Fesselnde Liebe - Teil 2
er etwas verbergen möchte. Je mehr er sich entfernt, desto stärker werde ich zu ihm gezogen. Als ob eine unsichtbare Macht mich an ihn fesselt.
» Du hast meine Bücher gelesen – alle. Auch die, von denen du nicht wusstest, dass ich sie geschrieben habe. Du kennst mich vermutlich besser als die meisten anderen Menschen, Gwen.«
Das Lachen, das mir entfährt, klingt nicht mal für meine Ohren echt. »Ich kenne dich überhaupt nicht. Ganz und gar nicht. Ich weiß, wie du aussiehst, wenn du schläfst. Ich weiß, wie du dich anfühlst, wie du riechst. Ich weiß, wie du aussiehst, wenn du kommst. Wenn du heiß auf mich bist. Aber sonst ...? Ich frage mich langsam, was das hier sein soll? Eine Sexaffäre mit angeblicher Lektoratsarbeit? Recherche?«
» Gwendolyn, ich bitte dich, nachzudenken, bevor du weitersprichst.« Seine Stimme klingt mit einem Mal wieder dunkel und hart und jagt einen kalten Schauer über meinen Rücken. Er hat meinen vollen Namen gesagt, und es erinnert mich daran, wie meine Mutter ihn ausgesprochen hat. Es erzeugt dieselben Gefühle, die ich damals hatte. Angst und ein diffuses schlechtes Gewissen. Und das gefällt mir nicht.
» Dann erzähl mir, was mit Gisele passiert ist. Mit welchen Frauen du zusammen warst und was du mit ihnen getan hast. Warum du so ein Problem mit meinen Freunden hast. Alles.«
Herausfordernd suche ich seinen Blick, den er stumm und mit regloser Miene erwidert.
»Wir fahren nach London.«
17
Dicke graue Wolken hängen über uns, daher hält Adrian irgendwo mitten im schottischen Nirwana an und schließt das Autodach. Jetzt fühle ich mich wie in einer Konservendose, ohne den freien Himmel über mir.
Adrians Familie war unglücklich, als er den plötzlichen Aufbruch ankündigte, und ich habe ihn erwischt, wie er mit seiner Mutter flüsterte und dabei ziemlich verärgert aussah. Wahrscheinlich hat er ihr Vorhaltungen gemacht, weil sie mir alte Fotos gezeigt und damit unseren Streit provoziert hat.
Seine Kiefer sind aufeinander gepresst, er knirscht mit den Zähnen und fährt viel zu schnell. Ich halte mich am Griff über der Tür fest, weil ich sonst in jeder Kurve durchs Auto geschleudert würde, aber ich traue mich nicht, etwas zu sagen oder gar noch einmal nach Gisele zu fragen. Die Furcht, dass sich dahinter eine wirklich schlimme Geschichte verbirgt, wächst mit jedem Kilometer. Und wird verstärkt durch sein seltsames Verhalten. Er ist plötzlich so weit weg, so unnahbar und kalt.
» Greif ins Handschuhfach. Darin liegt etwas zur Unterhaltung während der Fahrt«, sagt er, kurz nachdem wir Edinburgh hinter uns gelassen haben.
Neugierig öffne ich das Fach und finde ein ausgedrucktes und sorgfältig geheftetes Manuskript. Schon den ersten Satz erkenne ich – es ist das Buch, das er mir geschickt hat. Das Buch, das er ... über mich geschrieben hat. Oder über die Liebe. Doch jetzt steht ein Autorenname unter dem Titel. John Karry . Mein Herz fängt an zu rasen, meine Finger werden steif, als ich es vorsichtig aufschlage.
» Ich möchte, dass du es mir vorliest«, sagt er ruhig. »Und deine Meinung darüber vorerst für dich behältst. Es ist noch lange nicht fertig, aber ich glaube, dass es ganz gut wird.«
Ich schlucke. Leider bin ich nicht besonders gut im Vorlesen, aber ich werde mir Mühe geben. Auch wenn jeder einzelne Satz meinen Magen verkrampft und tief in mein Herz fährt. Weil ich daran denken muss, wie benutzt ich mich gefühlt habe. Weil ich verdrängt habe, dass er mich vielleicht nur als Rechercheobjekt braucht. Was wird geschehen, wenn das Buch fertig ist? Wird er sein altes Leben weiterleben? Um Fesselnde Liebe 2 zu schreiben, wozu er sich an willigen und unterwürfigen Frauen bedient, natürlich nur zur Recherchezwecken?
Auf meiner Brust scheint ein Stein zu liegen, und meine Stimme klingt gepresst, als ich langsam anfange, den Text vorzulesen. Die Worte, die sich so stark in mein Hirn gebrannt haben, dass ich beim Lesen weinen musste. Doch nach den ersten Seiten geht es besser. Und dann lese ich einen Absatz vor, der mich schwindeln lässt.
Wenn sie wüsste, wie gut ich sie bereits kenne. Was ich über sie weiß. Sie hätte Angst vor mir. Es ist nie gut, zu viel über einen anderen Menschen zu wissen. Noch gefährlicher als das Wissen selbst ist jedoch die Erkenntnis des anderen darüber.
Liebe braucht Geheimnisse, sie nährt sich vom Mysterium, von der Gefahr und Bedrohung, der wir uns aussetzen, wenn wir lieben. Sie nährt sich
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