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Fest der Fliegen

Fest der Fliegen

Titel: Fest der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Heidenreich
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gespeichert. Unsere historische Abteilung hat uns belehrt, dass ein Domingo Idiocáiz Anfang des 16. Jahrhunderts in Italien gelebt hat und Erzbischof von Brindisi war. Ernannt hat ihn Papst Paul IV., der Gian Pietro Carafa hieß und kein angenehmer Mensch war, jedenfalls feierten die Bürger Roms nach seinem Tod Freudenfeste und befreiten die Gefangenen der Inquisition. Wirklich geholfen haben uns diese Hinweise nicht. Immerhin gibt es ein bisschen DNA, eine Art Fingerabdruck auf der Hand des Toten und auf dem Rosenkranz, den das Opfer noch im Tod festhielt.« »Wie Madame O’Hearn!« »Ja. Ein Rosenkranz mit einem kleinen, geprägten Medaillon aus Messing. Eine Art Wappen. Maschinell gefertigt, wir sind noch auf der Suche nach dem Hersteller. In der Mitte ein Kreuz, rechts und links davon eine Flamme. Auf der Rückseite die Buchstaben IHP. Die Heraldiker sagen uns, dass es Ähnlichkeit mit dem Wappen der spanischen Inquisition hat, nur hatten die links vom Kreuz einen Ölzweig und rechts ein Schwert. Das I könnte also Inquisition heißen, aber was verbirgt sich hinter H und P? Sagt Ihnen das was?« »Absolut nichts.« Swoboda sah Madame O’Hearn vor sich, wie sie im Flur ihrer Wohnung auf dem Boden lag, von einem surrenden Fliegenvolk erobert, und in ihren Händen den Rosenkranz hielt, an dem ein Medaillon blinkte. Er hatte es sich nicht genau angesehen. »Und das Opfer auf dem Parkplatz? Wer war es?« Georges Lecouteux stand auf und streckte sich. »Ich weiß nicht, wie viel ich Ihnen eigentlich sagen darf. Schließlich sind Sie nicht mehr im Dienst, Sie malen ja jetzt nur noch, und Ihr Chef hält viel von Ihrer Kunst!« »Er übertreibt. Sie hatten offenbar ein längeres Gespräch mit ihm.« »Kann man so sagen.« Swoboda stützte sich mit der Hand ab und kam ungelenk auf die Beine. Er verbiss sich den Schmerz in seinen Knien. »Sie müssen mir gar nichts sagen. Ich habe im Grunde mit der ganzen Geschichte nichts zu tun und ich will auch nichts damit zu tun haben. Ich habe von einem guten Freund, der umgebracht worden ist, eine Galerie und einen Verlag geerbt. Von beidem verstehe ich rein gar nichts. Das nimmt mich voll in Anspruch.« Der Commissaire bückte sich und hob seinen Mantel von den Steinen. Geschickt griff er Swobodas Mantel mit auf, ohne darum gebeten worden zu sein. »Es war wirklich ein sehr langes Gespräch. Und es gab wirklich einen Toten in Edinburgh. Einen katholischen Pfarrer, der viel im schottischen und britischen Fernsehen auftrat. Lucius Mawhiney. Einundfünfzig Jahre. Er hat mit den vier anderen Toten vor ihm nichts gemeinsam außer der Art, wie er starb.« »Eine Serie?« »Eigentlich nicht. Obwohl Madame O’Hearn Nummer sechs war. Aber es ist eben nicht derselbe Täter. Es ist nur dasselbe Gift bei den fünf anderen. Die arme Frau in Valmont wurde allerdings erschlagen, die Sache scheint irgendwie aus dem Ruder gelaufen zu sein. Auch hier haben wir Fingerabdrücke und DNA, eine andere als in Edinburgh und gleichfalls nirgends registriert. Wie bei den anderen Morden. Nur die Rosenkränze mit dem Wappenmedaillon sind überall die gleichen. Und deswegen, lieber Swoboda, läuft die Untersuchung bei uns und bei Ihnen und bei Europol und Interpol und Gott sei Dank noch nicht bei der Presse unter dem Namen Rosenkranzmorde . Ich mag diesen Titel nicht. Nicht dass ich besonders katholisch wäre, aber ich finde, er klingt unanständig.« »Was für ein Gift?«, fragte Swoboda und nahm seinen Mantel entgegen. »Sie nennen es Conotoxin. Von irgendwelchen Viechern im Meer. Eigentlich wissen nur Taucher und Ärzte, wie gefährlich es ist. Man macht daraus auch ein sehr wirksames Schmerzmittel für Krebskranke. Die Mörder töten überfallartig mit einer Injektion, meistens in den Hals. Es genügen ein paar Tropfen in der Blutbahn. Wir suchen momentan in der Pharmazie und bei Tauchern. Wenn Sie mich fragen, aussichtslos.« Die beiden Männer standen nebeneinander auf dem Steinstrand von Fécamp und ließen ihre Mäntel über den verschränkten Händen vor dem Bauch hängen. Am Horizont begannen die Farben wieder stärker zu werden. Ein leichter Wind kam von See her auf, ein paar Strandfliegen setzten sich in Swobodas Haar, ohne dass er es bemerkte. »Man muss etwas haben, was nichts mit dem Beruf zu tun hat«, sagte Lecouteux leise. »Gut, dass Sie malen. Ich kann das nicht. Meine Frau schreibt Gedichte, die ich nicht lesen darf. Ich gehe dafür jeden Donnerstagnachmittag in ein Philosophisches

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