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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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Idiot glücklich! Schnell duckte Charlotte sich tiefer hinter den Busch, als Noah dicht neben ihr vorüberging. Er konnte das unverkennbare Paar grüner Augen gar nicht bemerken, das jeder seiner Bewegungen folgte.
    Charlottes Zorn wurde noch mehr entfacht, als sie mit ansehen musste, wie Noah sich dorthin begab, wo sie eigentlich hätte sein müssen. Nur wegen dieses unbedeutenden Sklaven wurde sie von ihrer Mutter bestraft. Und was glaubte er eigentlich, wer er war, dass er sich wie ein Weißer anzog. Ihre Mutter machte einen großen Fehler. Sie sollte Noah besser nicht erlauben, Dinge zu tun, die sonst nur Weiße taten, und ihre Töchter dazu zwingen, es zu akzeptieren. Wenn ihre Mutter glaubte, dass sie deshalb ihre Meinung über die Sklaven ändern würde, dann hatte sie sich mächtig geirrt. Und wenn sie dumm bleiben müsste, um ihr das zu beweisen, dann wäre das eben so.
    Aber gleich darauf verwarf sie diesen Gedanken. Eigentlich wollte sie nicht, dass es so weit kam. Sie hoffte, dass ihre Mutter nach ein paar Tagen nachgeben würde.
    Doch sie fühlte sich gedemütigt und wütend. Sie wollte sich rächen. Und sie wusste auch schon, wie.
    Noah selbst hatte sie schon vor einer Woche auf eine Idee gebracht. Damals hatte sie der Begebenheit keine Bedeutung beigemessen, aber jetzt erinnerte sie sich an ein Gespräch zwischen Noah und einem etwas älteren Jungen, das sie zufällig mitangehört hatte. Auch da hatten die beiden Jungen Charlotte nicht bemerkt. In diesem Gebiet der Plantage wuchs das Gestrüpp nach Lust und Laune und hatte einen großen Teil der alten Wege überwuchert.
    Eigentlich hätten ein paar Sklaven das Unkraut jäten und verbrennen können, aber zu dieser Jahreszeit wurden alle bei der Baumwollernte gebraucht. Man konnte nicht auf Arbeitskräfte verzichten, nur um ein Stück waldiges Gelände von Unkraut zu befreien. Zudem war es weit vom Herrenhaus entfernt und lag zu nah am Hüttendorf, als dass die weißen Herren sich gern dort aufgehalten hätten. Aber das war genau der Grund, weshalb Charlotte diesen Ort liebte. Im dichtbelaubten Wald konnte sie rennen, auf Bäume klettern und am Flussufer planschen, und niemand kümmerte sich darum.
    Als Charlotte das Gespräch zwischen Noah und dem anderen Jungen, den er Jeremias nannte, belauscht hatte, hatte man sie auch gerade bestraft. Sie konnte sich nicht einmal mehr an den Grund erinnern. Aber während ihre Mutter Hortensia mitnahm, um Orante und Silvia, die Kinder von Onkel Quentin, zu besuchen, hatte sie auf New Fortune bleiben müssen.
    Charlotte war neugierig auf diese grüne Schachtel gewesen, von der die Jungen gesprochen hatten. Sie hatte nicht mitgehört, wie Noah dieses Ding in die Hände bekommen hatte, aber ihr war an dem Tag so langweilig, dass ihr sogar ein blöder Karton interessant vorkam. Danach war sie ihnen in sicherem Abstand gefolgt. Nah genug, um sie nicht aus den Augen zu verlieren, aber zu weit entfernt, um sie noch weiter belauschen zu können.
    Die Jungen begaben sich auf einem der unzähligen Pfade, die die Sklaven auf ihrem Weg durch das Gebüsch ausgetreten hatten, ins Hüttendorf. Noch nie hatte Charlotte diesen Ort gesehen. Sie wusste genau, wo er lag, und hatte unzählige Male in seiner Nähe gespielt, aber es hatte immer so etwas wie eine unsichtbare Grenze gegeben, die sie nicht überschreiten durfte.
    Einen Moment lang zögerte sie. Ihr Vater hatte ihr streng verboten, dort hinzugehen, und auch wenn sie eigentlich nicht besonders gehorsam war, galt das doch nicht für die Anweisungen ihres Vaters. Charlotte betete ihn an und wollte ihn nicht enttäuschen. Eigentlich wollte sie das Sklavendorf auch gar nicht sehen. Wenn sie diesen Ort zu Gesicht bekäme, würde nichts mehr so sein wie vorher, das ahnte sie. Und Charlotte wollte nicht, dass sich die Dinge veränderten. Trotzdem war die Neugierde stärker gewesen als die Angst oder der Wunsch, es ihrem Vater recht zu machen.
    Als die beiden Jungen die letzten Bäume hinter sich gelassen hatten, wagte Charlotte sich nicht weiter vor. Der Anblick dieses Ortes ließ ihr das Herz heftig in der Brust schlagen, ihr ganzes Wesen erzitterte. Es war schrecklich. Sie konnte nicht glauben, dass es auf New Fortune etwas so Fürchterliches gab. Der gepflegte Rasen, der bis auf die Baumwollfelder jeden Zoll der Plantage bedeckte, hatte hier einem gräulich und ausgezehrt wirkenden Boden Platz gemacht, auf dem die Hütten sich vollkommen willkürlich aneinanderdrängten.
    Gänzlich

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