Fesseln des Schicksals (German Edition)
kennenzulernen.» Mit einer leichten Verbeugung begrüßte David die junge Frau und führte ihre behandschuhte Hand an seine Lippen.
«Sehr erfreut, Monsieur Parrish. Werden Sie länger bleiben?»
Für eine Sekunde war David wie gelähmt, verzaubert von ihrem Blick, aber diese verwirrenden honigfarbenen Augen erwarteten eine Antwort.
«Monsieur Parrish kommt aus Virginia, Katherine», warf Lacroix ein. «Und ich fürchte, dass er nur für ein paar Tage unser Gast sein kann. Er muss sich um seine Angelegenheiten kümmern.»
«Sie logieren also auf Deux Chemins?»
Lacroix zweifelte nicht im Geringsten daran, dass seine Tochter zu diesem Zeitpunkt sogar bereits wusste, in welchem Zimmer der arglose Gentleman untergebracht war.
«So ist es, Miss Lacroix.» David räusperte sich. «Ihr Vater besaß die Freundlichkeit, mich einzuladen.»
Katherine lächelte. «Dann werden wir ja Gelegenheit haben, uns beim Dinner wieder zu sehen, Monsieur Parrish. Ich ziehe mich jetzt besser zurück, um Sie nicht weiter zu stören.»
David war noch immer wie versteinert und fand nicht einmal ein passendes Abschiedswort.
Katherine deutete einen Knicks an, wandte sich ihrem Vater zu und gab ihm liebevoll einen Kuss auf die Stirn. «Wir sehen uns beim Essen, Papa.»
«Du sahst vorhin am Fenster sehr hübsch aus», flüsterte Lacroix seiner Tochter schnell noch auf Französisch zu.
Verschmitzt zwinkerte Katherine ihm zu und verließ die Bibliothek.
Selbst nachdem sie schon längst verschwunden war, starrte David noch immer die Tür an. Fast meinte er, gerade eine Halluzination gehabt zu haben.
«Verzeihen Sie die Störung, Monsieur Parrish, aber Sie wissen ja, Töchter sind unsere größte Schwäche.» Lacroix nahm noch einen Schluck Cognac. «Seit dem Tag ihrer Geburt habe ich ihr nichts abschlagen können. Geht es Ihnen nicht genauso?»
«Ich … ich habe keine Kinder. Ich bin nicht verheiratet», antwortete David schon etwas gefasster.
Lächelnd rieb Lacroix sich die Hände, aber David war zu sehr in sich gekehrt, um die Veränderung im Gesicht seines Gastgebers wahrzunehmen.
«Zurück zu den Angelegenheiten, über die wir eben sprachen …»
Für einen Moment hatte David den eigentlichen Grund seines Aufenthalts in New Orleans vollkommen vergessen.
«… Sie sagten, dass Sie ein junges und kräftiges Exemplar suchen.»
«So ist es.»
«Etwas Bestimmtes?»
David versuchte, die junge Frau aus seinem Kopf zu verbannen und sich auf sein Anliegen zu konzentrieren. «Nun, ich habe gehört, dass Sie mich vielleicht beraten könnten, wo man einen Mandinka bekommt.»
Lacroix kniff die Augen zusammen und blickte sein Gegenüber verschlagen an. Endlich lagen die Karten auf dem Tisch.
«Ein Mandinka.» Lacroix schüttelte langsam den Kopf. «Wissen Sie, dass es kaum noch reine Mandinka gibt?», sagte er und dachte an die hochgeschätzten Sklaven, die aus der afrikanischen Region des Niger stammten. «Seit vor ein paar Jahren die Einfuhr von Sklaven aus Afrika verboten wurde, ist es sehr schwierig, an ein Exemplar zu kommen. Kaum einer der jetzigen Besitzer möchte sie abgeben.»
«Man hat mich jedoch informiert, dass Sie vielleicht Bekannte haben, die trotz allem einen verkaufen würden.»
So höflich, wie es nur irgend möglich war, wollte David seinem Gastgeber zu verstehen geben, dass er über dessen illegalen Sklavenhandel Bescheid wusste.
«Es tut mir leid, aber ich weiß von niemandem.» Lacroix schüttelte erneut den Kopf.
«Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen zu nahe getreten bin», entschuldigte David sich und stand auf, entschlossen, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
Lacroix amüsierte die übereilte Reaktion seines Gastes. Wie hatte es ein Volk mit so wenig Feingefühl nur geschafft, die Welt zu erobern?
«Nicht so schnell, mein junger Freund. Ich sagte, dass ich von niemandem weiß. Was aber nicht heißt, dass ich mich nicht umhören kann. In vier Tagen vielleicht, höchstens einer Woche …»
David setzte sich wieder. Noch vor wenigen Minuten hätte ihn die Aussicht, seinen Aufenthalt in New Orleans auf eine Woche ausdehnen zu müssen, verärgert. Aber nach der Begegnung mit Lacroix’ wunderschöner Tochter war alles anders.
· 4 ·
P ünktlich um acht Uhr gesellte David sich zu den anderen Gästen, die sich im Salon versammelt hatten. Als gleich darauf die Türen zum Esszimmer geöffnet wurden, folgte er ihnen und stellte sich hinter seinen Stuhl zur Linken des Gastgebers. Man wartete noch auf Lacroix,
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