Fesseln des Schicksals (German Edition)
ihr voller Herzlichkeit. «Jeder gute und anständige Mann würde sich in dich verlieben.»
Silvia lächelte und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht.
«Du wirst bestimmt sehr glücklich sein», sagte Katherine und ergriff die Hände ihrer Nichte. «Aber ich möchte, dass du mir etwas versprichst: Wenn etwas nicht so ist, wie du es erwartet hast, vergiss nicht, dass meine Tür immer für dich offen steht.»
Lächelnd nickte Silvia, obgleich Katherines Worte sie etwas zu beunruhigen schienen.
«Meine Liebe», flüsterte Katherine und strich der jungen Frau über das Gesicht, das sich durch den Anflug von Sorge etwas verdüstert hatte. «Alles wird gut. Vergiss nicht: Deine Familie ist für dich da.»
Der junge Jonathan Perelman war genau so, wie Silvia ihn beschrieben hatte. Und er wirkte ebenso jung wie die Braut selbst. Während sich die Brautleute an den Händen gefasst das Eheversprechen gaben, erinnerte Katherine sich an den Tag ihrer eigenen Hochzeit. Sie hatte mit dreiundzwanzig Jahren geheiratet, aber trotzdem war sie noch sehr jung gewesen. Jetzt, mit dem zeitlichen Abstand, kam es ihr fast unglaublich vor, dass niemand Einwände dagegen vorgebracht hatte, dass sie David so rasch geheiratet hatte, um Hunderte Meilen von ihrem Zuhause entfernt eine Familie zu gründen.
Katherine sah kurz zu Charlotte und Hortensia hinüber, die der Zeremonie gebannt folgten. Sie waren noch Kinder, aber Silvia war gerade einmal fünf Jahre älter. Inständig betete Katherine in diesem feierlichen Moment, dass die junge Frau ein glücklicheres Leben führen würde als sie selbst und dass das Schicksal ihre eigenen Töchter davor bewahrte, zu früh Ehefrauen und Mütter zu werden.
Nach der Zeremonie nahmen die Gäste an den Tischen Platz, die im Herrenhaus aufgestellt worden waren. Es gab ein köstliches Festmahl. Quentin Parrish hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um die Hochzeit seiner einzigen Tochter zu begehen.
***
Während die Frauen nach dem Essen auf der Veranda ihren Tee zu sich nahmen, trafen sich die Männer in der Bibliothek.
David hatte seine Zigarre fast aufgeraucht, und in seinem Glas ging der Cognac zur Neige.
«Dieser Abolitionist Charles Sumner wird uns nichts als Ärger bringen», meinte Edmond Carmody, während sein Sohn Mathew, alt genug, um in die Runde der erwachsenen Männer aufgenommen zu werden, schweigend nickte. «Man hätte nie zulassen dürfen, dass dieser Kerl in den Senat kommt.»
«Ich stimme Ihnen zu», bestätigte ein Mann mittleren Alters, der Garret Bolman hieß und eine kleine Tabakplantage besaß. «Es heißt, dass er letzte Woche eine vierstündige Rede gehalten hat, obwohl es fürchterlich heiß gewesen sein muss.»
«Offensichtlich war es ein direkter Angriff auf das Gesetz über entlaufene Sklaven», warf Quentin ein.
Es hatte die Senatoren der Südstaaten mehrere Jahre harte Arbeit und komplizierte politische Schachzüge gekostet, bis ein Gesetz verabschiedet wurde, das die Nordstaaten dazu verpflichtete, entlaufene Sklaven wieder ihren Herren zuzuführen. Das gleiche Gesetz legte auch die Vorgehensweisen fest, die seine Ausführung auf nationaler Ebene garantierten.
«Und als wenn das nicht schon genug wäre, hat diese Frau ein paar Tage vor Sumners Rede dieses Machwerk veröffentlicht», fügte Edmond Carmody hinzu, ohne mit seiner Verachtung hinter dem Berg zu halten. «Das Absurdeste daran ist, dass sie anscheinend noch nie den Süden betreten hat, geschweige denn eine Plantage.»
Keiner der Anwesenden hatte das Buch von Harriet Beecher Stowe gelesen, und keiner würde es je tun. Sie sprachen ja nicht einmal den Titel des Romans aus, in dem die Landbesitzer des Südens als mitleidlose Monster geschildert wurden, als sadistische Aufseher, die die schrecklichsten Gräueltaten begingen. In nur wenigen Wochen hatte Onkel Toms Hütte mehr Herzen in den Nordstaaten erreicht als die abolitionistische Propaganda in vielen Jahren.
Ein letztes Mal zog David an seiner Zigarre.
«Das ist bald vorbei, Edmond. In ein paar Wochen ist Sumners Rede vergessen, und auch für das Buch interessiert sich dann niemand mehr.»
David sah, wie sein Cousin die Lippen aufeinanderpresste. «Du stimmst mir nicht zu?»
Quentin schüttelte den Kopf. «Gerne würde ich deinen Optimismus teilen, David. Aber ich glaube, das Gesetz über entlaufene Sklaven bringt uns auf lange Sicht nur Probleme.»
«Warum sollte es Probleme geben? Die Verabschiedung des Gesetzes war ein großer Sieg
Weitere Kostenlose Bücher