunklen Mantel über das Kleid geworfen. Offenbar war sie auf dem Weg in den Garten.
»Endlich treffe ich dich allein«, wisperte
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