Fesselnde Entscheidung (German Edition)
absolut vertraulich Herrn Schulte zukommen zu lassen, abgegeben haben. Sie war der Meinung gewesen, dass es sich um sehr geheime Dokumente aus dem Projekt handeln würde und hielt sich daher strikt an die Anweisung.
Warum um alles in der Welt hatte Krüger ihm diese wichtige Mitteilung vorenthalten? Schulte war sprachlos, ein böser Verdacht stieg in ihm auf. Er überlegte, ob er gleich die Polizei zu Krüger schicken sollte oder welcher nächste Schritt am Sinnvollsten wäre.
*
Frau Seibel war den Tränen nahe und stand mit zittrigen Händen vor ihm. Sie hatte ihren Chef schon oft wütend und aufbrausend erlebt. Aber nie annähernd so wie heute. Sie war sich keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil, sie war Stolz auf sich gewesen, gestern ihre Neugier besiegt und den Umschlag nicht geöffnet zu haben. Die Versuchung war groß gewesen, sie hatte aber Angst, ihren Job zu verlieren und sich dann eines besseren besonnen.
Nachdem sie ihrem Chef Krügers Telefonnummer gereicht hatte, wies er sie an, sofort Löser zu ihm schicken. Schnell verließ sie Schultes Büro, froh, der Höhle des Löwen entkommen zu sein. Obwohl sie gerade erst ihren Dienst begonnen hatte, verspürte sie das große Bedürfnis, sich für den Rest des Tages krankzumelden.
*
Schulte zog Oskars MP3-Handy aus der Tasche und rief ihn an. Aber er meldete sich nicht. Nachdem auch keine Mailbox ansprang, warf Schulte das Handy entnervt auf seinen Schreibtisch und fasste sich an die Stirn. Er schwitzte und bekam wieder mal schlecht Luft.
Löser trat ohne anzuklopfen ein. Das machte er eigentlich nie. An seinem Hals hatten sich wieder rote Flecken gebildet. Vielleicht waren sie nie wirklich weg gegangen. Schulte schilderte ihm, während er mal wieder das Fenster öffnete, in knappen Worten seine verblüffenden Erkenntnisse. Dann berieten sie sich gemeinsam über das weitere Vorgehen, wurden sich aber nicht einig. Schulte wollte Krüger direkt mit den Vorwürfen konfrontieren. Löser hingegen hielt gar nichts von einem Alleingang und riet Schulte, umgehend die Polizei einzuschalten. Plötzlich vibrierte Schultes Schreibtisch. Erschrocken blickten sich beide an und Schulte registrierte als Quelle das MP3-Handy, was sich brummend auf seinem Schreibtisch im Kreis drehte. Schulte bat Löser kurz vor seinem Büro zu warten und brachte dann Oskar auf den neuesten Stand.
„Wir müssen in Erfahrung bringen, welcher Kurierdienst das war. Vielleicht kommen wir so mit Glück an die Auftraggeber“, sagte Oskar, nachdem er Schultes Ausführungen aufmerksam zugehört hatte.
„Krüger steckt hinter dem Ganzen. Das ist doch eindeutig!“
„Er hat sich verdächtig gemacht. Keine Frage. Das heißt aber noch lange nicht, dass er wirklich etwas mit der Erpressung zu tun hat. Hätte er dann ernsthaft deiner Sekretärin den Umschlag gegeben und sich somit bewusst selbst in den Fokus der Ermittlungen gebracht? Das wage ich zu bezweifeln. Eventuell ist er ein Mittelsmann, mehr aber auch nicht.“
„Aber er hat mich angelogen. Ich habe ihn doch gefragt, ob irgendetwas Besonderes vorgefallen war. Nichts hat er gesagt, nichts!“
„Du hast noch nie per Kurier ein wichtiges Dokument erhalten, was nur für dich persönlich bestimmt war?
Schulte überlegte, „doch, natürlich – aber kein Erpresserschreiben!“
„Krüger wusste höchst wahrscheinlich nicht, was sich in dem Umschlag befand. Da bin ich mir ziemlich sicher.“
„Soll ich ihn kontaktieren?“
„Davon rate ich dir ab. Unter Umständen schreckst du ihn auf und er begeht eine Dummheit, falls er auch nur ganz, ganz entfernt etwas mit dem Fall zu tun haben sollte.“
„Also meinst du doch, dass er …“
Oskar unterbrach ihn, „nein, das habe ich nicht gesagt. Maximal ist er ein ganz kleines Glied am Ende der Kette.“
„Aber heute Vormittag wolltest du doch seinen Namen und alles wissen.“
„Ja, ich habe ihn gecheckt. Absolut unauffällig. Deswegen bin ich mit auch so sicher.“
Enttäuschung machte sich in Schulte breit. Er hatte die Hoffnung gehabt, auf der richtigen Fährte zu sein. Doch die erwies sich jetzt eher als Finte.
„Das heißt, wir sind keinen Schritt weiter?“
„Doch, wir wissen, wie der Umschlag bei dir gelandet ist.“
Schulte erwiderte nichts.
„Ich hole dich dann heute Abend ab, Alter, Kopf hoch!“
„Ja, bis dann, Oskar.“
Schulte beendete die Verbindung und ließ das MP3-Handy in seine Sakkotasche fallen. Er schaute sich unschlüssig in seinem Büro um und ging zum
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