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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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sehr früh am Morgen, als sie sich anzog und einen Spaziergang machte. Gerade wollte sie aus dem Dickicht der Bäume treten und Mollys Grab besuchen, als sie einen Jungen sah, der zum Ufer rannte. Es war Noah. Katherine zögerte einen Moment lang, aber sie beschloss, noch im Schutz der Bäume stehen zu bleiben und das Kind zu beobachten. Sie sah, wie er sich auszog und ins Wasser tauchte. Obwohl der Morgen angenehm war, musste das Wasser sehr kalt sein.
    Aufmerksam beobachtete sie den Jungen, bis er sich kraftlos und besiegt zu Boden fallen ließ, das Gesicht tränennass.
    Dann näherte Katherine sich ihm leise und setzte sich neben ihn ans Ufer. Er zitterte vor Kälte, und sein ganzer Körper war mit blutigen Schrammen bedeckt.
    Als Noah merkte, dass die Herrin sein Geheimnis entdeckt hatte, spürte er Scham in sich aufsteigen und versank noch tiefer in all den verwirrenden Gefühlen, die ihm den Atem stocken ließen. Aber Herrin Katherine sagte nichts. Sie blieb nur bei ihm sitzen und deckte ihn mit ihrem wunderschönen Seidenschal zu, der mit Blumen in prachtvollen Farben bestickt war. Danach saßen sie nebeneinander schweigend da, bis die Sonne hinter dem Horizont erschien.
    Katherine Lacroix erzählte nie jemandem Noahs kleines Geheimnis, und er würde niemals das Geheimnis seiner Herrin enthüllen. Er hatte es zufällig vor ein paar Tagen entdeckt, als er sich nah am Grab der freigelassenen Sklavin hinter den Bäumen versteckt hatte. Katherine sprach mit dieser Frau, und Noah konnte sogar ihre Worte verstehen. Sie erzählte von der Tochter, die die Sklavin nicht aufwachsen sehen konnte. So hatte Noah herausgefunden, was David niemals aus dem Mund seiner Frau erfahren würde.
    An diesem Tag war zwischen dem kleinen Sklaven und seiner Herrin eine Freundschaft entstanden, die im Verlauf der Jahre immer weiter wachsen sollte.
    Am nächsten Tag verließ Mademoiselle Gassaud die Plantage. Katherine Lacroix kümmerte sich von da an selbst um die Erziehung der drei Kinder ihres Mannes.

[zur Inhaltsübersicht]
    Fünf Jahre später
August 1851

· 13 ·
    K atherine, ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du dich heute etwas zurückhalten könntest.»
    Das Ehepaar Parrish hatte in der Kutsche Platz genommen und wartete auf die Mädchen. Katherine sah ihren Mann an. «Hast du so viel Angst vor der Wahrheit?»
    Davids Finger schlossen sich fester um den Elfenbeinknauf seines Spazierstocks. Diesmal würde er sich nicht aus der Fassung bringen lassen. «Du weißt genau, worauf ich hinauswill.» Doch er bekam keine Antwort. Obwohl Katherine ganz genau wusste, dass er sich auf ihre unangebrachten Bemerkungen über die Sklaverei bezog.
    «Wenn du es schon nicht für mich tust, dann wenigstens für unsere Töchter.»
    «Unsere Töchter? Alles, was ich tue, tue ich für sie, ganz im Gegensatz zu dir, David. Und ich werde auch alles dafür tun, damit sie ihrem Vater nicht zu ähnlich werden. Selbst wenn ich mich dafür mit allen anderen überwerfen muss.»
    «Wie du willst», sagte er, entschlossen, Ruhe zu bewahren. «Aber denk daran, dass deine Töchter im Süden leben. Und dass ihre Landsleute so sind wie ich und so denken wie ich.»
    «Nein. Nicht wie du.»
    Schneidender Hass klang in ihren Worten mit. David wusste, dass er Katherines Sklavin nicht hätte anrühren dürfen. Aber es war längst zu spät für Gewissensbisse. Seit jenem Tag war zwischen ihnen etwas zerbrochen, und seine Frau war viel zu stolz und vielleicht auch zu verletzt, um ihm je zu vergeben.
    «Möglicherweise sind die Leute nicht solche Ungeheuer wie ich», sagte er bitter. «Aber die Sklaverei ist Teil ihrer Lebensart. Wie übrigens auch deiner. Oder werden deine Kleider und dein Essen etwa nicht mit dem Schweiß und Blut der Sklaven bezahlt?»
    Das war ein Schlag unter die Gürtellinie, David wusste das. Er hatte sie getroffen, wo es ihr am meisten wehtat. Katherines Augen funkelten, aber sie antwortete nicht.
    «Vergiss bitte nicht, dass die Zukunft unserer Töchter von dem Ruf abhängt, den sie bei den Leuten genießen, die du so verachtest und zu denen du für die längste Zeit deines Lebens auch gehört hast, und zwar ohne die geringsten Gewissensbisse.»
    Obwohl Katherine am liebsten protestiert hätte, musste sie sich voller Scham eingestehen, dass jedes Wort davon wahr war. Kurz trafen sich ihre Blicke. Noch immer brannte Feuer in ihren Augen, aber das warme Licht der Liebe war schon vor langer Zeit von den bösen und mächtigen Flammen des

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