Fesselnde Liebe - Teil 2
Champagner in der Hand im Zimmer stehe und lächelnd beobachte, wie Adrian mit Emily und der neuen Barbie spielt, die er ihr geschenkt hat. Nicole hat getobt, weil sie das Spielzeug sexistisch findet und nie ins Haus lassen wollte, aber er hat erwidert, als Onkel hätte er das Recht, seine Nichte zu verziehen. Um die Folgen müsse sie sich als Mutter kümmern.
» Ich habe ihn lange nicht so glücklich gesehen.« Die blonde Frau drückt meine Hand, und ich erwidere die Geste dankbar.
» Das freut mich. Wirklich.«
Adrians Mutter zieht mich ein paar Schritte zurück, aus dem Hörbereich der anderen. »Seit der Sache mit Carol ist er nicht mehr derselbe. Ich weiß nicht, ob er dir davon erzählt hat. Er spricht nicht gern darüber ...« Sie sieht mich an und erst jetzt wird mir bewusst, dass ihr Sohn die gleichen blauen Augen hat wie sie. Sie ist wie gestern zu korrekt gekleidet, sodass ich mich in meiner Jeans ziemlich fehl am Platz fühle.
» Er hat es mir gesagt«, bestätige ich, und mein Puls beschleunigt sich. Vielleicht erfahre ich von ihr mehr, als Adrian mir erzählen wollte?
» Möchtest du Fotos von ihr sehen?«, fragt sie, und ich nicke, ohne weiter nachzudenken.
Unbemerkt von den anderen folge ich ihr in den Flur, bis wir in dem großen Terrassenzimmer landen, in dem wir gestern Nachmittag gesessen haben. Sie bedeutet mir, mich zu setzen, und holt nach ein paar Minuten ein Album aus dem Regal.
»Du musst denken, ich sei fürchterlich sentimental, dass ich dich gleich so mit alten Fotos belästige«, sagt sie lächelnd und legt das in Leder gebundene Buch auf meinen Schoß. »Aber es ist so schön, dass Adrian endlich wieder jemanden mit nach Hause bringt. Ich hatte Sorge, dass er nie ...« Sie beißt sich auf die schmale Unterlippe und schlägt das Album auf.
Ich erkenne sie sofort, obwohl sie auf den ersten Bildern noch ein Baby ist. Und ich sehe auch das, was ich schon in London bemerkt habe. Die Ähnlichkeit mit mir. Ist das ein Zufall? Ich schlucke, bevor ich umblättere und mir weitere Fotos ansehe. Ein sehr junger Adrian, der die Schaukel anschubst. Adrian, der einer blonden Puppe die Haare bürstet, während Carol ihn beobachtet. Adrian, der gebückt neben einem Fahrrad mit Stützrädern herläuft, auf dem das Mädchen sitzt. Meine Lippen zittern, und meine Brust wird eng, als ich die Aufnahmen der jugendlichen Carol betrachte. Ein braves Mädchen, hat Adrian gesagt, und ja, genau so sieht sie auf den Fotos aus. In dunkler Schuluniform, die rotblonden Haare zu Zöpfen geflochten. Ein leises Lächeln auf den Lippen, nicht frech, nicht aufdringlich. Ich kann verstehen, warum er sich seiner kleinen Stiefschwester so verbunden fühlte. Eleonor beobachtet mich lächelnd von der Seite, während ich jedes einzelne Bild lange mustere und in Gedanken mit den Fingern Adrians Konturen nachzeichne.
»Du bist ganz anders als sie, viel offener.«
Sie drückt meine Hand und ich klappe das Buch mit einem unguten Gefühl im Magen zu. Ganz sicher hat sie mit dem Vergleich nicht ihre Tochter Carol gemeint, sondern ...
»Hat er dir von ihr erzählt? Seiner letzten Beziehung?« Sie sieht vorsichtig zur Tür und flüstert nur, als ob sie mir ein Geheimnis anvertrauen wollte. In meinem Magen rumort es leise, während ich den Kopf schüttle und angespannt darauf warte, dass sie mir mehr sagt. Mehr, als Adrian lieb sein dürfte, das ist mir klar.
» Es war eine schreckliche Geschichte, und er hat sich sehr verändert seitdem. Manchmal erkenne ich ihn kaum wieder! Darum bin ich wirklich glücklich darüber, dass er dich mit zu uns gebracht hat. Ich weiß nicht, was er sonst so treibt in London, außer zu schreiben, aber von einer neuen Freundin war seit einem Jahr keine Spur. Die Sache nagt stärker an ihm, als er zugeben will.«
» Welche Sache?«, frage ich und halte den Atem an, als sie den Mund zu einer Antwort öffnet. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Doch eine scharfe Stimme zerschneidet die angespannte Atmosphäre und lässt mich wie ertappt zusammenfahren.
» Hier steckst du. Ich habe dich gesucht.« Adrian steht mit verschränkten Armen in der Tür, die Falte auf seiner Stirn ist tief wie ein Graben. Er wirft seiner Mutter einen warnenden Blick zu. Sie steht lächelnd auf, das Album in der Hand.
» Ich habe Gwen Fotos von Carol und dir gezeigt.«
» Mutter! Was soll das?«
Ihr leises Lachen klingt gequält. »Er hält mich für sentimental, weißt du?«, sagt sie zu mir gewandt und zwinkert mir zu.
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