Fesselnde Liebe - Teil 1 (German Edition)
atmen, um meinen rasenden Puls zu beruhigen. Dann nimmt er meine Hand und lässt seine Fingerkuppen auf meiner Handfläche kreisen. Fährt die feinen Linien nach. Die zarte Berührung löst eine Gänsehaut aus, und ich kann meine Augen nicht abwenden. Wie winzig meine Hand in seiner wirkt ... wie zärtlich und vertraut diese Berührung ist.
»Sprich mit mir, Kleines«, flüstert er und streicht mit der freien Hand über meinen Rücken.
»Meine Mutter war streng, sehr streng. Sie hat keine Fehler zugelassen, und wenn mir doch mal einer passiert ist, musste ich dafür büßen. Sie hat mich tagelang in meinem Zimmer eingesperrt und mir nur wortlos Essen und Trinken durch einen Türspalt geschoben. Dann hat sie gemeint, ich hätte ihre Liebe nicht verdient und müsste ihr erst zeigen, dass ich es wert bin, von ihr geliebt zu werden. Ich habe geheult und geschrien, wollte raus, wollte, dass sie mich in den Arm nimmt und mir sagt, dass ich doch ihre Tochter bin, dass sie für mich da ist. Aber sie hat mich ignoriert. Bis sie plötzlich zurückkam, die Tür öffnete und sagte, dass ich nun gehen könnte. Wohin ich wollte. Ich war noch klein damals und konnte natürlich nirgendwo hin, aber ich hatte ständig Angst. Angst davor, dass sie mich verstößt und ich auf der Straße leben muss.«
Meine Augen brennen immer schlimmer. Alles in mir zieht sich schmerzhaft zusammen, die Erinnerungen sind mächtig und drohen mich zu ersticken. Adrian hält mich und streichelt mein Haar, meinen Rücken. Ich zittere in seinen Armen und rede gepresst weiter, als ob plötzlich alles, was ich in mich hineingefressen habe, hinausdrängt. Wie wenn man zu viel gegessen hat und sich auf einmal übergeben muss.
»Sie hat meinen Mund mit Spülmittel ausgewaschen, wenn ich ein böses Wort benutzt habe. An einem Tag habe ich nach der Schule bei einer Freundin gegessen und kam abends nach Hause. Meine Mutter hatte gekocht und verlangte, dass ich mit ihr esse, aber ich konnte nicht mehr, ich war schon so satt. Sie hat mich am Stuhl festgebunden und mich gefüttert, mit einer Hand mein Kinn festgehalten und meinen Mund aufgezwungen. Als ich mich nach zwei Stunden vor Erschöpfung erbrach, hat sie mich mit meinem Erbrochenen gefüttert, bis der Teller leer war. Ich war damals zehn Jahre alt.«
Adrian zuckt neben mir zusammen. Ich sehe nicht auf, starre auf meine Knie und meine Finger, die sich hektisch bewegen. Es ist lange her, dass ich über diese Dinge gesprochen habe. Cat weiß davon, und Kilian. Warum ich nun ausgerechnet Adrian davon erzähle, begreife ich selbst nicht, aber es fühlt sich gut an, in seinen Armen zu liegen und zu reden.
»Ich habe die meisten Tage meiner Kindheit in meinem Zimmer verbracht. Lesend. Ich habe Bücher verschlungen wie andere Kinder Süßigkeiten. Einige habe ich wieder und wieder gelesen, weil meine Mutter mir an schlimmen Tagen den Zutritt zu ihrer Buchhandlung verweigerte, also musste ich lesen, was da war. Ich war immer kleiner und dünner als die anderen, weil ich unter ständigem Mangel litt. Zu wenig Sonne, viel zu wenig Bewegung, zu wenig zu essen. Meine Mutter glaubte, dass ihre Erziehungsmethoden perfekt wären, und das glaubt sie vermutlich heute noch. Sie versteht nicht, was sie mir damit angetan hat, was sie aus mir gemacht hat.«
Aus meiner Trauer wird Wut. Ich balle die Hände zu Fäusten und boxe in die Luft, als ob ich sie treffen könnte.
»Sie hat mir eingeredet, krank zu sein. Ich wäre wie mein Vater, hat sie gesagt. Unstet, ein unruhiger Geist. Nicht in der Lage, ein verantwortungsvolles Leben zu führen. Daher müsste sie mich erziehen, damit diese schlechte Anlage keine Chance hat und aus mir ein guter Mensch wird.«
»Kleines, das ist schrecklich. Ganz schrecklich.«
»Vielleicht kannst du jetzt verstehen, warum ich ein Problem habe wenn ein erwachsener Mann mir sagt, er müsse Frauen erziehen ?«, frage ich und sehe zum ersten Mal während meiner langen Rede zu ihm auf. Er presst die Lippen fest zusammen und nickt.
»Natürlich. Ich verstehe dich.« Dann küsst er mich. Einfach so. Legt eine Hand unter mein Kinn, hält mein tränennasses Gesicht fest und küsst mich warm, zärtlich.
Der Schmerz, den die Erinnerung aus gelöst hat, vermischt sich mit dem sinnlichen Kuss und entfaltet eine Kraft, die mich schier zerreißt. Die Wärme seines kräftigen Körpers umhüllt mich tröstlich, und bevor ich es verhindern kann, liege ich schluchzend an seiner Brust und wische mir den Rotz an
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