Fesseln des Schicksals (German Edition)
hereingeführt hatte, schon neben seinem Herrn. «Ah, da bist du ja! Schick jemanden zum … Verzeihung», wandte er sich nun David zu. «Wie, sagten Sie gleich, heißt das Hotel?»
«Das Royal Omini .»
«Du hast es gehört. Jemand soll das Gepäck von Monsieur Parrish holen. Solange er in New Orleans bleibt, wird er unser Gast sein.»
David versuchte zu protestieren, aber Gaston Lacroix unterbrach ihn mit einer energischen Handbewegung. «Bitte erklären Sie sich einverstanden.» Dabei sah Lacroix seinem Gast mit Bestimmtheit in die Augen.
David war überrascht, einen so intensiven Glanz in den kleinen und tiefliegenden Augen zu entdecken. Sein Gastgeber würde es als eine persönliche Beleidigung ansehen, wenn David seine Einladung ausschlüge.
David Parrish tat selten etwas, was er nicht wirklich wollte. Aber hinter Lacroix’ so freundlichem, scheinbar sorglosem Blick entdeckte er eine Zielstrebigkeit und Durchsetzungskraft, die ihn verstehen ließ, warum dieser Mann einer der reichsten und mächtigsten Männer der Stadt geworden war. Fast bereute er es, nicht auf direktem Wege nach Norfolk gereist zu sein, das nur wenige Tagesreisen von seinem Zuhause entfernt war. Stattdessen war er nun hier und musste mit diesem unberechenbaren Franzosen zurechtkommen.
Also fügte David sich den Umständen und sagte freundlich: «Es ist mir ein Vergnügen, Ihre Einladung anzunehmen!»
«Wunderbar! Dann zeige ich Ihnen jetzt Deux Chemins», verkündete Lacroix stolz wie ein Pfau. Mit einem zufriedenen Lächeln legte er seine Hand auf die Schulter seines Gastes und führte ihn in den Garten. Wieder bereitete die Berührung David Unbehagen.
***
Etwa um halb sechs wachte Katherine auf. In der Nacht zuvor hatte sie aufgrund der Hitze kein Auge zugetan, aber nach der ausgiebigen Mittagsruhe fühlte sie sich jetzt wie neugeboren. Heute Abend empfingen sie Gäste auf Deux Chemins, und die Soiree würde sicher bis in die frühen Morgenstunden andauern. Auf keinen Fall wollte sie mit müdem Gesicht und Augenringen herumlaufen. Katherine reckte sich und verließ mit einem wohligen Seufzer das Bett. Ein paar Stunden Schlaf hatten Wunder bewirkt.
Als kurz darauf Molly das Zimmer betrat, stand Katherine am Fenster und blickte verstohlen in den Garten, um die beiden Männer zu beobachten, die dort spazieren gingen.
«Katty, was tust du? Sie werden dich sehen», rief die junge Frau erschrocken.
Ohne vom Fenster zurückzutreten und ohne den geringsten Anflug von Schamgefühl, wies Katherine die Eingetretene mit einer Handbewegung an, still zu sein und näher zu kommen.
«Weißt du, wer das ist?»
Hinter den dichten Vorhängen aus grünem Samt betrachtete Molly aufmerksam Katherines Vater und den jungen Unbekannten, der neben ihm ging.
«Ich habe ihn noch nie gesehen.»
«Sieht er nicht gut aus!»
Trotz der Entfernung musste Molly anerkennen, dass der Herr außerordentlich vornehm wirkte. Master Lacroix war nicht sonderlich groß, er war sogar fast genauso breit wie hoch, aber sein Begleiter überragte ihn praktisch um einen ganzen Kopf.
In diesem Moment drehten die beiden Männer sich plötzlich zum Haus um, sodass Molly und Katherine sich schnell auf den Boden werfen mussten, um nicht entdeckt zu werden.
«Oh nein, bestimmt haben sie uns gesehen», rief Katherine vergnügt und riss in gespieltem Schrecken die Augen auf. Beide Frauen fingen an zu lachen, wie sie da so auf dem Boden lagen. Aber die Neugierde war stärker als die Vernunft, und Katherine richtete sich wieder auf, um erneut aus dem Fenster zu spähen.
Inzwischen hatte ihr Vater offensichtlich jedes Interesse an der Fassade verloren und entfernte sich mit seinem Gast weiter vom Anwesen.
«Also Molly, ich glaube, heute ist ein perfekter Tag für einen Gartenspaziergang», verkündete Katherine, zog ihre Freundin hoch und zupfte verspielt an ihrem Nachthemd aus gelber Seide. «Meinst du nicht?»
«Oh ja, ich glaube, dazu hätte ich auch Lust», gab Molly schelmisch zurück.
***
Das Grundstück dehnte sich fast bis zum Lake Pontchartrain aus, und obwohl David den Horizont angestrengt absuchte, konnte er keine einzige Baumwollpflanze in der gepflegten Gartenlandschaft entdecken.
«Die Plantagen befinden sich flussaufwärts, etwa eine Tagesreise mit dem Boot», erklärte Monsieur Lacroix dem jungen Mann, als hätte er dessen Gedanken erraten.
David kannte niemanden, der es sich erlauben konnte, eine so große Fläche nur für Spaziergänge zu nutzen. Das
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