Fesselnde Entscheidung (German Edition)
die Firma gerade noch tragbar war. Nie im Leben hatte Schulte damit gerechnet, dass die Verträge bei diesem ersten Treffen bereits unterzeichnet werden würden. Gut gelaunt und erleichtert fuhren Schulte und Löser mit dem Fahrstuhl in den 3. Stock. Dort befanden sich ihre Büros.
„Löser, Sie sind heute über sich selbst hinausgewachsen. Die Firma verdankt Ihnen sehr viel. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen.“
„Das ist doch selbstverständlich. Diese Firma ist mein Leben.“
Schulte drückte Löser die unterschriebenen Kontrakte in die Hand und stoppte vor den Sanitärräumen.
„Würden Sie mir die Unterlagen bitte auf meinen Schreibtisch legen? Ich lege sie dann gleich in den Tresor, muss aber erst noch wohin.“
Löser nickte. „Natürlich. Ich gehe dann aber schon. War heute doch ganz schön anstrengend.“
„Schönen Feierabend! Den haben Sie sich wahrlich verdient.“
5. Kapitel - Montag, 08.09
Nach dem Verlust ihres Orientierungssinns hatte sie auch jedes Zeitgefühl verloren. Sie vermochte nicht zu sagen, ob sie fünf Minuten oder eine Stunde mit dem Auto gefahren waren. Sie spürte nur, dass der Weg unebener und holpriger wurde, weil sie mit einem Mal stärker hin und her geschüttelt wurde.
Als der Wagen dann nach einer Weile abrupt zum Stillstand kam, begann ihr Herz wieder zu rasen. Während der Fahrt war ihr Herzschlag nie auf ein Normalmaß zurückgekehrt, hatte sich aber auf einem hohen Niveau relativ konstant eingependelt. Der Kofferraum sprang auf. Sie sog die frische Luft tief in ihre Lungen ein. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie stickig es im Kofferraum gewesen war. Er packte sie am Arm und half ihr, sich aufzurichten. Dann hob er sie heraus, stellte sie auf den Boden, nur um sie sich gleich wieder über die Schulter zu legen und marschierte los. Sie verdrängte ihre bösen Vorahnungen durch Stoßgebete, die sie pausenlos zum Himmel sendete. Irgendwie waren sie in einem Haus gelandet. Ihr kroch ein muffiger, abgestandener Geruch in die Nase. Sie hatte nicht gehört, wie eine Tür aufgeschlossen wurde, spürte aber instinktiv die neue Umgebung. Er trug sie abwärts eine Treppe hinunter in den Keller. Ihre schlimmsten Befürchtungen wurden wahr, ein Verlies. Er lud sie ab und sagte, dass sie sich hinsetzen sollte. Sie spürte die Kälte des Bodens an ihren nackten Füßen und die kalte Wand an ihrem Rücken. Irgendwo tropfte Wasser.
„Ich komme wieder, keine Angst“, sagte er mit leisem Ton und verließ den Raum. Die Tür knarrte beim Zuziehen. Er drehte den Schlüssel zweimal im Schloss um.
Ihre Tränen bahnten sich ihren Weg durch ihre Augenbinde, liefen an ihrem Gesicht herab und tropften schließlich auf ihr T-Shirt. Sie weinte hemmungslos und hoffte, dass ihre Tränen ein Stück von ihrer Angst mitnehmen würden. Was würde er als nächstes tun? Wann wäre es endlich so weit? Die Ungewissheit machte sie wahnsinnig. Sie überlegte, ob es vielleicht einfacher für sie werden würde, wenn es endlich geschehen war. Aber was war es? Hatte er sie hierher gebracht, um sie zu töten? Wahrscheinlich nicht. Vielleicht aber doch. Je nach dem, auf welche bestialische Art er ihrem Leben ein Ende setzen wollte. Vielleicht erst zerstückeln, dann essen? Sie erschauderte. Es gab so viele kranke Menschen auf dieser Welt. Wahrscheinlicher aber war, dass er sich an ihr vergehen wollte – immer und immer wieder, wann immer ihm danach war. Deswegen hielt er sie hier unten gefangen. So lange bis sie endlich tot war.
6. Kapitel - Dienstag, 09.09.
Die große Uhr über dem Empfangsbereich zeigte 19:51 Uhr an, als Schulte zu seinem Büro zurückkehrte. Die Tür war angelehnt. Komisch, dachte er. Nur Frau Seibel, Löser und Elli hatten einen Schlüssel für sein Arbeitszimmer. Na ja, besänftigte er seinen aufkommenden Ärger, wahrscheinlich hatte Löser ihm nur einen Gefallen tun wollen und hatte deswegen die Tür offen gelassen. Er wusste ja, dass er gleich kommen würde. Schulte öffnete die Tür und trat in sein Büro. Auf dem ersten Blick sah er, dass sein Chefsessel nicht an der Stelle stand, wie er ihn verlassen hatte.
Er achtete stets sehr penibel darauf, dass er genau in der Mitte seines Schreibtisches stand und die Armlehnen den Tisch berührten. Jetzt stand er weiter links und die Armlehnen guckten nach rechts. Ein ungutes Gefühl machte sich kurz in ihm breit, wurde aber von seiner Feierlaune schnell wieder verdrängt.
Auf dem Weg zu seinem Schreibtisch konnte er nicht an der
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