Fesselnde Liebe - Teil 2
»Aber in meinem Alter hat man das Recht dazu, auch wenn es ihm nicht gefällt. Eines Tages, mein lieber Sohn, wirst auch du sentimental werden. Lass mich dir das prophezeien.«
» Komm«, sagt er, ihren Einwurf ignorierend, und streckt den Arm in meine Richtung aus. Ich stehe auf und folge ihm durch den Flur zur Treppe und nach oben ins Schlafzimmer. Dort wirft er die Tür hinter mir zu und bleibt dicht vor mir stehen.
» Warum bist du wütend?«, frage ich verwirrt. »Ich habe nur ...«
» Worüber habt ihr gesprochen?« Seine Augen funkeln intensiv.
» Über nichts. Über Carol.« Und vielleicht über Gisele, aber den Einwand verkneife ich mir. Ich weiß nicht, was er gehört hat, doch mein Instinkt sagt mir, dass ich jetzt besser schweige. Sein eisiger Blick jagt mir einen Schauer über den Rücken.
» Es gefällt mir nicht, wenn in meiner Abwesenheit über mich geredet wird. Es gibt Dinge, die du nicht wissen musst. Ich will dich nicht wieder verlieren, Kleines. Vertrau mir einfach.«
» Dann musst du endlich anfangen, dich mir zu öffnen! Warum erwartest du von mir bedingungsloses Vertrauen und lässt mich im Ungewissen? Ich kenne Gerüchte, Andeutungen ... nur die Wahrheit kenne ich nicht. Wie soll ich damit leben, Adrian? Du machst mir Angst und schüchterst mich ein.«
» Kleines ...«
Ich will zurückweichen von ihm, aber er ist schneller und stärker und hat mich so rasch umklammert, dass ich mich nicht wehren kann. Meine Wangen sind plötzlich feucht und ich weiß nicht, wo ich hinsehen soll.
» Du bist zu viel für mich, Adrian. Viel zu viel«, sage ich leise, während er mich gegen seine Brust drückt und festhält. »Ich kann dich nicht begreifen, ich verstehe dich nicht. Du verwirrst mich, du machst mich glücklich, du fühlst dich so gut an, du ...«
Mit einer Hand hebt er mein Kinn an, damit ich ihm in die Augen sehe, dann senkt er den Mund und küsst mich. Sanft und zärtlich. Lange. Meine Knie werden weich und ich ärgere mich darüber. Verflucht noch mal, warum kann ich nicht einfach wütend auf ihn sein? Warum muss er so nett sein und doch so verschlossen?
»Du machst es mir nicht leicht«, murmle ich schließlich, aber ich habe mich längst wieder ergeben.
» Dann arbeite ich daran, es leichter zu machen. Für dich. Für uns.«
Wir bleiben einige Minuten so stehen, in einer engen Umarmung.
»Lass uns zurück nach London fahren. Vielleicht war es keine gute Idee, mit dir hierher zu kommen.«
» Ich fand es sehr schön hier, bis ...«, sage ich und beiße mir auf die Zunge, um es nicht aussprechen zu müssen. »Außerdem habe ich Kilian gestern noch eine Nachricht geschickt. Er wohnt doch auch in Aberdeen und ich dachte, wir könnten ihn besuchen, solange wir hier sind.«
Adrians Miene wird hart. Als hätte jemand einen Vorhang zugezogen, ist sein Ausdruck schier undurchdringlich. Ich erschauere und suche seinen Blick, doch er weicht mir aus.
» Adrian? Ich dachte, es wäre nett, wenn du einen meiner Freunde kennenlernst.«
» Lass uns zurückfahren«, sagt er so eisig, dass ich eine Gänsehaut bekomme.
» Was ist los? Du musst nicht eifersüchtig sein, wirklich. Kilian ist ein guter Freund und ich würde ihn gern besuchen, weil er wegen seiner Mutter ...«
» Nein. Ich denke, es ist besser, wenn wir den Besuch hier abbrechen. Es war nicht gut, dich so früh mitzunehmen.«
Er geht einen Schritt zurück und fährt sich mit beiden Händen durchs Haar. Verwirrt sauge ich an meiner Lippe und versuche zu erkunden, was mit ihm los ist. Warum stößt er mich weg, wenn ich gerade das Gefühl habe, ihm nähergekommen zu sein?
»Glaub mir, Kleines. Wir haben viel zu tun und brauchen die Zeit. Es war eine dumme Idee von mir, ich hätte nicht ... Was du wissen musst, wirst du erfahren. Wenn der Zeitpunkt richtig ist. Ich will dich nicht wieder verlieren und es gibt Dinge in meinem Leben, die du vielleicht falsch verstehen könntest. Zumindest jetzt. Vertrau mir einfach.«
» Wie soll ich dir vertrauen, Adrian? Ich habe das Gefühl, dass du mir etwas verheimlichst. Etwas Wichtiges. Vertrauen platzt nicht einfach so ins Leben, es muss wachsen. Aber du machst es mir nicht leicht.«
Ich presse die Lippen fest aufeinander und schaue ihn an. Sehe in seine tiefblauen Augen, die so hart und undurchdringlich wirken können. Wärme durchströmt meinen Körper. Eine tiefe Zuneigung, die wie ein Magnet auf mich wirkt. Immer dann, wenn ich das Gefühl habe, dass er mich von sich stoßen will, weil
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