Fest der Herzen: Geständnis unterm Weihnachtsbaum / Schicksalstage - Liebesnächte
ihrerseits ein Lächeln zustande, das jedoch nicht von langer Dauer war. „Warum die betrübte Miene, Cowboy?“
„Das wollte ich dich auch gerade fragen, nur ohne den ‚Cowboy‘-Zusatz.“
„Ashley glaubt, sie hat Mom ausfindig gemacht“, sagte sie ohne weitere Vorrede.
Brad nickte bedrückt und lehnte die Mistgabel gegen die Wand. Er hockte sich hin und streichelte Rodney eine Weile, ehe er ihn in seine Box führte und die Tür zumachte.
„Ich schätze, jetzt ist der Moment gekommen, um darüber zu reden“, sagte er. „Nimm dir einen Heuballen und setz dich.“
Olivia nahm Platz, es fühlte sich aber mehr an wie ein Versinken im Bodenlosen. Halme piksten sie durch den Jeansstoff hindurch in die Oberschenkel. Wie Big John immer gesagt hatte, war mit einem Mal die Wäschestärke aus ihren Knien gewichen. „Wo sind Meg und Mac?“, wollte sie wissen.
„Mac ist bei Grandma McKettrick, und Meg ist mit Sierra und einigen anderen zum Einkaufen gefahren.“
Sie nickte und legte die Hände verschränkt in den Schoß. „Brad, sprich mit mir. Sag mir, was du über Mom weißt, denn irgendetwas weißt du, das sehe ich dir an.“
„Sie lebt“, entgegnete er.
Mit einer Mischung aus Erstaunen und Wut sah sie ihn an. „Und du dachtest, diese kleine Nebensächlichkeit würde keinen von uns interessieren?“
„Sie ist eine Trinkerin, Livie“, erklärte Brad, der ihrem aufgebrachten Blick standhielt. Dabei sah er so elend aus, wie sie sich fühlte. „Ich habe versucht, ihr zu helfen, aber sie will sich nicht helfen lassen. Wenn sie anruft, schicke ich ihr immer noch einen Scheck, auch wenn ich weiß, ich sollte das nicht machen.“
Olivia hatte das Gefühl, dass sich die Scheune um sie herum drehte. Sie musste sich vorbeugen und den Kopf nach unten halten, während sie sich zwang, ruhig und gleichmäßig durchzuatmen.
Brad legte eine Hand auf ihre Schulter, aber sie schüttelte sie ab. „Lass das!“
„Liv, unsere Mutter ist niemand, den du gern näher kennenlernen möchtest“, redete er leise weiter. „Das hier würde nicht so ablaufen wie in einem von diesen kitschigen Filmen, in denen sich die Leute zusammensetzen, sich aussprechen und zu der Erkenntnis gelangen, dass alles nur ein großes, tragisches Missverständnis gewesen ist. Mom ist weggegangen, weil sie nicht verheiratet sein wollte – und weil sie erst recht nicht vier Kinder aufziehen wollte. Und es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich an dieser Einstellung etwas geändert hat … außer zum Schlechten.“
Langsam hob Olivia den Kopf. Die Scheune drehte sich nicht mehr um ihre eigene Achse, so wie es der Globus in Big Johns Arbeitszimmer gemacht hatte. Was war eigentlich aus diesem Globus geworden?
„Was für ein Mensch ist sie?“
„Das sagte ich ja schon, Liv. Sie ist eine Trinkerin.“
„Sie muss mehr sein als das. Der schlimmste Trinker ist immer noch mehr als nur ein Trinker …“
Brad seufzte und setzte sich ihr gegenüber hin. Der Ausdruck in seinen Augen versetzte Olivia einen Stich ins Herz. „Sie ist hübsch, auf die Weise, wie eine verblühte Rose immer noch hübsch ist. Sie ist viel zu dünn, weil sie kaum was isst. Ihre Haare sind immer noch blond, aber sie glänzen nicht mehr und hängen strähnig herab. Sie wirkt … verhärmt, Olivia.“
„Wie lange bist du schon in Kontakt mit ihr?“
„Ich bin überhaupt nicht in Kontakt mit ihr“, widersprach er leise, aber dennoch schroff. „Vor ein paar Jahren hat sie meinen Manager angerufen und ihm gesagt, sie sei meine Mutter. Phil hat mir davon erzählt, darauf habe ich mich mit ihr getroffen. Sie hat nicht nach Dad oder Big John gefragt, auch nach keinem von euch. Sie wollte nur …“ Er hielt inne und sah zur Seite, sein Kopf war leicht vornübergebeugt.
„Sie wollte abkassieren, weil sie die Mutter von Brad O’Ballivan ist?“, fragte Olivia.
„Ja, etwas in der Art“, bestätigte er und schaute ihr in die Augen, auch wenn ihn das große Mühe kostete. „Sie bedeutet Ärger, Liv. Und sie will auch nicht nach Stone Creek zurückkehren, nicht mal, wenn sie auf meine Kosten in Saus und Braus leben könnte. Sie will schlichtweg weder mit dieser Stadt noch mit einem von uns etwas zu tun haben.“
„Aber wieso?“
„Verdammt, Liv. Glaubst du vielleicht, ich weiß darauf eher eine Antwort als du? Mir ist klar, dass es für dich und die Zwillinge noch schwieriger gewesen ist. Mädchen brauchen nun mal eine Mutter. Aber es gab genügend Gelegenheiten, da
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