Fesselnde Liebe - Teil 1 (German Edition)
dann heute tun?«, frage ich, während ich mich an ihm vorbeizwänge und auf die Tür zugehe, hinter der ich mein Refugium für die nächsten Wochen weiß.
»Wie wäre es mit Lektüre? Die Bibliothek steht dir offen.«
Ich drehe mich nicht zu ihm um, stoße die Tür auf und stelle fest, dass mir der Raum jetzt schon vertraut vorkommt, obwohl ich nur eine Nacht darin verbracht habe. Vor einer knappen Woche, die sich anfühlt wie ein ganzer Monat. Ich schiebe den Koffer mit dem Fuß weiter ins Zimmer und schließe die Tür vorsichtig.
»Zum Lesen hätte ich nicht herkommen müssen. Das kann ich genauso gut allein.«
»Sei nicht böse, Gwendolyn. Mein Zeitplan ist durcheinandergeraten, das ist kein Beinbruch.«
Für dich vielleicht nicht. Für mich allerdings schon! Ich komme überhaupt nicht gut klar mit kurzfristig geänderten Plänen, ich brauche Rituale, meine geregelten Abläufe. Ich werde den Teufel tun und ihm diesen Schwachpunkt verraten. Genauso gut könnte ich ihm eine geladene und entsicherte Waffe in die Hand drücken!
»Schon gut.« Unschlüssig verharre ich im Flur, bis er auf mich zukommt und vor mir stehen bleibt. Ich atme tief ein und rieche ... Sex. Der eindeutige, herbe, moschusartige Geruch von frischer Lust. Irritiert versuche ich, den Blick von ihm abzuwenden. Er ist nicht rasiert, und der Anblick der dunklen Bartstoppeln löst eine Gänsehaut auf meinem Körper aus. Der Gedanke, wie dieses raue Kinn ... Gwen, verflucht noch mal! Hör sofort damit auf!
»Also, ich gehe dann in die Bibliothek?« Das sollte keine Frage werden, sondern eine Aussage, doch offenbar gehorcht mein Mund mir genauso wenig wie der Rest meines Körpers. Oh Mann.
»Wie du magst. Ich nehme an, dass du heute Abend mit uns essen willst. Falls du vorher schon hungrig wirst, geh einfach in die Küche und bedien dich. Mein Haus ist dein Haus.«
Hastig drehe ich mich um, bevor ich schon wieder vor seinen Augen schlucken muss. Das Gefühl, dass er mich durchschaut und mehr über mich weiß als ich selbst, wird mit jeder Minute in seiner Gegenwart stärker. Und es gefällt mir überhaupt nicht.
Statt meinen Lieblingsraum in diesem Luxuspenthouse zu betreten, gehe ich erst mal zurück in mein Zimmer und verharre lauschend vor der geschlossenen Tür, bis ich höre, dass er in seinem Schlafzimmer ist. Was für ein Desaster!
Ich hole mein Handy aus der Tasche, setze mich aufs Bett und texte Cat, dass es mir gut geht. Und dass Adrian Moore so charmant ist wie Margret Thatcher. Es kommt keine Antwort, womit ich auch nicht gerechnet habe. Wahrscheinlich schläft sie noch oder ist gerade mit ihrem neuen Lover beschäftigt und nutzt die Gelegenheit, sich auf unserem Küchentisch den Hintern versohlen zu lassen.
In der Bibliothek beruhige ich mich sofort. Ich meine, hier stehen Hunderte von Büchern, sorgfältig bis unter die Decke aufgereiht. Hier kann man sich nicht aufregen, hier muss man ruhig sein. Umgeben von klugen Worten, Gedanken – so viel Leben! Womit fange ich an?
Wahrscheinlich erwartet er, dass ich mich in sein Genre einlese, also durchforste ich die Regale nach Erotik und werde fündig. Gütiger Gott! Ich wusste nicht mal, dass es so viele Erotikromane gibt. Das ist unfassbar. Ein mehrere Meter hohes, breites Regal, und die Titel auf den Buchrücken verraten eins: Hier geht es eindeutig zur Sache. Ein paar alte Klassiker, die ich vom Namen her kenne, entdecke ich. Venus im Pelz. Justine. Neuneinhalb Wochen. Okay, hier ist wohl die SM-Ecke. Mal sehen ... Henry Miller. Bukowski. An aï s Nin. Gut, damit kann ich was anfangen. Vorsichtig ziehe ich eine Originalausgabe von An aï s Nins Delta der Venus aus dem Regal und schlage es auf. Während ich vertieft ein paar Seiten lese, bekomme ich Besuch, den ich erst spät bemerke. Nämlich als mein Gesicht glüht und sich zwischen meinen Beinen ein eigenartiges Prickeln ausgebreitet hat.
»Himmel, musst du mich so erschrecken?«, fahre ich ihn an, als er sich neben mir amüsiert räuspert, und schlage das Buch so heftig zu, als hätte er mich beim Onanieren erwischt.
Er ist zum Glück angezogen, trägt eine schwarze, enge Hose und ein dunkles Hemd mit hochgeschobenen Ärmeln, dazu schwarze Lederschuhe und Socken, als wäre er auf dem Weg irgendwo hin.
»Es freut mich, dass du mein Lieblingsregal auf Anhieb gefunden hast.«
»War ja nicht schwer«, brumme ich und schiebe das Buch an seinen Platz zurück. Auf meinem Rücken hat sich Schweiß gebildet. Ist auch verflucht
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