Fesselndes Geheimnis
betrachtete er Kaviar und Gänseleberpastete in Dosen und musterte in Honig eingelegte Chicoreeplätzchen in Gläsern. Der Laden hatte mehrere Spiegel mit von Straßsteinen glitzernden Rahmen. Sehr schön. Das gab ihm ausreichend Gelegenheit, die Leute verstohlen zu mustern. War ein Verfolger dabei? Wieso stand nah am Ausgang ein Mann mit großer dunkler Sonnenbrille, ohne Tasche, ohne etwas zu kaufen?
Verdächtig. Mark spürte, wie ihm Schweißperlen auf die Stirn traten. Dabei war es angenehm hier drin, sehr schön temperiert, die Klimaanlage war weder zu hoch noch zu niedrig eingestellt.
Ah. Der Mann mit der Sonnenbrille hatte auf seine Freundin gewartet. Er küsste sie, nahm ihr die Einkaufstüte ab und ging Arm in Arm mit ihr davon.
Mark durchstreifte mehrmals alle Gänge. Nichts. Niemand verfolgte ihn. Aber war das auch absolut sicher? Besser, er machte noch einmal Station in einem größeren Geschäft.
Er betrat ein mehrstöckiges Modekaufhaus und fuhr Rolltreppen hoch und runter, immer wieder. Und noch einmal. Diesmal fuhr er eine Etage hoch, ging um die Ecke und fuhr ohne Verzug wieder hinab. Er nahm eine Rolltreppe, ging im 2. Stock in Richtung Treppenhaus und lief rasch eine Treppe hinunter. DA! Über ihm ging die Tür. Er wartete. Doch offenbar folgte ihm niemand … die Schritte der Person, die hinter ihm die Tür zum Treppenhaus geöffnet hatte, entfernten sich. Sie oder er ging also nach oben, nicht nach unten. Er fuhr noch einmal bis ganz nach oben. Dann wieder runter.
Nein. Es gab keine Hinweise auf Verfolger. Um vollends sicher zu gehen, ließ er sich endlich in einem belebten Café nieder. Die Gäste streifte er mit scheinbar beiläufigen Blicken: eine dunkelhaarige junge Frau mit ihrem sehr viel älteren Liebhaber im trauten Tête-à-tête, eine Frau, die ihm den Rücken zuwandte und deren schönes rotblondes Haar in Wellen über ihre Schultern floss, ein dicker alter Herr, der selbstvergessen seinen Zahnstocher benutzte, ein schwules Pärchen in einer heftigen Diskussion. Alles unverdächtig.
Mark bewunderte flüchtig die herrliche, ungewöhnliche Haarfarbe der jungen Frau – er sah mehrmals hin und bemerkte, wie ihre Hände ihren dichten Schopf fassten und ihn zu einem Pferdeschwanz zurechtmachten. Die beiden Homosexuellen stritten immer heftiger. Genervt lutschte der korpulente Alte an seinem Zahnstocher.
Nach seiner Bestellung, die er sofort bezahlte, ging Mark auf die Toilette. Dabei bog er in die andere Richtung und wählte den Hinterausgang, der ihn erst in eine Sackgasse, dann über eine leicht zu überkletternde Mauer in eine weitere Gasse führte.
Überzeugt davon, seine Verfolger losgeworden zu sein, nahm er die nächste Tram Richtung Bredene. Ja, alles war in Ordnung. Noch vor kurzem hätte er schwören können, dass jemand von seinem Ziel Wind bekommen hatte, doch nun glaubte er daran, das Opfer seiner eigenen übergroßen Vorsicht geworden zu sein.
Er freute sich schon auf das Treffen mit seiner Auftraggeberin.
Kapitel 2
Ich tat so, als sei ich in Urlaub. Etwas, was mir im idyllischen Bredene nicht unbedingt schwerfiel. Sehnsüchtig kreischten die Möwen über mir, segelten gelassen durch das zarte Blau des Himmels und trugen meine Träume auf ihren Flügelspitzen zur weiten Nordsee hin. Ich kniff meine Augen zu Schlitzen zusammen, um trotz der Sonneneinstrahlung den eleganten Vögeln nachsehen zu können. Der warme Sand des Strandes bot meinem Körper eine bequeme Liegefläche, und der Wind strich über mich, weder kühl noch heiß – eine ungewöhnlich sanfte Meeresbrise. Sie schien mir Zärtlichkeiten ins Ohr zu flüstern, ruhte niemals, stets und ständig erhob sie ihre wispernde Stimme. Bei Sturm konnte sie zu einem tosenden Gebrüll anschwellen, nicht selten zischte sie scharf, als würde die Atmosphäre selbst staunende Laute ausstoßen, oder sie heulte verträumt wie ein lebendiges Wesen, das Salz mit sich trug und feuchten Glanz auf das Dünengras zauberte.
Die belgische Nordseeküste hatte mich von jeher magisch angezogen. Mit ihrer imposanten Dünenlandschaft, die sich als natürliches Bollwerk zwischen das potenziell zerstörerische Meer und die kleinen Ortschaften gelegt hatte, beeindruckte sie mich jedes Mal aufs Neue.
Beeindruckt hatte mich auch der FKK-Strand. Den einzigen Belgiens, wie ich erfuhr. »La plage naturiste«, der folgerichtig auch ein paar seltsame Gestalten anzog: Voyeure und Spinner, verklemmte Großväter und unerfahrene Jungspunde. Mich
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