Festung der Luegen
Arbeit.
Dann blickte sie wieder auf. »Sie haben die Zusammenfassung gelesen, richtig?«
»Ich habe sie überflogen. Ehrlich gesagt enthielt sie nicht viel, was ich nicht schon aus meinen eigenen Nachforschungen gewusst hätte, aber sie war zutreffend, knapp und gut ausformuliert.«
»Das war noch ein Test, nicht wahr?«
»Richtig.«
»Ich mag keine versteckten Prüfungen, Lordgouverneur. Wenn Sie meine Kompetenz prüfen wollen, fragen Sie.«
Aaron betrachtete sie eine Minute. »Sie mögen mich nicht sonderlich, oder, Cisco?«
Sie sah ihn an. »Ist das eine Voraussetzung für den Posten?«
»Nein. Ich bestehe auf Kompetenz und Loyalität. Sympathie ist nicht notwendig.«
»Gut, denn die werden Sie kaum bekommen. Aber ich werde mir auch kein Urteil anmaßen. Ich bin eine professionelle Lügnerin. Meine Seele habe ich schon vor langer Zeit an den Agrarmaschinenteufel verschachert. Ich habe mein halbes Leben damit zugebracht, Leute davon zu überzeugen, eine Hypothek auf ihren Hof aufzunehmen, der sich seit hundert Jahren im
Familienbesitz befindet, um sich AgroMechs anzuschaffen, die sie in den Bankrott treiben werden. Ich lasse die Wahrheit wie eine Lüge klingen und Lügen wie die reine Wahrheit. Ich püriere jeden Morgen Schwarz und Weiß, bis nur noch Grau übrig ist.«
»Sie zeichnen kein sehr freundliches Bild von sich selbst.«
Sie zuckte die Achseln. »Ich werde dafür bezahlt, die Wahrheit zu verdrehen. Für mich gibt es so etwas wie Wahrheit nicht mehr.«
»Was bereitet Ihnen dann Probleme? Werden wir diese Welt für unsere Sache gewinnen oder nicht? Denn für mich sieht das nicht gut aus.« Er deutete aus dem Fenster, wo sich erneut ein geifernder Mob versammelt hatte.
Sie lächelte dünn. »Haben Sie erwartet, es würde ein Spaziergang werden, als Sie diese Sache begonnen haben? Wie ich bereits sagte, Sie hatten Glück, und Sie haben mich gerade rechtzeitig angeheuert. Es ist nur ...« Sie unterbrach ihre Tätigkeit. »Meine Umfragen und Untersuchungen zeigen: Wenn sich Poznan Ihrer Koalition anschließt, wird das eine ohnehin schon schlechte Situation noch verschlimmern. Falls Liao diese Welt nicht erobert, wird es erst in rund einem Jahr einen Aufstand geben, der zu einem offenen Bürgerkrieg eskaliert.«
»Ich brauche diese Welt nicht länger als ein Jahr. Falls wir die Liao-Sturmflut nicht in spätestens sechs Monaten eingedämmt haben, spielt das alles überhaupt keine Rolle mehr.«
»Ich weiß. Deswegen bin ich hier und mache meine Arbeit. Es ist nur ...« Sie legte den Compblock beiseite und starrte aus dem Fenster. »Was dann?«
»Dann, wenn alles vorbei ist, werde ich hierher zurückkehren und für Ordnung sorgen. Das verspreche ich.«
Plötzlich wälzte sich die Menge vor ihnen nach l ink s. Vor Panik trampelten die Menschen einander zu Tode. Hinter einem der Gebäude auf der rechten Straßenseite tauchte ein PolizeiMech auf. Die relativ kleine, schwarzweiß lackierte Maschine watete durch die Menge, und in einem Leuchtbalken über dem Cockpit blinkten rote und blaue Lichter. Für einen Mech war die Maschine winzig, aber für einen unbewaffneten Mob war sie trotzdem Furcht erregend. Die Demonstranten schwärmten auseinander wie eine Schule Fische, in die ein Hai eingebrochen war. Ein rotierender Feuermechanismus am rechten Arm des PolizeiMechs schwenkte abwärts und feuerte Gummigeschosse in die Menge. Selbst in der schallgedämpften Limousine waren die Schreie zu hören.
»Wird auch Zeit«, stellte er fest.
Ulysses Paxton blieb gelassen, als er die Limousine an den beiden Schwertschwur-Mechs auf Posten vorbei und die Rampe in den verkleinerten Fahrzeughangar der Tyrannos Rex lenkte. Im Rückspiegel beobachtete er, wie vier Mitglieder seiner kürzlich angeheuerten Schutztruppe den Schlag öffneten und den Duke in die relative Sicherheit des Schiffes eskortierten.
Seinem Blick entging nichts, jedenfalls nicht, wenn es die Sicherheit des Lordgouverneurs betraf oder die Leistung seines neuen Teams. Zu seiner Zufriedenheit bemerkte er keine Schwachstelle in ihrem Verhalten. In etwa sechs Monaten konnten sie so gut sein wie die Leute, die er auf New Canton verloren hatte.
Er sah, wie sich die innere Schleusenluke schloss. Jetzt erst gestattete er sich eine leichte Entspannung und beugte sich vor, bis seine Stirn auf dem Lenkrad lag. Sie waren vier Stunden durch die Stadt gefahren. Es schien ihm wie ein ganzes Leben, ohne einen einzigen Augenblick, in dem sie nicht von Gefahren
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