Fest der Herzen: Geständnis unterm Weihnachtsbaum / Schicksalstage - Liebesnächte
gefallen, um seinen erwachsenen Jungen in seinen starken Armen zu wiegen.
Nein, hatte Big John immer wieder geflüstert, während Regentropfen und Tränen über sein faltiges Gesicht liefen. Nein!
Noch jetzt, so viele Jahre später, konnte Olivia ihre eigenen Schreie hören, und auch jetzt rissen sie ihr Herz in Stücke.
Tränen liefen ihr übers Gesicht.
Ginger, die auf dem Beifahrersitz des Suburban saß, beugte sich zur Seite, um Olivias Schulter anzustupsen.
Sie schniefte, streckte ihren Rücken und wischte sich die Tränen mit den Handrücken ab. Der Tod ihres Vaters war Thema in den Lokal- und Regionalnachrichten gewesen, und eine Zeit lang hatte sie gehofft, ihre Mutter würde im Fernsehen oder in der Zeitung etwas davon mitbekommen, würde einsehen, wie sehr ihre Familie sie brauchte, und nach Hause zurückkehren.
Aber Delia war nicht heimgekehrt. Entweder hatte sie vom Schicksal ihres Exmannes, mit dem sie vier gemeinsame Kinder hatte, nichts mitgekriegt, oder sie war tot, oder aber es kümmerte sie einfach nicht. Sich eine Heimkehr ihrer Mutter vorzustellen war eine Sache – eine ganz andere war es zu wissen, dass es tatsächlich dazu kommen könnte.
Sie atmete tief ein und blies den Atem energisch wieder aus.
Vielleicht wollte Delia – sofern sie überhaupt Delia war – ja auch jetzt nicht nach Hause zurückkehren. Für die stets optimistische Ashley würde das ein schwerer Schlag sein. Sie lebte in einer Art vollkommener Welt, in der jeder mit jedem gut auskam und in der es keinen Neid und keinen Hass gab.
Der Schnee hatte zwar begonnen zu schmelzen, aber der Boden war noch immer steinhart gefroren, sodass der Suburban über die Zufahrt zu Tanners Ranch holperte und rutschte. Sie hielt an und stellte den Motor ab, wollte aber nur ein paar Minuten bleiben. Als sie die Tür öffnete und ausstieg, sprang Ginger hinter ihr nach draußen, ohne auf die Rampe zu warten.
Die Scheune war zu ihrem Erstaunen verlassen. Die Boxen vonShiloh und Butterpie standen offen und waren leer. Offenbar waren Tanner und Sophie ausgeritten, was Olivia eigentlich mit Erleichterung zur Kenntnis hätte nehmen sollen, blieb ihr doch so eine längere Schonfrist, bis sie ihm gegenübertreten musste. Doch das war nicht das, was sie empfand. Aus irgendeinem Grund, den sie jetzt lieber nicht tiefer untersuchen wollte, so nervös wie sie war, hatte sie sich darauf gefreut, Tanner wiederzusehen.
Sie verließ die Scheune, suchte die Felder ab und entdeckte die beiden Reiter als kleine Silhouetten in weiter Ferne. Nach kurzem Zögern rief sie Ginger zu sich und ging zu ihrem Wagen. Dort angekommen, wollte sie ihre Hündin in den Suburban springen lassen, doch da fiel ihr auf, dass Ginger ihr gar nicht gefolgt war.
„Kommst du?“, rief sie der Hündin zu. Ihre Stimme zitterte leicht.
„Ich bleibe noch eine Weile hier“ , antwortete Ginger, ohne sich zu ihr umzudrehen. Sie schaute in die Richtung, in der Sophie und Tanner zu Pferd unterwegs waren.
Olivia hatte Mühe zu schlucken, da ihre Kehle wie zugeschnürt war. „Aber lauf ihnen nicht hinterher, okay? Warte auf der Veranda.“
Weder kam von Ginger eine Antwort noch drehte sie sich zu Olivia um. Aber wenigstens jagte sie auch nicht über das verschneite Feld, wie sie es zuletzt gemacht hatte. Wenn sie ihre Hündin nicht zwingen wollte, zu ihr in den Wagen zu steigen, konnte sie im Grunde nur allein losfahren.
Ihr nächster Halt war die Stone Creek Ranch. So wie zuvor bei der Starcross mied sie das Haus und ging zielstrebig zur Scheune. Mit etwas Glück konnte sie Brad aus dem Weg gehen und sie musste nicht mit ihm über ihre Sorgen reden, was Ashleys Suche nach ihrer Mutter betraf.
Doch das Glück war nicht auf ihrer Seite. Brad O’Ballivan, der weltbekannte, mit etlichen Grammys ausgezeichnete Country-Sänger, mistete den Stall aus, während ihm das Rentier wie ein treuer Hund auf Schritt und Tritt folgte. Als er Olivias Ankunftbemerkte, lehnte er sich an die Mistgabel und grinste sie schief an, doch in seinen Augen spiegelte sich Sorge.
„Wie ich sehe, fühlt sich Rodney hier wohl“, stellte sie fest. Ihre Stimme klang so belegt, dass Olivia das Gefühl hatte, die Worte müssten ihr im Hals stecken bleiben.
Brad versuchte ein erneutes Grinsen, das ihm aber nicht gelang. „Das werden traurige Weihnachten, wenn der Weihnachtsmann vorher hier vorbeikommt und den kleinen Kerl abholt“, gestand er ihr. „Er ist mir ans Herz gewachsen.“
Olivia brachte
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