Fessle mich!
überhaupt alles in einen Sklavenvertrag aufgenommen werden? Das kommt darauf an, was Sie damit anfangen möchten. Wenn es Ihnen nur auf den erotischen Kick ankommt, dann genügt theoretisch ein einziger Satz wie etwa »Hiermit übergebe ich mich unwiderruflich und dauerhaft in das Eigentum von …« Damit ist aber nicht im Geringsten geklärt, was das genau bedeutet. Hat Ihr neuer »Eigentümer« das Recht, Ihnen zu befehlen, dass Sie Ihren Job kündigen und sich einen neuen suchen, der ihm besser gefällt? Muss er Sie bis dahin finanziell versorgen? Wohl kaum – auch wenn man bedenkt, dass der berühmteste Sklavenvertrag in der Literaturgeschichte nicht viel anders gestaltet ist: Severin, die männliche Hauptfigur von Sacher-Masochs Venus im Pelz (tredition, 2004), überschreibt all sein Geld und seine Selbstbestimmung seiner neuen Herrin Wanda, wird daraufhin ihr Gärtner und Diener, und sie verpflichtet sich dafür lediglich, ab und zu grausam zu sein und Pelze zu tragen.
Wenn Sie Ihren Sklavenvertrag etwas detaillierter ausgestalten möchten, wollen Sie vermutlich einige weitere Dinge darin aufnehmen, zum Beispiel
Rechte, Pflichten und Grenzen beider Partner,
die Dauer der Gültigkeit,
auf welche Weise Konflikte und Meinungsverschiedenheiten gelöst werden,
in welchen Situationen Gehorsamspflicht besteht und wann nicht,
der Umgang miteinander in der Öffentlichkeit (Soll der dominante Partner dort ebenfalls als »Herr« oder »Herrin« angesprochen werden?),
Zeiträume, in denen sich die beiden Partner nicht in ihrer Herr- und-Sklaven-Rolle befinden,
ob die beiden Partner auch Beziehungen zu Dritten eingehen dürfen und
zu welchen Strafen ein Vertragsbruch führt.
Letzten Endes ist die Ausgestaltung eines solchen Schriftstücks ganz Ihnen und Ihrem Partner überlassen.
Kapitel 11
Total Power Exchange – Was ist eine 24/7-Beziehung?
Der Sklavenvertrag, den Christian Grey von Anastasia unterzeichnet haben möchte, macht klar, dass er ihre Unterwerfung nicht nur in kurzzeitigen Rollenspielen genießen möchte. Stattdessen spricht er von »Total Power Exchange«. Der landläufigere Ausdruck, den man auch in vielen Kontaktanzeigen findet, lautet »24/7«. Damit ist gemeint, dass die erotische Unterwerfung kontinuierlich aufrechterhalten und gelebt werden soll: 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.
Die eigene Unabhängigkeit vollständig aufzugeben und fortan nur noch als Diener des erwählten Partners zu existieren, kann für manchen devoten Menschen die Verwirklichung seiner Träume darstellen. Umgekehrt empfinden es viele dominante SMer als reizvoll, sich einen »Sklaven« zu halten, von dem sie rund um die Uhr verwöhnt werden.
Wie bei so vielen Fantasien kann hier aber die Vorstellung reizvoller als die oft ernüchternde Wirklichkeit sein. Viele Dominas berichten zum Beispiel, dass Männer, die ein Wochenende oder auch nur eine komplette Nacht für ihre Verknechtung gebucht haben, schon davon häufig überfordert waren. Bestimmte Unannehmlichkeiten wurden von ihnen nicht vorhergesehen (und sei es auch nur die Langeweile mehrerer Stunden Verlies oder Käfig, die jegliche Erregung zunichtemacht). Sie machten die Erfahrung einer kompletten Fehleinschätzung der gesamten Situation.
Auch eine 24/7-Beziehung ist letztlich nur innerhalb einer funktionierenden Partnerschaft möglich und kaum ein Weg, lediglich über einen kostenlosen Diener zu verfügen. Eine Hamburger Profi-Domina und SM-Autorin, mit der ich mich einmal getroffen habe, berichtete mir zum Beispiel von ihren verschiedenen Versuchen, sich einen Putzsklaven zu halten; sie musste dabei immer wieder feststellen, dass sie die entsprechende Arbeit deutlich schneller alleine erledigt hätte als in der Zeit, die sie mit Beaufsichtigung und Kontrolle verbringen musste. Den männlichen Dienstleister alleine arbeiten zu lassen, ist in der Praxis ebenfalls nicht umsetzbar, da sich die wenigsten Männer zu solchen Tätigkeiten instrumentalisieren lassen, ohne dass damit eine erotische Gegenleistung für sie verbunden ist. Ab und an mag sich ein dominanter Mann oder eine dominante Frau so inszenieren, als ob er oder sie sich einen devoten Partner lediglich »halte«, damit dieser lästige Arbeiten übernimmt; mir ist aber kein einziger Fall bekannt, wo dies tatsächlich funktioniert hätte.
Von außen betrachtet mag eine 24/7-Partnerschaft seltsam, wenn nicht gar schädlich erscheinen. Ist es nicht die Natur des Menschen, sich als Individuum selbst zu
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